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27.03.25
13:08 Uhr
FDP

Anne Riecke zu TOP 11 u.a. "Kampf gegen Antisemitismus konsequent führen"

27.03.2025 | Bildung
Anne Riecke zu TOP 11 u.a. "Kampf gegen Antisemitismus konsequent führen" In ihrer Rede zu TOP 11+32+35 (Gemeinsame Beratung a) 80 Jahre Befreiung von Auschwitz: Holocaust-Wissen und -Bewusstsein stärken und Maßnahmen im Bildungsbereich ausbauen b) Kampf gegen Antisemitismus konsequent führen – Jüdisches Leben in Schleswig-Holstein schützen und fördern c) Für eine Schulkultur gegen Rechtsextremismus – Handlungsempfehlungen für Schulen) erklärt die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anne Riecke:
„Warum ist Erinnerung wichtig, warum ist sie gar unverzichtbar? Das erklärte der jüdische Autor, Philosoph, Holocaust-Überlebende und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel: “Ohne Erinnerung gibt es keine Kultur. Ohne Erinnerung gäbe es keine Zivilisation, keine Gesellschaft, keine Zukunft.“
Ob als Individuum oder Gesellschaft: Erinnern ist entscheidend für unsere Identität und schafft ein Gefühl der sozialen Zugehörigkeit. Doch das Erinnern und Gedenken verändert und entwickelt sich im Laufe der Zeit. Die Erinnerungskultur ist ein wichtiges Element unserer Gesellschaft, da sie unser Verständnis von Geschichte, Identität und Gemeinschaft prägt. In Anbetracht der gegenwärtigen Herausforderungen, insbesondere des anhaltenden Antisemitismus, wobei wir mittlerweile von einem ‚Post-Shoa-Antisemitismus‘ sprechen, wird die Dringlichkeit des Erinnerns und des Geschichtsbewusstseins deutlicher denn je.
Es ist nicht ausreichend, lediglich an die Gräueltaten der Vergangenheit zu erinnern; sie aufzuzeigen und diese vielleicht auch nur als ‚den Holocaust der Jüdinnen und Juden‘ zu sehen, als ein Phänomen oder ein Problem der Jüdinnen und Juden. Als einen abgeschlossenen historischen Prozess. Nein, das ist es nicht.
Wir müssen aktiv an der Reflexion über unsere Geschichte teilnehmen, um sicherzustellen, dass sich solche Vergehen nicht wiederholen. Sie muss nicht isoliert betrachtet werden, sondern als ein Teil einer lebendigen Diskussion über Menschenrechte, Toleranz und den Kampf gegen Vorurteile.
Durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit können wir die Mechanismen erkennen, die zu Diskriminierung und Gewalt führen, und somit effektiver gegen die aktuellen Bedrohungen vorgehen. Eine zentrale Verantwortung liegt in der Förderung von Bildung und Aufklärung. Und gerade in Deutschland haben wir eine besondere Verantwortung dem Thema gegenüber. Der Umgang mit Antisemitismus muss in Schulen und Bildungseinrichtungen verankert werden. Dies bedeutet, dass wir nicht nur die historischen Fakten des Holocausts präsentieren, sondern auch die emotionalen und sozialen Dimensionen dieser Geschehnisse thematisieren sollten. Ein starkes Geschichtsbewusstsein befähigt junge Menschen, Vorurteile abzubauen und ein respektvolles Miteinander zu fördern.
Und da reichen nicht nur die Überarbeitung der Fachanforderungen und Fortbildung des IQSH. Da müssen wir uns breiter und viel entschiedener aufstellen. Es muss verpflichtende Besuche von Gedenkstätten und Fachpersonal an Schulen geben. Ein Beispiel: In der gegenwärtigen Rap-Szene in Deutschland finden sich oft Narrative, die sowohl problematische als auch antisemitische Aspekte beinhalten. Rap dient als Ausdrucksform, die viele unserer Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene hören, mitsingen, verbreiten. Antisemitismus im deutschen Rap äußert sich oft durch diskriminierende Texte, Stereotype und Anspielungen, die gegen jüdische Menschen gerichtet sind. Einige Rapper verwenden antisemitische Klischees, um ihre Gegner zu diskreditieren. Dies kann sowohl in den Lyrics als auch im visuellen Auftreten der Künstler vorkommen. Diese Sachen sind bekannt, sie treten im Fernsehen auf und haben auch in sozialen Medien eine Rolle. Frei zugänglich und bekannte Namen. Das findet mitten in unserer Gesellschaft statt und wird scheinbar oder vielleicht nicht erkannt.
Es ist entscheidend, dass wir antisemitische Äußerungen konsequent benennen und anprangern, unabhängig von ihrer Quelle. Antisemitismus darf keine Toleranz finden, egal ob er von rechtsextremen Gruppen, islamistischen Netzwerken oder aus anderen gesellschaftlichen Strömungen kommt. Jeder Angriff auf die jüdische Gemeinschaft ist ein Angriff auf die Werte einer liberalen und pluralistischen Gesellschaft. Der Austausch mit verschiedenen Gemeinschaften, einschließlich islamischer Verbände, ist notwendig, um Vorurteile abzubauen und ein respektvolles Zusammenleben zu fördern. Alle gesellschaftlichen Akteure – von der Politik über Bildungseinrichtungen bis hin zu kulturellen Institutionen – müssen sich aktiv für den Schutz jüdischen Lebens einsetzen. Andere Bundesländer, gerade unsere Nachbarbundesländer, haben den Schutz des jüdischen Lebens in ihrer Landesverfassung verankert. Dieses Ansinnen sollte auch in Schleswig-Holstein weiter vorangetrieben werden.
Ebenfalls wichtige Maßnahmen umfassen die Stärkung der politischen Bildung in Schulen, die Förderung einer verpflichtenden Erinnerungskultur sowie ein entschiedenes Vorgehen gegen Terror-Sympathien an Bildungseinrichtungen. Besonders hervorheben möchte ich unsere Forderung und die Notwendigkeit, Antisemitismus an Hochschulen gezielt zu bekämpfen, unter anderem durch die Einführung von Antisemitismusbeauftragten. Diese Beauftragten sollen helfen, antisemitische Vorfälle zu identifizieren und aufzuklären, um sicherzustellen, dass Hochschulen keine Rückzugsorte für Antisemitismus darstellen. Insgesamt zeigt sich, dass Erinnerungskultur und Geschichtsbewusstsein entscheidend sind, um aus der Vergangenheit zu lernen und eine inklusive, respektvolle Gesellschaft zu formen.
Die Bekämpfung des Antisemitismus und jeglicher extremistischen Strömung in unserer Gesellschaft, nicht nur die von Rechtsaußen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von allen getragen werden sollte. Nur durch aktives Handeln und ein starkes Bekenntnis zu unseren gemeinsamen Werten können wir sicherstellen, dass die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden und jüdisches Leben in Sicherheit und Würde gedeihen kann.“  
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.



Anne Riecke Sprecherin für Bildung, Kultur, Landwirtschaft, Fischerei, Jagd, Verbraucherschutz, Religion, Minderheiten, Umwelt, Klimaschutz


Kontakt: Eva Grimminger, v.i.S.d.P. Pressesprecherin
Tel.: 0431 988 1488 fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de



FDP-Fraktion Schleswig-Holstein, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: www.fdp-fraktion-sh.de