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27.03.25
11:47 Uhr
SPD

Beate Raudies zu TOP 30: Dem öffentlichen Aufklärungsinteresse muss Rechnung getragen werden

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 27. März 2025
Beate Raudies Dem öffentlichen Aufklärungsinteresse muss Rechnung getragen werden TOP 30: Mündlicher Bericht zu den Auswirkungen der Northvolt-Insolvenz auf Schleswig-Holstein (Drs 20/3050)
"Ich danke dem Minister für seinen Bericht.
Northvolt ist ein echter „Game-Changer“. Dieser Begriff stammt nicht von mir, sondern vom ehemaligen Wirtschaftsminister Bernd Buchholz. Ziemlich genau drei Jahre ist das her. Eine solche Fabrik wäre für Schleswig-Holstein „wie Tesla für Brandenburg.“
Lieber Herr Kollege Buchholz: ich gestehe Ihnen gerne zu, dass Sie sich damals Ihrer Funktion etwas optimistischer geäußert haben, als Sie es heute tun. Und vermutlich waren wir auch alle zusammen zumindest etwas optimistischer, als wir es heute sind.
Ich nehme es gleich vorweg: Auch wir als SPD stehen nach wie vor geschlossen zu dem Vorhaben der Ansiedlung einer europäischen Batteriefabrik hier bei uns im Norden, wo die Energiewende Zuhause ist. Darum haben wir in der Vergangenheit auch die Entscheidungen immer mitgetragen.
Um die damalige Finanzministerin Heinold – mit Erlaubnis – ebenfalls zu zitieren: „Das ist das qualitative Wachstum, was wir in unserem Land brauchen". Damals war Frau Heinold allerdings auch so optimistisch, die Förderung aus den Überschüssen der Abwicklung der hsh pm begleichen zu können.
Ich möchte auch noch einmal ausdrücklich erwähnen, was seit März 2022 alles Positives passiert ist. Heide und das Umland haben geliefert. Die Flächen wurden bereitgestellt, Planungen vorangetrieben. Das Land hat gemeinsam mit dem Bund eine Förderstruktur aus einer Wandelanleihe, einer TCTF-Förderung und einer Großbürgschaft entwickelt. Das alles in relativ kurzer Zeit und in seltener Einigkeit. Dafür danken ich und meine Fraktion allen Beteiligten ausdrücklich.
Spätestens seit dem 21. November 2024, dem Tag, an dem Northvolt in den USA das Chapter- 11-Verfahren beantragt hat, wird unser aller Optimismus auf eine harte Probe gestellt. Schon im Laufe des letzten Sommers hatten sich die Hinweise verdichtet, dass das Unternehmen wirtschaftlich in Schieflage zu geraten droht.

1 Und vor knapp zwei Wochen dann die nächste Hiobsbotschaft mit dem Antrag auf Insolvenz in Schweden.
In einem haben wir nun ziemliche Gewissheit: Die 300 Mio. Euro, mit denen das Land für die Wandelanleihe gebürgt hat, sind erst einmal weg. Das „Stück Hoffnung“ des Ministerpräsidenten, dass wir zumindest einen Teil des Geldes wieder sehen, vermag ich noch nicht zu teilen. Die Finanzierung aus den Mitteln der hsh pm war im Übrigen auch ein „Satz mit X“.
Weder TCTF-Förderung noch die Großbürgschaft sind bisher zum Tragen gekommen. Wie es da weiter geht, steht in den Sternen. Und ob ein 45-minütiges Gespräch des Ministers in Schweden etwas bewirkt hat, sei dahingestellt. Noch rollen jedenfalls die Bagger.
Aber egal, ob es für Northvolt am Standort Heide weiter geht oder vielleicht ein anderer Investor einsteigt: Um eine Aufarbeitung des Verlustes von 300 Millionen Euro werden wir hier im Landtag nicht herumkommen.
Zur Aufklärung stehen uns als Abgeordneten eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung: Kleine und Große Anfragen, Berichtsanträge in Ausschuss oder Plenum, Akteneinsicht oder als letztes Mittel ein PUA.
Darum haben wir schon im Dezember die Vorlage der entsprechenden Akten der Landesregierung verlangt. Wir sind mitten in einem komplexen Verfahren, die Akten haben einen fünfstelligen Seitenumfang. Da verbieten sich für mich voreilige Schlüsse.
Trotzdem drängen sich für mich und meine Fraktion eine ganze Reihe von Fragen auf: - Wurden die Risiken in der Landesregierung wirklich verantwortungsvoll geprüft? Oder gab es Warnsignale, die übersehen oder gar ignoriert wurden? - Hat Northvolt alle Zahlen korrekt und vollständig geliefert? Oder hätte die Landesregierung nachhaken müssen? - Wurden aus dem Gutachten der Wirtschaftsprüfer die richtigen Schlüsse gezogen? - Und vor allem: Hatten wir als Landtag alle auch der Landesregierung bekannten Zahlen und Fakten auf dem Tisch? Oder wurden wesentliche Teile unter dem Deckel gehalten?
Ministerpräsident Günther ließ dazu im Dezember 2024 verlautbaren, dass sich „keine Anhaltspunkte ergeben [hätten], dass es zu einer Inanspruchnahme einer Bürgschaft kommen würde“. Vielmehr sei man zu einem „positiven Ergebnis gekommen“, was die Rückzahlung der verbürgten Wandelanleihe durch Northvolt betreffe.
Ich drücke es einmal vorsichtig so aus: Meine Zweifel an dieser Aussage konnten durch die Landesregierung und die gesichteten Akten bisher nicht entkräftet werden. Daran ändert auch die nun erfolgte Teilveröffentlichung von Protokollen und Akten nichts.



2 Im Gegenteil liegt nun auch öffentlich vor, dass die Landesregierung im Januar 2024 auf Fragen des Rechnungshofes nach den Risiken zumindest nicht klar und deutlich antworten konnte oder wollte. Im nun öffentlichen Teil der Kabinettsvorlage sind diese jedenfalls viel deutlicher benannt.
Dem Aufklärungsinteresse des Parlaments mag mit der Aktenvorlage Genüge getan sein. Für das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gilt das bisher nicht. Das letzte Wort ist in dieser Sache noch nicht gesprochen!
Die Menschen in der Region Heide und auch an anderen Orten im Land haben viel gegeben. Ihr Engagement darf nicht umsonst gewesen sein. Jetzt braucht es Klarheit und Lösungen für die Zukunft der Batteriezellfertigung. Wir schulden den Steuerzahler:innen in diesem Land und den vielen Engagierten in Dithmarschen aber auch, dass wir Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen."



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