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26.03.25
16:23 Uhr
SPD

Sophia Schiebe zu den TOP's 2+10+45: Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 26. März 2025
Sophia Schiebe Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen TOP 2+10+45: Gemeinsame Beratung a) Entwurf eines Gesetzes zum besseren Schutz von Opfern häuslicher Gewalt und bei Nachstellungen durch den Einsatz der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und weitere Änderungen des Landesverwal-tungsgesetzes b) Besserer Schutz für Frauen durch das Gewalthilfegesetz c) Bericht über die Umsetzung der Ausweitung des Hochrisikomanage-ments in Schleswig-Holstein (Drs 20/2746, BBE 20/3027, ÄndA 20/3093, 20/2965, 20/1869, 20/3010)
"Wir sprechen heute über Maßnahmen, die Menschen schützen und helfen sollen, die das erleben mussten, was niemand erleben darf – Gewalt.
Gewalt in Partnerschaften, Gewalt in Familien, Gewalt an Frauen, Gewalt an Kindern. Gewalt, die mitten unter uns geschieht, oft im Verborgenen. Und doch sehen wir täglich die Spuren, die sie hinterlässt.
Schutzweste an, weiter geht es in den Streifenwagen. Zwei kompetente Polizist*innen und ich als Praktikantin treten die Nachtschicht im 2. Polizeirevier in Lübeck an. Es ist der 2.2.2024. Seit zwei Tagen gilt das Hochriskomanagement. Dieses hat das Ziel, schwerwiegende Eskalationen, insbesondere lebensbedrohliche Gewalt oder Tötungsdelikte, zu verhindern. Es konzentriert sich auf Fälle mit hohem Gefährdungspotenzial und setzt auf eine enge Zusammenarbeit verschiedener Akteure wie Polizei, Justiz, Opferschutzorganisationen und soziale Dienste. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es zwei Fälle, die als Hochrisikofall dort eingestuft worden sind. Allein das zeigt, dass es richtig war, dass Hochrisikomanagement eingeführt worden ist. Ich durfte dabei sein, wie sensibel und vertrauensvoll die Polizist*innen mit dem Opfer eines der Fälle sprachen. Sie wiesen auf Hilfsangebote der Frauenfachberatungsstellen und der Frauenhäuser hin.
An dieser Stelle möchte ich mich bei unseren Polizist*innen bedanken, die tagtäglich genau diese umsichtige und vertrauensvolle Arbeit leisten. Gemeinsam mit den Polizist*innen bin ich auch den Fragebogen zum Hochrisikomanagement durchgegangen. Sie gaben mir mit, dass es nochmal eine Anpassung des Fragebogens bedarf. Praxisnäher und an aktuellen Wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Das unterstreicht auch der Bericht zum Hochrisikomanagement.



1 Mit dem Gewalthilfegesetz ist ein wichtiger, längst überfälliger Schritt – auch für uns hier in Schleswig-Holstein getan worden. Das Gesetz regelt bundesweit einheitlich, dass gewaltbetroffene Menschen einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe haben. Es sorgt dafür, dass die Finanzierung von Frauenhäusern, Schutzwohnungen und Fachberatungsstellen verbindlich gesichert wird – in der Stadt, auf dem Land, in allen Regionen. Und es verpflichtet uns als Bundesländer, klare Konzepte zu entwickeln, um diese Hilfestrukturen für alle zugänglich zu machen.
Denn auch hier bei uns sind die Plätze in Frauenhäusern knapp, die Wege zur nächsten Beratungsstelle oft viel zu weit, die Finanzierung vieler Einrichtungen unsicher. Dieses Gesetz gibt endlich die Richtung vor: Gewaltbetroffene haben ein Recht auf Schutz. Punkt.
Leider werden nicht alle Betroffenen mitgedacht zumindest nicht von allen, die am Gesetz mitgearbeitet haben. Mit dem Kompromiss, der am Ende in ein Gesetzestext gegossen wurde, bekommen nicht alle, die Schutz brauchen diesen Anspruch zugesprochen. Denn trotz unserer vielfachen Aufforderung, dieses Gesetz für alle gelten zu lassen, wurden Transfrauen aus diesem Gesetz faktisch ausgeschlossen.
Wir wissen, dass Transfrauen zu den am stärksten von Gewalt betroffenen Gruppen gehören. Sie erleben Übergriffe in der Öffentlichkeit, im eigenen Wohnumfeld. Sie erfahren sexualisierte Gewalt, körperliche Angriffe, psychische Demütigungen – einfach nur, weil sie existieren. Und doch hat die CDU mit aller Macht verhindert, dass auch Transfrauen explizit unter den Schutz dieses Gesetzes fallen.
Diese Entscheidung ist nicht nur eine politische Weichenstellung – sie ist ein Statement. Ein Statement, das sagt: Euer Leid zählt weniger. Euer Schmerz ist uns nicht wichtig genug. Ihr gehört nicht dazu.
Diese Ausgrenzung widerspricht dem eigentlichen Geist des Gewalthilfegesetzes. Denn wenn wir von Schutz reden, wenn wir von Hilfe sprechen, dann dürfen wir nicht nur die Mehrheitsgesellschaft meinen. Dann müssen wir auch diejenigen schützen, die am verletzlichsten sind. Dann müssen wir auch diejenigen sehen, die bisher viel zu oft unsichtbar geblieben sind.
Wir hören jeden Tag von Fällen, in denen Frauen und Kinder Opfer von Gewalt werden. Gewalt, die nicht nur körperliche Wunden hinterlässt, sondern auch seelische Narben, die ein Leben lang bleiben. Geschlechtsspezifische Gewalt ist eine Realität, der wir uns stellen müssen. Wir können nicht länger zulassen, dass Täter ohne Konsequenzen weiterleben, während ihre Opfer in Angst verharren oder in ein Frauenhaus flüchten müssen.
Mit der Einführung der elektronischen Fußfessel wird ein Instrument geschaffen, das uns dabei hilft, Täter konsequent zu überwachen und potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen. Sie ist kein Mittel der Schikane, sondern ein Signal an alle Betroffenen:

2 Wir lassen euch nicht allein.
Frauen, die Gewalt erleben mussten, verdienen Schutz. Sie müssen wissen, dass die Täter nicht mehr unbemerkt in ihrer Nähe auftauchen können.
Die Fußfessel ist ein entscheidender Schritt, um Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen. Um dies zu gewährleisten hätte es aber nicht geschadet, der Einführung noch etwas Zeit einzuräumen und eine deutlichere Rechtssicherheit zu schaffen. Zumindest in der Anhörung wurden Zweifel angemerkt, die bis heute noch nicht ganz geklärt zu sein scheinen. Wir hoffen, dass der Entwurf von schwarz-grün standhält, andernfalls sollte man schnellstmöglich Anpassungen vornehmen. Die Einführung der Fußfessel nutzt den Opfern nicht, wenn sie einem Gesetz verankert ist und dann vor Ort doch nicht als Maßnahme eingesetzt werden kann.
In 2/3 der Fälle von häuslicher Gewalt 2024 waren Kinder involviert. Diese hohe Zahl zeigt uns, warum die Einführung einer spezialisierten 201a-Beratung für Kinder, die häusliche Gewalt erleben, ein essenzieller Schritt ist. Diese Kinder erleben Angst, sind traumatisiert, oft unfähig, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Sie brauchen Anlaufstellen, an denen sie ernst genommen werden, an denen sie lernen, dass Gewalt nicht normal ist, dass sie Rechte haben und dass es Hilfe gibt. Diese Hilfe muss nicht nur zeitnah, sondern auch wohnortnah erfolgen und daher erwarte ich nachfolgend von der Landesregierung für ein flächendeckendes Beratungsangebot zu sorgen.
Wir wollen heute zeigen, dass es nicht um Kontrolle oder staatliche Willkür geht. Es geht um Schutz, Würde und Gerechtigkeit. Es geht darum, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Frauen und Kinder sicherer leben können, in der Täter Konsequenzen erfahren und in der jede und jeder Einzelne Verantwortung übernimmt.
Vielen Dank."



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