Marc Timmer zu TOP 9: PV Freiflächen und Umweltschutz: Den Gemeinden landesseitig den Rücken stärken
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
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LANDTAGSREDE – 26. März 2025
Marc Timmer PV Freiflächen und Umweltschutz: Den Gemeinden landesseitig den Rücken stärken TOP 9: Freiflächen-Solar und Agri-Solaranlagen umweltfreundlich gestalten (Drs 20/2962)
"Eine Forderung im Antrag lautet, beim Bau von PV Freiflächenanlagen Raum für Wildwanderrouten zu belassen. Dies entspricht auch unserer Vorstellung. Auch wir wollen, dass Wildtiere ein möglichst offenes Habitat haben und ihre Wildwanderrouten beim Bau großer Anlagen entsprechend berücksichtigt werden.
Zwei Punkte möchte ich jedoch klarstellen. Erstens denke ich, dass PV Freiflächenanlagen insbesondere entlang von Autobahnen einen schützenden Charakter für Wildtiere haben können. Zweitens gab es genetische Verarmung des Rotwildes bereits vor PV Freiflächenanlagen. Sie ist im Wesentlichen auf den allgemeinen Rückgang der Natur, auf die Bebauung und Zerschneidung der Landschaft zurückzuführen.
Der Aspekt der Wildquerungskorridore ist bereits im PV Erlass der Landesregierung ausformuliert. Hier heißt es (Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin):
„Bei großflächigen Anlagen sind Querungskorridore (…) für Großsäuger zwischen den Anlagenteilen zu berücksichtigen. Etwa alle 1.000 Meter oder bei bekannten überregionalen Wildquerungskorridoren und Verbundachsen sind entsprechende Bereiche von Solar-Modulen und sonstigen Anlagenteilen freizuhalten.“
Allerdings stellt sich die Frage, ob der PV Erlass ausreichend ist oder ob es landesrechtlicher oder bundesgesetzlicher Regelung – wie im Antrag gefordert – bedarf.
Die Gemeinde ist grundsätzlich „Herrin des Verfahrens“ zur Errichtung einer PV Freiflächenanlage. Entweder bewertet sie unterschiedliche Interessen im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens oder entgegenstehende öffentliche Belange - bei entsprechender Privilegierung entlang von Autobahnen oder Schienen - im Rahmen des Bauantragsverfahrens. In beiden Verfahren können Gemeinden dem Grundsatz nach den Vorhabenträgern Korridore für Wildrouten aufgeben. Wichtig ist natürlich, dass sie hierüber ausreichend informiert sind. Hierfür muss auch die Landesregierung sorgen.
1 Hieran schließt sich eine zweite Frage: Ist der gemeindliche Abwägungsprozess durch das bundesgesetzlich (§ 2 EEG) normierte überragende öffentliche Interesse der erneuerbaren Energien zugunsten der PV Anlagen und zulasten eines Querungskorridors für Wildtiere gewissermaßen vorbestimmt, so dass es einer bundesgesetzlichen Regelung bedarf?
Ich denke, nein. Denn bei Korridoren oder anderen Querungsmöglichkeiten für Wildtiere handelt es sich nicht um das Ob einer Freiflächenanlage, sondern um deren konkrete Ausgestaltung. Auch der Abstand der Modulreihen oder anderer die Wirtschaftlichkeit schmälernde Bedingungen können in Baugenehmigung oder B-Plänen vorgegeben werden.
In diesem Sinn lese ich auch den Antrag, wenn er die Regelungskompetenz bei der Berücksichtigung von Wildwanderrouten dem Land und gerade nicht dem Bund zuschreibt. Offen lässt der Antrag, ob es landesseitig über den PV Erlass oder beispielsweise einer Änderung des Landesnaturschutzgesetzes geregelt werden soll. Auch hier sehe ich Gesprächsbedarf.
In jedem Fall können der Austausch von Best-Practice-Beispielen unter Gemeinden ihnen den Rücken stärken, auch in den Verhandlungen mit Vorhabenträgern. Ich dachte, dass dies bereits geschieht. Falls nicht, dann sollte das Parlament der Landesregierung tatsächlich auf die Sprünge helfen. Da stimme ich den Antragstellern zu.
Die zweite Forderung im Antrag bezieht sich auf sogenannte biodiversitätsfördernde Photovoltaik-Anlagen. Sie sollen als eigener Fördertatbestand ins EEG aufgenommen werden. Dies stand bereits bei der Aufnahme von Agri PV und Moor PV ins EEG2023 zur Debatte. Damals hat sich der Bundestag dagegen entschieden.
Stattdessen wurden „naturschutzfachliche Mindestkriterien“ für die Vergütungsfähigkeit von Solarparks in den §§ 37 Absatz 1a, 48 Absatz 6 des EEG eingeführt.
Gemäß 48 Absatz 6 EEG müssen drei von fünf Kriterien erfüllt sein. Hier ist die Rede von biodiversitätsförderndem Pflegekonzept, einer maximalen Bebauung der Grundfläche mit Modulen von 60% oder einem bodenschonenden Betrieb. Auch der PV Erlass erhält zahlreiche Regelungen und gibt der Gemeinde bereits jetzt die Möglichkeit, biodiversitätsfördernde Maßnahmen einzubringen.
Falls eine bundesgesetzliche Regelung hier und heute gefordert wird, gebe ich Ihnen einen bürokratiearmen Vorschlag mit, statt gleich einen neuen Fördertatbestand zu biodiversitätsfördernden Solaranlagen zu verlangen: § 48 Absatz 6 EEG wird insofern geändert, dass der Vorhabenträger anstatt drei von fünf Kriterien zukünftig vier von fünf oder alle erfüllen muss. Dann hätte man Biodiversität und Wildquerung in jedem Fall als Fördervoraussetzungen im EEG verortet. Hierbei ist allerdings auf den wirtschaftlichen Betrieb der PV Anlage zu achten.
2 Auch dies würden wir gerne im Ausschuss vertiefen. Dafür bleibt auch noch Zeit. Denn die neue Bundesregierung hat in den ersten Wochen sicher anderes zu tun, als diesen Antrag zu verarbeiten. Und: der Wildwegeplan für Schleswig-Holstein ist ohnehin noch nicht fertig.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit. "
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