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26.03.25
12:28 Uhr
B 90/Grüne

Dirk Kock-Rohwer zu den Eckpunkten für die Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik

Presseinformation 26.03.2023
Nr. 087.25
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 23 – Eckpunkte für eine Neuausrichtung der GAP nach 2027
Dazu sagt der agrarpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Dirk Kock-Rohwer:
Bäuer*innen müssen von ihrer Arbeit anständig leben können Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleg*innen,
das Jahr 2028 erscheint noch weit, doch die Diskussion, wie es mit der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU in der neuen Förderperiode weitergeht, läuft bereits auf Hochtouren. Warum braucht es dazu einen Aufschlag aus Schleswig- Holstein: Weil hier im Land schon seit Jahren im Auftrag der zuständigen Ministerien und auch der freien Wirtschaft verschiedene Modelle erarbeitet und immer weiterentwickelt wurden.
Das erste Ziel der GAP ist eine Einkommensstützung der Bäuer*innen bei Erhalt niedriger Lebensmittelpreise. Dann kamen immer mehr und andere Auflagen dazu, die sich um jeweils anfallende Probleme drehten, beispielsweise die Marktentlastung oder neuerdings die Klima-, Umwelt- und Tierwohlproblematik.
Ein kurzer Exkurs in meine eigene landwirtschaftliche Praxis sei mir erlaubt: Ich betrachte Landwirtschaft immer ein bisschen wie ein Monopoly-Spiel. Man hofft, nicht zu viele unangenehme Ereigniskarten im Laufe des Jahres zu bekommen und die Wirtschaftsrunde mit Erfolg zu entwickeln, aber immer mit der Sicherheit, dass man am Ende des Jahres über Los geht und die EU-Fördergelder erhält, ohne die es finanziell sonst sehr eng wird.
Wollen wir diese Art der Unterstützung beibehalten, brauchen wir eine neue Rechtfertigung in der Gesellschaft. Es hat sich gezeigt, dass der Vorschlag, der schon vor ein paar Jahren aus Schleswig-Holstein vorgebracht wurde, die Agrarförderung klar an Gemeinwohlleistungen auszurichten und diese durch ein bürokratiearmes Punktesystem zu honorieren, statt immer mehr und immer kompliziertere Auflagen an die Prämien zu knüpfen, auch jenseits unserer Landesgrenzen starken Anklang findet.
Es hat dazu Modellvorhaben gegeben, die Idee ist also auf Praxistauglichkeit geprüft und die teilnehmenden Landwirt*innen haben das sehr positiv aufgenommen. Es ist bereits in der Praxis weiterentwickelt worden. Und auch die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) weisen in diese Richtung. Wir haben in der letzten Plenarsitzung auch den Beschluss gefasst, dass wir uns für die Umsetzung dieser Vorschläge einsetzen.
Und die ZKL empfiehlt, die bestehenden Ansätze der Vergütung von gesellschaftlichen Leistungen konsequent weiter auszubauen. Dies könnte auch in regionalen Agrar-Umwelt-Kooperationen geschehen. Anschauen kann man sich das auch in den Niederlanden, wo das gut funktioniert und sowohl die Landwirtschaft als auch die Naturschutzseite zufrieden ist.
Ich bin überzeugt, es braucht mehr Kooperationen, weniger Gegeneinander und mehr Eigenverantwortung. Voraussetzung dafür ist aber, dass die zukünftige GAP einen deutlichen Mehrwert erbringt, denn sonst wird angesichts der gewaltigen Herausforderungen, vor denen die EU auch in finanzieller Hinsicht steht, das Budget nicht zu halten sein.
Und die GAP muss auch einen Beitrag zur Umsetzung der EU-Gesetzgebung in anderen Bereichen leisten, insbesondere möchte ich den Klimaschutz und Schutz der Biodiversität hervorheben. Aber ich könnte da auch farm-to-fork-Strategie nennen oder die Wasserrahmenrichtlinie oder das Tierwohl, es sollte Hand in Hand gehen, sich gegenseitig befördern.
Denn es kann nicht sein, dass an einer Stelle öffentliches Geld in die Hand genommen wird, wenn an anderer Stelle dadurch die Zielerreichung in Frage gestellt wird. Dies verbirgt sich hinter dem Punkt Kohärenz zur EU-Gesetzgebung, falls der eine oder die andere schon gerätselt haben sollte.
Über diese inhaltlichen Ziele hinaus muss sichergestellt werden, dass die kommende Reform der GAP zwingend zu einer deutlichen Entbürokratisierung für die landwirtschaftlichen Betriebe und die Verwaltung führt. Denn wenn wir Gemeinwohlziele nicht in den Mittelpunkt stellen, verlieren wir die Akzeptanz der Gesellschaft, und wenn wir die Bürokratie nicht in den Griff kriegen, verlieren wir die Akzeptanz der Bäuer*innen, die sich wieder mehr dem Boden, den Pflanzen und den Tieren widmen möchten und weniger dem Papierkram.
Ein neuer Betriebszweig kann so entstehen. Bäuer*innen haben es selbst in der Hand, durch besondere Leistungen, die zum Beispiel die Ziele des Green Deals verfolgen, ein Einkommen zu erwirtschaften, egal ob es nun Gemeinwohlleistung oder erfolgsorientierte Agrarprämie heißt.
Und zwei Punkte möchte ich noch nennen, die außerdem zu einer zukunftsfähigen GAP unbedingt dazugehören: 1. Hofnachfolge und Existenzgründung erleichtern, um wieder mehr junge Menschen auf die Betreibe zu kriegen oder sie dort zu halten.
2. Landwirtschaftliche Erzeuger*innen in den Lieferketten stärken, damit sie faire Preise für ihre Produkte erzielen können.
Das ist es, was die Bäuer*innen wollen, sie wollen ihre Höfe auch in Zukunft erhalten und sie möchten von ihrer Arbeit anständig leben können. Das muss eine zukunftsfähige Agrarpolitik ihnen auch ermöglichen.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
***
Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Claudia Jacob | Pressesprecherin presse@gruene.ltsh.de Tel. 0431 / 988 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 sh-gruene-fraktion.de