Birte Pauls zu TOP 38: Hinter jeder Petition stecken Menschen
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 31. Januar 2025Birte Pauls Hinter jeder Petition stecken Menschen TOP 38: Bericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein bei der Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages (Drs. 20/2211, 20/2777)"Am 22. September 1988 richtete der damalige Ministerpräsident Björn Engholm, SPD, das Amt des Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten und Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung bei der Staatskanzlei ein.1994 wurde die Stelle aufgeteilt und das Amt eines Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung geschaffen. Die Funktion des Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten wechselte zum Schleswig-Holsteinischen Landtag. Der Landtag hat die Bürgerbeauftragte per Gesetz dazu verpflichtet, dem Landtag jährlich zu berichten.In diesem 35jährigen Bestehen des Amtes gingen bis zum 31. Dezember 2023 insgesamt 101.217 Petitionen bei der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten ein. Im Durchschnitt zwar das knapp 3000 Petitionen jährlich, allerdings immer mit steigenden Zahlen.Hinter jeder Petition steckt ein Mensch oder ganze Familien, die nicht weiterwissen und sich teilweise von Behörden im Land nicht richtig behandelt oder gehört fühlen. Und das kann fatale Auswirkungen haben.Wenn z.B. existenzsichernde Anträge nicht zeitnah behandelt werden, kann es Auswirkungen auf die Mietsituationen, auf Strom und die Wärmeversorgung haben. Wohnungslosigkeit kann drohen.Aus Unwissenheit gerät man in eine Kostenspirale, weil jemand unbedingt den Heimplatz für seine Mutter sichern musste, während die Eigenanteile eh schon exorbitant hoch sind. Ein Kind mit einer Autismus-Spektrum-Störung ist ein Jahr lang nicht beschult worden, weil Schul- und Jugendamt sich über ein Jahr lang nicht über die Zuständigkeiten für eine Webbeschulung einigen konnten.Bei einer Familie laufen hohe Kosten auf, weil gesetzliche und private Krankenversicherungen rückwirkende Nachforderungen stellen. 1 Oder es gibt keinen Krankenversicherungsschutz zwischen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses und der Anerkennung des Arbeitslosengeldes.Die Familienkasse stellt eine Rückforderung, die zu einer wirtschaftlichen Existenzbedrohung für eine Familie führte.Wir haben eine Kita-Datenbank, die eben nicht die Bedarfe der Eltern voll umfasst. In diesen Fallbeispielen, die wir dem Bericht 2023 entnehmen, zeigt sich, dass Behörden trotz großer persönlicher Anstrengung der Mitarbeitenden bedauerlicherweise nicht immer zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger agieren.Denn in allen Fällen, die wir lesen konnten, kam es durch Intervention der Bürgerbeauftragten und ihrem Team schlussendlich doch zu einer Lösung zum Wohle der Petentinnen und Petenten. Das soll kein Behördenbasching sein.Aber wir haben ein Problem. Und zwar ein Fachkräfteproblem. Auch in den Behörden fehlt es zunehmend an Personal. Dadurch verlängern sich viele Vorgänge. Hinzu kommt, dass Mitarbeitende mit überdurchschnittlich vielen Verordnungen und Bürokratie zu tun haben. Anstatt den Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen entgegen zu bringen, sind sie quasi gezwungen, ihnen mit Misstrauen zu begegnen.Eine überbordende Kontrolle belastet nicht nur die Mitarbeitenden, sondern verstört auch die Betroffenen. Deshalb ist der Vorschlag der Bürgerbeauftragten gut und richtig, die Bagatellgrenzen analog zum SGBII auch im SGB XII zu erhöhen.Ein anderer Vorschlag von ihr ist, die Widerspruchseinlegung endlich auch per E-Mail zu ermöglichen. Denn auch in vielen Behörden sind die Faxgeräte noch heimisch. Willkommen im Jahre 2025.Wir müssen aufpassen. Die Sozialpolitik ist der Kit unserer Gesellschaft. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich auf unseren Sozialstaat verlassen können, wenn sie Unterstützung benötigen.Es entsteht eine Entfremdung zwischen staatlichen Institutionen und Bürgerinnen und Bürger, wenn sie sich nicht gehört oder gesehen fühlen.Und das ist besonders in diesen politischen Zeiten brandgefährlich. Wir brauchen eine andere Kultur im Umgang miteinander, eine Kultur des Vertrauens. Ich begrüße es außerordentlich, dass Frau El Samadoni gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden Vorschläge erarbeitet, wie die Arbeit der Sozialämter entbürokratisiert werden kann. 2 Auf diese Vorschläge sind wir sehr gespannt. Sind sie doch, genauso wie die anderen Vorschläge, die uns unterbreitet werden, immer sehr hilfreich für unsere politische Arbeit und vor allem haben sie immer den Menschen im Blick.Lassen Sie uns unser eigenes Gesetz zur Berichterstattung ernst nehmen und uns zeitnah mit den jährlichen Berichten auch hier im Plenum beschäftigten. Denn dieser Bericht ist immer auch ein Seismograph, der uns die soziale Lage und die Probleme im Land spiegelt. Und das sollte uns sehr interessieren.Ich danke unsere Bürgerbeauftragten Frau Samiah El Samadoni und ihrem gesamten Team für die wirklich gute Arbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. Ihre Arbeitsbelastung war und ist hoch, denn auch Sie waren und sind vor dem Fachkräftemangel nicht verschont.Ich schließe mit einem Satz, den ich immer an dieser Stelle sage. Es ist sehr gut, dass wir Sie haben, aber eigentlich ist es nicht so gut, dass wir sie überhaupt brauchen." 3