Europakonferenz der Landtage verabschiedet Europa-Erklärung
Nr. 4 / 20. Januar 2025Europakonferenz der Landtage verabschiedet Europa-ErklärungBei der Europakonferenz der Landtage (E-LPK) haben sich die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtages unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens am Montag (20.01.) in Brüssel ausgetauscht.Im Mittelpunkt der Tagung stand vor allem die Beratung der gemeinsamen Europa-Erklärung, die im Zuge der Konferenz verabschiedet wurde.Angesichts zunehmender Bedrohungen der Europäischen Union, von innen wie von außen, hebt die Erklärung die Bedeutung der regionalen Parlamente für das Friedensprojekt Europäische Union hervor.In der Erklärung werden konkrete Anliegen formuliert, um die Rolle der Regionalparlamente in der Europäischen Union zu stärken, etwa die Ausstattung mit finanziellen Mitteln für eine starke Kohäsionspolitik unter Einbeziehung aller Regionen über das Jahr 2027 hinaus, die Schaffung eigener Initiativrechte (sog. „Grüne Karte“), die Erweiterung des Prüfzeitraums für Frühwarndokumente sowie die Stärkung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) über eine Beteiligung an den Trilogen der EU-Institutionen im europäischen Gesetzgebungsverfahren.Zudem spricht sich die Erklärung für eine Stärkung der parlamentarischen Dimension in der europäischen Mehrebenendemokratie aus, insbesondere durch die Schaffung einer „Europäischen Woche der Parlamente“ und die Reduktion delegierter Rechtsakte. Insgesamt sollen europäische Regelungen weder überbordend in der Anzahl noch in der Umsetzung sein.Die Europa-Erklärung finden Sie anliegend. Brüsseler Erklärung „Stärkung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis in der Europäischen Union“Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtags unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens anlässlich der Europa-Konferenz am 20. Januar 2025 in Brüssel Präambel1. Vor 75 Jahren erfolgte mit der Erklärung des französischen Außenministers Robert Schuman der erste Schritt hin zu einem geeinten Europa. Auf der Basis gemeinsamer Werte verbindet die Europäische Union ihre Mitgliedstaaten bis heute als Friedensprojekt. Mehr denn je muss es derzeit gegen Angriffe von innen wie von außen geschützt werden. Die Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis leisten aufgrund ihrer Zuständigkeiten und vermittelnden Rolle zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der europäischen Ebene bereits jetzt einen wichtigen Beitrag für eine stabile, demokratische und wertebasierte Europäische Union und werden dies auch künftig tun.2. Die Präsidentinnen und Präsidenten wirken mit ihren Europa-Konferenzen hierbei mit. Sie unterstreichen mit der Fortführung ihrer jährlichen Europa-Konferenzen in Brüssel ihren Willen zu einem regelmäßigen und direkten Austausch mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der Europäischen Union.3. Anlässlich der neuen Wahlperiode des Europäischen Parlaments und des Amtsantritts der neuen Kommission regen die Präsidentinnen und Präsidenten daher die folgenden Impulse an: Aktuelle Anliegen4. Die Präsidentinnen und Präsidenten sehen mit Sorge die zunehmenden Bedrohungen, denen die Europäische Union ausgesetzt ist. Eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre muss es daher sein, unsere Demokratie, unsere Werte und unsere freie europäische Lebensweise zu schützen.5. Sie sehen vor dem Hintergrund künftiger EU-Erweiterungen und wie schon im Nachgang zur Konferenz zur Zukunft Europas betont die Notwendigkeit einer ergebnisoffenen Diskussion über institutionelle Reformen, um den Rückhalt der Bevölkerung auch in Zukunft zu sichern. Zur Sicherung des Zusammenhalts in Europa sind die notwendigen finanziellen Mittel für eine starke Kohäsionspolitik bereitzustellen, die auch nach 2027 alle Regionen einbezieht und ihren dezentralen Ansatz behält. 1 6. Für die Mandatsperiode der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments infolge der Wahlen 2024 ist insbesondere die Zusammenarbeit mit den Regionen, Städten und Gemeinden als unverzichtbaren Akteuren eines „Europas mit den Regionen“ zu stärken und dabei die direkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter zu fördern. Subsidiarität und aktive Partizipationsmöglichkeiten7. Die Präsidentinnen und Präsidenten unterstreichen, dass die Subsidiaritätskontrolle ein Ausgangspunkt für den politischen Dialog zwischen den regionalen Parlamenten und der Kommission ist, durch den gemeinsam wirksame Handlungsspielräume zur Lösung aktueller Herausforderungen geschaffen werden. Gleichzeitig weisen die Präsidentinnen und Präsidenten darauf hin, dass die vertikale Gewaltenteilung als Teil der nationalen Identität der Mitgliedstaaten mit föderalen Verfassungsordnungen unverzichtbarer Bestandteil der demokratischen Infrastruktur und Ausdruck regionaler Selbstbestimmung ist.8. 15 Jahre nach Einführung der Subsidiaritätskontrolle im Lissabon-Vertrag stellen die Präsidentinnen und Präsidenten fest, dass regionale Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis bei der Rechtsetzung auf europäischer Ebene nicht zufriedenstellend eingebunden sind. Sie fordern eine Erweiterung des Prüfzeitraums für Frühwarndokumente von acht auf zwölf Wochen sowie eine deutlich aufgewertete Berücksichtigung der Stellungnahmen der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis, zumal sie repräsentativ ihre lokale Expertise, Beurteilungen und Einschätzungen „aus erster Hand“ in Bezug auf die aktuellen Themenlagen für ihre Bewohnerinnen und Bewohner einbringen.9. Darüber hinaus sprechen sich die Präsidentinnen und Präsidenten für eine Erweiterung der Partizipationsmöglichkeiten der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis aus, mit der ihnen eigene Initiativrechte zugestanden werden (sogenannte „Grüne Karte“). Sie verweisen ausdrücklich auf den 40. Vorschlag des Berichts der Konferenz zur Zukunft Europas.10. Die Präsidentinnen und Präsidenten unterstützen ebenfalls die Vorschläge der Konferenz zur Zukunft Europas, durch die der Ausschuss der Regionen (AdR) gestärkt werden soll. Sie regen an, den AdR an den Trilogen der EU-Institutionen im Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen, sofern diese Auswirkungen auf die regionale und kommunale Ebene haben. Darüber hinaus ist die Erhöhung des Anteils der Parlamentarierinnen und Parlamentarier im AdR erstrebenswert. Enge Zusammenarbeit in der Mehrebenendemokratie11. Sie begrüßen die Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem AdR vom 20. März 2024 als einen wichtigen Schritt zu einer besseren Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen von politischen Maßnahmen und Rechtsakten der Europäischen Union in der Lebensrealität der Unionsbürgerinnen und -bürger. 2 12. Die Regionen verfügen über viel Expertise, insbesondere in der Anwendung und im Vollzug des EU-Rechts. Durch ihre Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern sowie zu Unternehmen vor Ort haben sie konkrete Erfahrungen damit, ob EU-Recht in der Praxis gut funktioniert. Die Präsidentinnen und Präsidenten wünschen sich vor diesem Hintergrund und im Einklang mit den Bürokratieabbauzielen, wie sie in den politischen Leitlinien der Europäischen Kommission 2024 bis 2029 formuliert sind, eine intensivere Nutzung dieser Kenntnisse durch die EU-Institutionen. Europäische Regelungen sollen weder überbordend in der Anzahl noch in der Umsetzung sein. Sie verweisen zudem darauf, dass delegierte Rechtsakte auf ein Mindestmaß zu reduzieren sind, da sie die parlamentarische Legitimation von Gesetzgebung schmälern.13. Um die parlamentarische Dimension der Zusammenarbeit in der Mehrebenendemokratie zu stärken, regen die Präsidentinnen und Präsidenten die Schaffung einer „Konferenz der Parlamente“ an, in der sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier des Europäischen Parlaments, der nationalen Parlamente und der regionalen Parlamente gemeinsam über eine Verbesserung der Rechtsetzung auf europäischer Ebene austauschen können, beispielsweise im Rahmen der Europäischen Woche der Regionen.14. Die Präsidentinnen und Präsidenten wollen die Sichtbarkeit und Einbindung der Regionen, insbesondere der mit Gesetzgebungskompetenz, erhöhen und werden dieses Anliegen bei der Europäischen Kommission persönlich einbringen, wozu die jeweils vorsitzführenden Präsidentinnen und Präsidenten bevollmächtigt werden.Der Vorsitz der deutschen und österreichischen Landtagspräsidentenkonferenz übermittelt diese Erklärung an • die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Frau Roberta Metsola, • den Präsidenten des Europäischen Rates, Herrn António Costa, • die Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau Dr. Ursula von der Leyen, • den Präsidenten des Ausschusses der Regionen (AdR), Herrn Vasco Alves Cordeiro, • den Präsidenten des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates (KGRE), Herrn Marc Cools, • den Präsidenten der Konferenz der regionalen gesetzgebenden Versammlungen in der Europäischen Union (CALRE), Herrn José Manuel Rodrigues, • die nationalen und regionalen Regierungen und die nationalen Parlamente in Deutschland und Österreich, die Südtiroler Landesregierung und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. 3