Sophia Schiebe zu TOP 29: Wir brauchen einen klaren rechtlichen Rahmen, der die Würde und Entscheidungsfreiheit von Frauen respektiert
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 13. Dezember 2024Sophia Schiebe Wir brauchen einen klaren rechtlichen Rahmen, der die Würde und Entscheidungsfreiheit von Frauen respektiert TOP 29: Unterstützung des überfraktionellen Gesetzentwurfs im Bundestag zur Neuregelung der Vorschriften zum Schwangerschaftsabbruch (Drs 20/2743)"Wenn es in der Debatte um die Streichung von Paragraph 218 im Strafgesetzbuch geht, stellen wir automatisch zentrale Fragen unseres Zusammenlebens: Wie gehen wir als Gesellschaft mit der Verantwortung um, Frauen in schwierigen Lebenslagen und in ihrer Selbstbestimmung zu unterstützen? Wie wägen wir den jeweils verfassungsrechtlichen Schutz zwischen ungeborenem Leben und den Frauenrechten der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung ab?Der Gruppenantrag einer Vielzahl von Bundestagsabgeordneten zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs zeigt, dass man jenseits von parteipolitischen Differenzen in der Lage ist, die heutige Lebenswirklichkeit in den Mittelpunkt zu stellen – mit Augenmaß, Empathie und den Willen zur Veränderung.Wir alle wissen, dass das Thema Schwangerschaftsabbruch emotional aufgeladen ist. Es berührt persönliche Überzeugungen, ethische Fragen und gesellschaftliche Werte.Im Klartext: Es geht nicht darum, für oder gegen Schwangerschaftsabbrüche zu sein. Es geht darum, Frauen in einer der schwierigsten Situationen ihres Lebens nicht allein zu lassen. Es geht darum, ihnen die Unterstützung, die Beratung und die Optionen zu bieten, die sie brauchen, um selbstbestimmt und informiert zu handeln.Der Entwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ist ein mutiger Schritt, um veraltete Strukturen zu überdenken und neu zu gestalten. Er zielt darauf ab, die Bedürfnisse und Rechte von Frauen in den Mittelpunkt zu stellen, während gleichzeitig die gesellschaftliche Verantwortung betont wird, Frauen in schwierigen Lebenslagen nicht zu stigmatisieren, sondern zu unterstützen.Daher bitten wir den Schleswig-Holsteinischen Landtag heute nicht nur dies zustimmend zur Kenntnis nehmen, sondern fordern gleichzeitig die Landesregierung auf, sich aktiv im Bund für diesen Gesetzesentwurf einzusetzen. Dieser Schritt würde zeigen, dass Schleswig-Holstein bereit 1 ist, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur innerhalb unserer Landesgrenzen, sondern auch im bundespolitischen Kontext.Die vollständige Entkriminalisierung des eigenbestimmten Schwangerschaftsabbruches in der Frühphase der Schwangerschaft ist längst überfällig. Der Paragraph 218 im Strafgesetzbuch kriminalisiert einen medizinischen Eingriff, der für Frauen oft eine schwierige und höchstpersönliche Entscheidung darstellt. Die aktuellen Regelungen führen dazu, dass Betroffene unnötigen Hürden, Stigmatisierungen und psychischem Druck ausgesetzt sind. Jedenfalls in der Frühphase der Schwangerschaft sollten Frauen das uneingeschränkte Recht haben, über ihren eigenen Körper eigenständig zu entscheiden – als Ausdruck von Selbstbestimmung und Gleichberechtigung.Der Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch ist zudem ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Die Kriminalisierung schafft ein Klima der Angst und Unsicherheit, dass Frauen in unregulierte oder gefährliche Alternativen treiben könnte, wenn der Zugang erschwert wird. Dies widerspricht nicht nur medizinischen Standards, sondern auch grundlegenden Menschenrechten.Die Entkriminalisierung bedeutet nicht, Abtreibungen zu fördern, sondern einen klaren rechtlichen Rahmen zu schaffen, der die Würde und Entscheidungsfreiheit von Frauen respektiert. Länder wie die Niederlande oder Schweden zeigen, dass eine liberalere Gesetzgebung zu weniger Abbrüchen und besserer Gesundheitsversorgung führt. Es ist Zeit, sich von überholten patriarchalen Urteilen zu lösen und das Selbstbestimmungsrecht der Frauen in den Mittelpunkt zu stellen.Handeln anstatt nur zu reden: Bereits in den 1970er-Jahren, als in Westdeutschland die Fristenregelung eingeführt wurde, stand die öffentliche Debatte im Vordergrund. Anstelle klarer Fortschritte führte die Debatte vor rund fünf Jahrzehnten zu folgendem Kompromiss: Schwangerschaftsabbrüche blieben im Grundsatz nach §218 StGB als Straftatbestand erhalten, wenn auch für die Schwangere unter bestimmten Bedingungen straffrei. Diese Regelungssystematik hat sich seither im Wesentlichen nicht verändert, auch nicht im Zuge der Wiedervereinigung. Sie ist angesichts der Weiterentwicklungen der gesellschaftlichen Werte und der (frauen-)medizinischen Standards mehr als überholt.Der Wunsch nach einer Fortsetzung der Diskussion lenkt davon ab, dass das grundlegende Problem – die Bevormundung und Kriminalisierung von ungewollt schwangeren Frauen – ungelöst bleibt. Währenddessen werden Frauen weiterhin mit rechtlichen, psychologischen und bürokratischen Hürden belastet. Historisch gesehen haben umfassende Rechte für Frauen sich selten allein durch Diskussionen durchgesetzt, sondern durch mutige politische Entscheidungen, die Gerechtigkeit über patriarchale Moralvorstellungen stellten. Die lange Geschichte der Kämpfe um reproduktive Rechte zeigt zudem, dass ein Fortführen von Debatten oft nur denen nutzt, die den Status quo bewahren wollen. Daher wollen wir heute in der Sache abstimmen. 2 Deshalb ist es an der Zeit, die Entkriminalisierung voranzutreiben, anstatt weitere endlose Diskussionen zu führen. Nur so wird dieser Aspekt zur Selbstbestimmung von Frauen endlich Realität.Vielen Dank." 3