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11.12.24
16:35 Uhr
SPD

Niclas Dürbrook zu TOP 19: Regeln gelten auch für die Ministerin!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 11. Dezember 2024
Niclas Dürbrook Regeln gelten auch für die Ministerin! TOP 19: Missbilligungsantrag zum Umgang der Sozialministerin mit der Aktenordnung (Drs 20/2719)
"Kein Thema hat uns im Innenausschuss im vergangenen Jahr so regelmäßig beschäftigt, wie die Affäre um Ministerin Touré und ihre ehemalige Staatssekretärin. Dass es so lange gedauert hat, verantwortet die Landesregierung.
Denn das lag an einer Sozialministerin, die Nachrichten auf ihrem Diensthandy automatisiert löschen lässt, das aber erst einräumte, als im Ausschuss Lücken auffielen – übrigens ohne jedes Unrechtsbewusstsein. An der Staatskanzlei, die viel Geld für ein externes Gutachten ausgab, um Akten geheim zu halten, die kurz darauf ohnehin nicht mehr vertraulich sein mussten. An einem Sozialministerium, dass auf unsere Nachfrage noch ein dreiviertel Jahr nach Beginn des Aktenvorlagebegehrens Kommunikation fand, die längst an das Parlament hätte übermittelt werden müssen. Da hat man sich wirklich nicht mit Ruhm bekleckert.
Die Affäre begann mit einem gestoppten Verfahren rund um eine Stellenbesetzung für die geplante Antidiskriminierungs-Stabsstelle. Schuld daran aus Sicht von Ministerin Touré: ihre damalige Staatssekretärin Samadzade, die ein „Nahverhältnis“ zu dem Bewerber verschwiegen haben soll. Heute wissen wir: die geplatzte Besetzung kam der Ministerin gut zupass. Denn damit war sichergestellt, dass es zu keinen lästigen Konkurrentenklagen kommen konnte, in deren Kontext wohl sicher herausgekommen wäre, dass die Ministerin kurz vor einem hoch offiziellen Besetzungsverfahren ein höchst inoffizielles Kennenlerngespräch mit dem Bewerber in den Räumen der Grünen-Landtagsfraktion führte.
Fest steht, danach war das Tischtuch zerschnitten. Staatssekretärin Samadzade sollte gehen. Die Öffentlichkeit wurde informiert, die Abschiedsparty geplant und dann – passierte nichts. Plötzlich und überraschend blieb die Staatssekretärin auch nach dem 1. September.
Bei den Kollegen der FDP führte das nicht nur zu Verwunderung, sondern auch zu einer Kleinen Anfrage. Nach den konkreten Gründen für die Verschiebung des Abschieds gefragt, verwies das Ministerium auf Probleme bei der Rückkehr in den Richterdienst nach Hamburg. Eine Antwort, von der wir heute aus gleich zwei Gründen wissen, dass sie nicht vollständig war. Denn zum einen war es der Ministerin bis unmittelbar vor dem Zeitpunkt des geplanten Ausscheidens nicht gelungen, eine Nachfolge zu finden, wie sich später im Ausschuss rekonstruieren ließ und von ihr

1 eingeräumt wurde. Und zweitens war die Antwort auf die Kleine Anfrage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung auch in der Sache überholt. Denn zwischenzeitlich hatte die Staatssekretärin den uns allen bekannten Post zum Gaza-Krieg geliked und in der Landesregierung ging es längst nur noch darum, wie man die Staatssekretärin vorzeitig loswerden könnte. Den Hinweis auf dieses pikante Detail sparte man sich in der Antwort auf die Kleine Anfrage aber lieber. Menschlich verständlich, parlamentarisch nicht akzeptabel. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass wir von der Landesregierung korrekte und vollständige Antworten bekommen. Nicht weniger darf unser Anspruch als Parlament sein, egal ob man grade in der Regierung oder in der Opposition sitzt.
Spätestens mit dem folgenden Bericht der Ministerin im Ausschuss wurde klar: Da gibt es Ungereimtheiten. Allemal Grund für ein Aktenvorlagebegehren. 3000 Seiten, das meiste davon endlos lange, sich wiederholende Mailverläufe oder umfangreiche Anhänge zum Dienstrecht. Der eigentliche Inhalt: Ziemlich überschaubar und bemerkenswert lückenhaft. Keine Vermerke zu den Absprachen rund um das geplante Ausscheiden der Staatssekretärin, von denen wir wissen, dass es sie gab. Keine Erläuterung, warum das Ausscheiden dann doch verschoben wurde. Dienstrechtlich hoch relevante Vorgänge, zu denen sich schlichtweg nichts findet. Ein Ministerium, das offenbar per Telefon geführt wird oder durch Nachrichten, die sich im Zweifel praktischerweise selbst löschen. Man kann das für alberne Petitessen halten. Aber jede Führungskraft in der Landesverwaltung, die es mit der Aktenführung ähnlich entspannt sehen würde wie Ministerin Touré, würde zu Recht ein Problem bekommen. Weil das die Grundlage der Verwaltung ist. Und weil es am Ende auch um den Schutz von Mitarbeitern geht, die sich darauf verlassen müssen, dass dienstrechtlich relevante Vorgänge anständig niedergeschrieben werden. Die Aktenordnung gilt für eine Ministerin genauso wie für jede Regierungsinspektorin. Und wenn die Regierung das nicht sicherstellt, muss das Parlament ihr auf die Finger klopfen. Auch hier: Unabhängig davon, ob man in der Regierung sitzt oder in der Opposition.
Man könnte heute noch über viel mehr reden. Zum Beispiel, in welcher bemerkenswerten Form der Sozialministerin von der Staatskanzlei in ihrem eigenen Ministerium das Ruder aus der Hand genommen wurde. Über das Disziplinarverfahren gegen Frau Samadzade unmittelbar vor dem Wechsel in die Justiz, von dem Ministerin Touré im Ausschuss später selber sagte, dass die Einleitung eine „politische Entscheidung“ gewesen wäre. Über die Umstände der Entlassung, bei der sich zumindest der Eindruck aufdrängt, man hätte der Staatssekretärin noch eine Erklärung zur Unterschrift untergejubelt, weil man sich doch nicht mehr ganz sicher war, ob die Entlassung auf eigenen Wunsch wirklich eine Grundlage hatte. Aber das sind Dinge, die sich jetzt ein Gericht anschauen muss und wir warten gespannt auf den Ausgang.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, denn die beiden Punkte, um die es heute geht, sind unbestreitbar belegt.
Herzlichen Dank."



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