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20.11.24
10:39 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 6: Die Kita-Reform der Günther-Regierung ist Mangelverwaltung auf Kosten unserer Kleinsten

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 20. November 2024
Serpil Midyatli Die Kita-Reform der Günther-Regierung ist Mangelverwaltung auf Kosten unserer Kleinsten TOP 6: Gesetz zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes (20/2496, BBE 20/2629, ÄndA 20/2691 Entschl.Ant 20/2692)
"Die Kitas sind in der Krise. Demonstrationen vor dem Landeshaus, Petitionen von Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, die sich direkt an uns Abgeordnete wenden. Das zeigt, wie dramatisch die Situation vor Ort ist.
Wir sollten uns darauf verständigen: Das, was Sie uns vorgelegt haben, ist keine Kita-Reform, die alles besser machen soll. Nein, das ist Mangelverwaltung.
Die Günther-Regierung verwaltet den Mangel und feiert sich dafür. Das lehnt die SPD-Fraktion ab.
Große Ankündigungen gingen voraus: Die Ministerin hatte einen „Praxis-Check“ durchgeführt und wollte das Kita-Gesetz ins „echte Leben“ holen. Alles sollte besser werden, keine Qualitätsabsenkung, verlässliche Kitas. Nicht zu vergessen: Die Kommunen sollten ausreichend finanzielle Entlastung erhalten.
Eine ganze Presse-Reise war es der Regierung wert. Die CDU-Fraktion zog in den vergangenen Wochen nach.
Einmal mehr ist für PR viel Geld ausgegeben worden. Im Sozialausschuss hat sich die Sozialministerin zu ihrer Reform jedoch nicht sehen lassen.
Es schmerzt mich zu sehen, wie Familien und Fachkräfte sich abrackern und doch immer wieder an ihre Grenzen kommen. Das ist das echte Leben im Land.
Eltern müssen Schließzeiten und teilweise kurzfristige Ausfälle in den Kitas auffangen. Gerade in dieser Jahreszeit - Saison für Infekte – müssen Eltern im Alltag mit vielen Bällen jonglieren, um Beruf und Familie gerecht zu werden. Dennoch drohten Sie Eltern monatelang mit steigenden Beiträgen.

1 Es brauchte sehr viel Druck und einen langen Atem, um dieser Regierung zumindest eine Beitragsstabilität abzuverlangen. Was selbstverständlich sein sollte, wurde hart errungen. Die Verpflegungskosten steigen dennoch weiter. Von einer Beitragssenkung ist nicht mehr die Rede, obwohl es im Koalitionsvertrag steht. Kita wird teurer. Das ist das echte Leben im Land.
Fachkräfte sind am Limit. Kolleginnen und Kollegen fehlen oder sind erkrankt und können kaum kompensiert werden. Die Bedürfnisse der Kinder können nicht erfüllt werden. So können die Fachkräfte den Ansprüchen ihres Jobs nicht gerecht werden. Die zahlreichen Postkarten, die eingegangen sind, zeichnen ein schwieriges Bild der Lage vor Ort. Das ist das echte Leben im Land.
Die Kommunen wissen nicht, wie sie mit den steigenden Kosten für Kitas und Kindertagespflege langfristig klarkommen sollen. Sie stehen vor finanziellen Risiken, die sie kaum tragen können. Ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker werden im Regen stehen gelassen. Das ist das echte Leben im Land.
Und dazu kommt noch: Es fehlen eben 15.600 Kita-Plätze. Studien belegen. Dies geht gerade auf Kosten von Alleinerziehenden, Kindern aus Familien mit geringem Einkommen und Kindern aus Familien, in denen kein Deutsch gesprochen wird. Diese Lücke zu ignorieren ist eine große soziale Ungerechtigkeit. Auch das ist die Realität in Schleswig-Holstein. Das ist das echte Leben.
Das ist die Realität, für die eine Antwort erwartet wird. Die Antwort der Günther-Regierung will den Mangel verwalten, aber nicht gestalten.
Nun können Sie sagen: Ok, das ist ja die Oppositionsführerin. Sie könnten es sich so leicht machen: Aber dann ignorieren Sie nicht nur die Opposition. Sie ignorieren auch die Anzuhörenden. Und Sie ignorieren die Realität.
Und ich möchte mich an dieser Stelle einmal bei allen Beteiligten, den Kita-Fachkräften, der Kindertagespflege, den Kita-Trägern, den Eltern-Vertreter:innen, den Kommunen und vielen weiteren Verbänden und Expert:innen, für ihr unermüdliches Engagement bei den Kita- Reformen und weiteren Gesetzesnovellen bedanken. Es tut mir gleichzeitig sehr leid, dass viele ihrer wichtigen Anregungen zum Wohle der Kinder kein Gehör finden.
So würde eine SPD-geführte Landesregierung nicht mit Ihnen umgehen.
Diese Kita-Reform ist eine der größten Blamagen für die Günther-Regierung. Die Anzuhörenden haben kein gutes Haar an der Kita-Reform gelassen.



2 Ein Beispiel: Der Verband der evangelischen Kindertagesstätten schreibt in seiner Stellungnahme – ich zitiere: „Die ursprüngliche Planung sah vor, die Evaluationsergebnisse, bei der nun anstehenden erneuten Reform des Gesetzes einzubinden und nach unserem Verständnis auch weitere qualitative Verbesserungen herbeizuführen. Da die Evaluation u. a. eine Finanzierungslücke von 120 Mio. Euro ausgemacht hat, dominierten alle Bemühungen fortan, diese Lücke durch ein anzupassendes Kindertagesförderungsgesetz zu schließen."
Und weiter schreiben sie: „Die Kita-Landschaft in Schleswig-Holstein steht an einem „Kipppunkt“!“
Der ADS-Grenzfriedensbund schreibt: „Kritisch anzumerken ist hier, dass die Flexibilisierung zwar als Entlastung dargestellt wird, aber gleichzeitig ohne angemessene finanzielle und personelle Absicherung zu einer zusätzlichen Belastung für die Fachkräfte führen kann.“
Und diese Einschätzung teilen die Träger und Fachkräfte.
Der Anspruch der Ministerin war es, einen Konsens zwischen den Beteiligten herzustellen. Gibt es einen Konsens über diese Reform? Nein, den gibt es nicht. Das haben die kommunalen Landesverbände in der Anhörung deutlich gesagt.
Gibt es eine solide Lösung für die Finanzierungslücke? Nein, gibt es nicht.
Ist die Reform transparent und nachvollziehbar? Nein, ist sie nicht, obwohl Sie es mit Ihrem Änderungsantrag versucht haben.
Wurden Vorschläge von Verbänden sowie die Evaluation, die der Reform zugrunde lag berücksichtig? Kaum. Die großen Kritikpunkte bleiben weiterhin bestehen.
Dass Sie dieses Gesetz schnell nach einer dermaßen kritischen Anhörung hier durchwinken wollen, ist einfach peinlich.
Aber ob Sie es wollen oder nicht: In den nächsten Monaten wird jemand anderes als diese Landesregierung den Praxis-Check machen: Nicht die Opposition.
Die Eltern werden den Praxis-Check machen. • Die Verlässlichkeit der Kitas wird sich durch die Reform nicht verbessern. • Die Bildungs- und Betreuungsqualität wird sinken. Nicht weil die Fachkräfte schlechte Arbeit leisten, sondern weil CDU und Grüne am Personalbudget sparen.



3 Die Beschäftigten in den Kitas, der Kindertagespflege und die Träger werden den Praxis-Check machen. • Allein bis 2030 fehlen mindestens 2.400 Erzieherinnen und Erzieher. Wenn die Günther- Regierung jetzt die Rahmenbedingungen der Kitas und damit auch die Arbeitsbedingungen verschlechtert, werden wir diese Fachkräfte nicht gewinnen.
Die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker werden den Praxis-Check machen. • Die Finanzlasten der Kommunen werden weiter steigen. Sie werden großen finanziellen Risiken ausgesetzt. • Dass unter diesen Bedingungen die fehlenden 15.600 Kita-Plätze entstehen, ist wohl ausgeschlossen. Das hat der Gemeindetag in der Anhörung auch angedeutet. Das bedeutet 15.600-mal entgangene Bildungschancen, 15.600-mal Eltern, die nicht arbeiten gehen können und deshalb weniger Geld in der Familienkasse haben, 15.600-mal Rückschritte bei der Gleichberechtigung. Und nicht zuletzt auch tausende Fachkräfte, die der Wirtschaft vorübergehend fehlen.
Die SPD-Fraktion hat in den vergangenen Monaten verschiedene Anträge hier im Haus eingebracht: Zur Sicherung von Qualität in den Kitas, zur Senkung der Beiträge, zur Verhinderung von Kita-Schließungen, zum Personalbedarf und auch konkret zur Weiter-entwicklung des Kindertagesförderungsgesetz.
Über 17 Initiativen allein der SPD-Fraktion hätten Sie zustimmen oder aufgreifen können. Dem sind Sie nicht gefolgt. Kommen Sie mir nicht damit, wir hätten es nicht versucht, uns konstruktiv in die Diskussion einzubringen. Sie sind es, die mit dem Kopf durch die Wand wollen.
Was mit großen Ankündigungen der Reform gestartet ist, endete mit Mangelverwaltung. Einmal mehr standen nicht die Bedürfnisse von Kindern, Familien und Fachkräften im Vordergrund. Die Günther-Regierung hielt ihren Sparkurs.
Sie hatten mehr Vertrauen und weniger Kontrolle angekündigt. Aber in dem Gesetzentwurf wird daraus vor allem mehr Risiko für andere und weniger Verantwortung für die Günther-Regierung.
Diese Kitas-Reform haben unsere Kleinsten nicht verdient. Der Ministerpräsident sollte das Gesetz zurückziehen und den Prozess auf Null setzen. Der wirkliche Praxis-Check steht noch aus.“



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