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18.10.24
10:41 Uhr
SPD

Marc Timmer zu den TOPs 10+14: Wir müssen die Energiewende für alle ermöglichen!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 18. Oktober 2024
Marc Timmer Wir müssen die Energiewende für alle ermöglichen! TOP 10+14: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewende- und Kli-maschutzgesetzes Schleswig-Holstein und zur Aufhebung und An-passung weiterer Rechtsvorschriften sowie Digitale Grundlage für die Wärmewende schaffen (Drs 20/2553, ÄndA 20/2610, 20/2467)
" Zu den Änderungen. In vielen Bereichen der Änderungen fehlt mir der Aspekt des Ermöglichens oder der soziale Aspekt. Wir müssen die Energiewende für alle möglich machen.
Die Solardachpflicht stellt eine zusätzliche finanzielle Verpflichtung für den Neubau dar.
Unser baupolitischer Sprecher Thomas Hölck spricht immer wieder davon, wie wichtig es ist, die Baukosten zu reduzieren, Anforderungen zu reduzieren, damit wir Bauen ermöglichen. Er prangert zurecht überbordende Vorschriften an, die Baukosten steigern, aber wenig bringen. Und ich denke nicht nur er. Oder?
Aber genau diesen kostensteigernden Effekt hat die Regelung zur Solardachpflicht. Und hiermit müssen wir umgehen.
Richtigerweise rechnen sich Solaranlagen auf Dächern. Eine Solaranlage auf dem Dach ist mithin im Eigeninteresse der Bauherrin oder des Bauherrn. Aber es wird welche geben, die zusätzliche Investitionen scheuen.
Das Eigenkapital reicht nicht. Vielleicht ist der Zeitpunkt nicht der richtige mit Blick auf überhöhte PV-Komponentenpreise. Oder man entscheidet sich schlicht für den Versorger vor Ort, der Strom aus Wind oder Solaranalagen anbietet.
Wir müssen also die Verpflichtung dringend mit einem Angebot verbinden.
Denkbar ist ein Darlehen der IB.SH ohne oder mit einer geringen Zinslast für die Finanzierung der Solaranlage, dass nachrangig zu der Baufinanzierung ins Grundbuch eingetragen wird. Die Tilgung erfolgt aus den Ersparnissen durch den Betrieb der Solaranlage im Vergleich zum teureren Netzstrom. Factoring wäre auch eine Möglichkeit. Dann sprechen wir von Ermöglichen der Energiewende für alle. Das wollen wir. Die Solardachpflicht darf aber in keinem einzigen Fall dazu führen, dass sich der Wunsch auf die eigenen vier Wände nicht realisieren lässt.


1 Kommen wir zu einem anderen wichtigen Aspekt, auch hier fehlt der zweite soziale Schritt. Die Änderungen im Zusammenhang mit Fernwärme sind unzureichend und verkennen einen wesentlichen Aspekt. Es geht darum, Anschlussnehmerinnen und Anschlussnehmer vor unangemessenen Preiserhöhungen zu schützen. Hier sind zusätzliche Transparenzvorschriften ein notwendiger erster Schritt. Er ist aber nicht hinreichend. Es ist richtig, dass Versorger – die Monopolisten im Wärmenetz sind - Preise mitteilen müssen und diese veröffentlicht werden. Aber aus hohen Preisen folgt dann nichts weiter. Die Verbraucherinnen und Verbraucher stecken fest im Netz ohne Wettbewerb und sind auf Wohl und Wehe dem Versorger ausgeliefert. Die Möglichkeiten sich gegen Preiserhöhungen zu wehren, sind begrenzt. Ein Missbrauchsaufsichtsverfahren der Landeskartellbehörde s ist ein aufwendiger Prozess und verläuft in der Regel im Sand.
Zwar stehen den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Preiserhöhungen der zivilrechtliche Klageweg offen. Aber wer glaubt, dass ein Verbraucher einem Versorger mit einem erheblichen Informations- und Wissensvorsprung die Stirn bieten kann – gut, außer Kai Dolgner -, glaubt auch, dass die Gerichtsstrukturreform eine strukturierte Reform ist oder dass Briefkästen die Reihenfolge des Eingangs dokumentieren.
Was bedarf es also? Hier ist die Monopolkommission, namentlich Herr Prof. Dr. Kühling sehr klar. Erst neuliche hat er im Ausschuss auf den fehlenden Wettbewerb in Wärmenetzen hingewiesen. Um den Effizienzdruck in monopolistischen Wärmenetzen hochzuhalten, bedarf es – neben der Transparenz - eines Price Caps oder Preisobergrenze, beispielsweise nach niederländischem Vorbild. Dieser Aspekt kommt nicht vor.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden also im Regen stehengelassen. Das Preisrisiko verbleibt zu 100% bei ihnen. Ich kenne leider viele, die aus Wärmenetzen austeigen wollen. Aber gerade jetzt brauchen wir ein hohes Maß an Attraktivität von Wärmenetzen, wird dies doch das Ergebnis vieler kommunaler Wärmepläne sein.
Dies führt mich zur Wärmeplanung: Sie ist unterm Strich immer noch viel zu kleinteilig angelegt. Hier fehlt mir der gemeindlich-soziale Aspekt. Die Verantwortung der Wärmewende liegt bei den Gemeinden. Viele der Gemeinden sind allerdings überfordert.
Die Orientierungslosigkeit bezieht sich insbesondere auf die Umsetzung. Welche Partner brauche ich? Wie sieht die Förderkulisse aus? Schaffe ich es, die ausreichende Anzahl von Anschlussnehmerinnen und Anschlussnehmer für das Wärmenetz zu begeistern? Wie binde ich die bestehende Biogasanlage ein? Und vor allem? Woher nehme ich das Eigenkapital, um eine zinsgünstige Finanzierung und damit das Projekt überhaupt zu ermöglichen? In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass wir es hier auch mit einer Vernachlässigung des ländlichen Raums zu tun haben. Denn in Tendenz kann man sagen, je kleiner die Gemeinde, desto eher ist sie überfordert. Und je mehr braucht sie die Unterstützung der Landesregierung. Ohne diese Unterstützung, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird die Landesregierung scheitern, 2040 erstes klimaneutrales Bundesland zu werden.

2 Zur Finanzierung hatten wir als SPD den Transformationsfond vorgeschlagen. Wir werden demnächst mit einem modifizierten Vorschlag auf Sie zukommen, um die Finanzierung von wirtschaftlichen Wärmeprojekten für alle Gemeinden zu ermöglichen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch kurz auf unseren Antrag zum digitalen Zwilling eingehen. In der idealen Welt würde man die gesamte Wärmewende digital eins zu eins abbilden. Daten des Verbrauchs könnten mit Erzeugungsdaten abgeglichen werden. Geologischen Daten und entsprechenden geothermische Potentialen können besser berücktsichtigt werden.
Auch könnte man biogene Einsatzstoffe effizienter nutzen. Wärmenetze könnten systemisch erfasst. Optimierungen können zunächst im digitalen Modell durchgespielt werden, bevor sie in die Umsetzung oder in die Veränderung gehen. Dies wäre zeitgemäß. Hierüber würde ich gerne im Ausschuss sprechen.
Abschließend möchte ich für unseren Änderungsantrag werben. Hier geht es im Kern um die Begünstigung der Gemeinden an der Wertschöpfung von Windenergie- und Solarprojekten. Im Ergebnis machen wir die gute Vorschrift aus § 6 EEG für alle Neuanlagen verpflichtend. Er sieht vor, dass 0.2 Cent pro kWh der tatsächlichen Stromproduktion in der Gemeinde bleiben soll. Aber auch Bürgerinnen und Bürger sollen von der Wertschöpfung vor ihrer Haustür was haben, und zwar in Summe mit 0,1 Cent pro kWh der tatsächlichen Stromproduktion. Dies finde ich unterm Strich fair. Über die verschiedenen Möglichkeiten der Bürgerbegünstigung können wir gerne im Ausschuss sprechen. Soll die Stromrechnung reduziert werden. Oder ist ein Sparbrief der richtige Weg. Beteiligungsmodell sind wirklich toll. Wir sind froh, dass wir sie in Schleswig-Holstein, insbesondere in Nordfriesland vielfach sehen. Aber hiervon profitieren letztlich nicht alle. Die, die wenig Geld haben, können sich nicht beteiligen. Und es gibt zunehmend Investorenanlagen, die erreichtet werden.
Gleichermaßen dürfen die vorgegebenen Wege keine unangemessenen Hindernisse für die Vorhabenträger darstellen. Denn wir brauchen viel erneuerbaren Strom, um den zukünftigen Bedarf nicht nur für Schleswig-Holstein zu decken. Aber die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Hier müssen wir alle Bürgerinnen und Bürger durch kluge und soziale Energiepolitik zum Mitmachen motivieren.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit."



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