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16.10.24
15:45 Uhr
SPD

Kai Dolgner zu TOP 11: Die Möglichkeit hybrider Sitzungen kann auch außerhalb des Pandemiegeschehens sinnvoll sein

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 16. Oktober 2024
Kai Dolgner Die Möglichkeit hybrider Sitzungen kann auch außerhalb des Pandemiegeschehens sinnvoll sein TOP 11: Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften (Drs. 20/2574)
„Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
man fragt sich schon ein bisschen, warum Sie diesen Punkt gesetzt haben. Vielleicht ahnten Sie, dass ich Sie für diesen Gesetzentwurf loben wollte, was sonst nicht so häufig vorkommt.
Ich freue mich, dass auch die CDU offenbar die Notwendigkeit der Möglichkeit hybrider Sitzungen in den kommunalen Räten sieht, nachdem die Einführung von digitalen Sitzungen während Corona bei Ihnen anfangs auf wenig Begeisterung gestoßen ist und an entsprechende Vorrausetzungen geknüpft ist.
Die Möglichkeit der digitalen Teilnahme an Präsenzsitzungen ist aber auch außerhalb des Pandemiegeschehens sinnvoll. Wie häufig habe ich in drei Jahrzehnten Kommunalpolitik erlebt, wie über die Gründe für den geringen Frauenanteil gerätselt wurde, obwohl ein Hauptgrund doch offensichtlich war. Wer schon die Hauptlast der Carearbeit trägt, die gerade nachmittags und abends ihren Höhepunkt erreicht, wird sich dreimal überlegen, sich auch noch ein kommunales Ehrenamt ans Bein zu binden. Und wer darüber hinaus was erreichen wollte, musste zeitreich sein - mit dem Hang zu wenig Schlaf. So war es früher z.B. in meiner Kreistagsfraktion durchaus zielführend, auch bei der „Nachsitzung“ beim Griechen teilzunehmen. Nun hat sich die Gesellschaft weiterentwickelt und inzwischen schauen beide Geschlechter so gegen 21:00 demonstrativ auf die Uhr, da häufig auch die Männer morgens bei der Care-Arbeit „ranmüssen“. Und das ist gut so.
Zur Wahrheit gehört aber nach wie vor, dass der Löwenanteil der Care-Arbeit von Frauen geleistet wird, was viele Frauen davon abhält, sich für fünf Jahre auf ein kommunales Mandat zu bewerben. Meist bekommt man die geplanten Termine geregelt. Aber wehe der Babysitter fällt aus, der Großvater wird krank - oder wie uns jüngst passiert ist - die gleiche Schule legt die Elternabende auf den gleichen Termin für zwei verschiedene Klassen.
Nun mag es mal nicht so schlimm sein, wenn man einen Elternabend verpasst. Und auch wenn das Sperrklausel-Urteil nicht von „Opposition“ und „Regierung“ in kommunalen Räten ausgeht,

1 mag das rechtlich richtig sein. In der Realität bilden sich aber trotzdem Mehrheiten. Erst die Mehrheitsentscheidung sichert die demokratische Legitimität der Entscheidungen. Die Mehrheitsverhältnisse werden in den Räten zudem immer knapper. Sieben und mehr Fraktionen sind so selten nicht. Im Gegensatz zu den Ausschüssen gibt es in den abschließend beschließenden Räten auch keine Vertretung. Also schleppt man sich häufig auch angeschlagen zu den Sitzungen oder versucht doch noch eine Kinderbetreuung zu organisieren.
Eine digitale Teilnahmemöglichkeit in solchen Fällen sichert also auch ab, dass die Schlussentscheidungen im Gemeinwesen nicht von Zufallsmehrheiten abhängig werden. Auch kann eine Teilnahme häufig durch weite Wege gehindert sein.
Ich war lange im Umwelt- und Bauausschuss des größten Flächenkreises. Bis 16:00 in Kiel arbeiten und um 17:00 an einer Sitzung in Hannerau-Hademarschen teilzunehmen, ist schon eine Herausforderung, insofern hilft auch in solchen Fällen eine digitale Teilnahmemöglichkeit. Wir sollten uns aber auch nicht zu viel erhoffen. Dieses Gesetz ist ein kleiner Lösungsbeitrag, da es die Mehrfachbelastungen der Frauen nicht löst. Und es könnte in der Praxis ein weiteres Problem für die Frauen schaffen. Die Möglichkeit der digitalen Teilnahme könnte dazu verleiten - oder es könnte sogar ein Druck auf die Frauen entstehen, Care-Arbeit und Ehrenamt zu verbinden, schließlich gibt es nun die Möglichkeit dazu. Leider kommen viele vermehrte Möglichkeiten, die die Frauen sich in den letzten Jahrzehnten erkämpft haben, auf die Care-Arbeit noch oben drauf, statt diese im Ergebnis besser zu verteilen. Ich rege an, den Erfolg dieser Neuregelung in ein paar Jahren zu evaluieren. Grundsätzlich findet aber Ihr Vorhaben unsere Zustimmung und wie wir die Nichtöffentlichkeit wirksam absichern, klären wir im Ausschuss."



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