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16.10.24
12:02 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu den TOPs 5+6+26: Günthers Sparkurs ist ein Irrweg für das Land

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 16. Oktober 2024
Serpil Midyatli Günthers Sparkurs ist ein Irrweg für das Land TOP 5+6+26: Haushaltsberatung 2025 (Drs. 20/2500, 20/2501, 20/25758(neu))
„Ohne Frage: Schleswig-Holstein steht vor großen Herausforderungen. Und das sage nicht nur ich, hier vier Beispiele:
1. 1. Laut Bertelsmann-Studie fehlen 15.600 Kita-Plätze. Eltern müssen mangelnde Betreuungszeiten auffangen, Beschäftigte schreiben per Postkarten Hilferufe an uns Abgeordnete. 2. Schulen sind zu oft marode und nicht auf dem neuesten Stand, eine Studie nach der anderen zeigt, dass die Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler immer schlechter werden. 3. Medien berichteten erst in diesem Sommer wieder vom fortschreitenden Ärztemangel. Wartezeiten auf einen Termin werden lang, Wege zur Praxis länger. 4. Bezahlbares Wohnen ist in weiten Teilen des Landes inzwischen Mangelware und wird zu der sozialen Frage, denn die Kosten steigen immer weiter.
Diese Problemlagen beantwortet die Günther-Regierung mit einem Sparhaushalt. Ein Haushalt, der im Wesentlichen aus Kürzungen besteht. Hinzu kommen auslaufende Förderprogramme. Hinzu kommen eingefrorene Haushaltstitel. Da ist eine Erklärung des Ministerpräsidenten mehr als notwendig. Ich finde, es wäre angemessen gewesen, wenn Sie sich heute dazu erklärt hätten. Denn es ist eben kein einfacher Sparhaushalt. Es ist ein Sparhaushalt in angespannten Zeiten. In angespannten Zeiten, in denen viele Bürgerinnen und Bürger Zweifel und Sorgen haben. In Zeiten, in denen zu oft der Eindruck entsteht, dass in unserem Land nichts mehr funktioniert. In solchen Zeiten ernster Sorgen, aber auch großer Umbrüche sind fehlende Zukunftsinvestitionen ein Wohlstandskiller. Ein Wohlstandskiller, den Bürgerinnen und Bürger direkt in ihrem Alltag spüren. Der Sanierungsstau bei der Infrastruktur – Brücken, Straßen, Schienen – oder bei maroden Schulen, Bussen und Bahnen, die nicht mehr fahren. Warum, Herr Günther, fahren denn heute keine Busse? Das ist doch eine Folge Ihrer Politik!
CDU und Grüne haben sich dennoch entschieden diesen Weg zu gehen. Sie haben sich entschieden, dem Land Schleswig-Holstein einen harten Sparkurs zu verordnen. Sie haben die Haushaltskonsolidierung zu ihrem obersten Ziel ausgerufen. Sie selbst haben diese Priorität gesetzt. Allerdings ist das keine gute Nachricht für Schleswig-Holstein und seine Zukunft. Sie beantworten eine Krise mit einem Sparkurs. Dabei zeigen doch gerade die jüngsten Krisen, dass es wichtig ist – gerade jetzt – zu investieren. Gerade in Krisen braucht es einen aktiven Staat.

1 Bürgerinnen und Bürger brauchen Sicherheit und Entlastung. Das wäre eine Antwort auf diese Krisen gewesen und nicht weitere Verunsicherungen durch Sparmaßnahmen.
Der Kurs der Günther-Regierung ist ein Irrweg für unser Land. Aber: Der heutige Tag ist eine gute Nachricht für die Demokratie! Weil sich heute einmal mehr zeigt: Es gibt Unterschiede zwischen den demokratischen Parteien in diesem Land. Es macht einen Unterschied, wen Bürgerinnen und Bürger wählen. Es macht einen Unterschied, welche Parteien Regierungsverantwortung tragen. Das wird diese Debatte zeigen. Und das ist gut so in einer Demokratie, dass es diese Unterschiede gibt. Dass wir sie darstellen und darüber debattieren. Da sind CDU und Grüne: Sie setzen ihre Priorität aufs Sparen. Hier ist die SPD, die mehr investieren und wichtige Probleme lösen will. Das hat für uns Priorität. Dass alle Familien Kinderbetreuung bekommen. Dass die Zustände an unseren Schulen besser werden. Dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt. Dass überall Ärzte und Kliniken erreichbar sind. Dass angesichts großer Veränderungen die Arbeitsplätze sicher sind. Das hat für die SPD Priorität.
Die Antwort der Günther-Regierung ist schlicht und haben wir oft gehört: Warum fehlen über 15.000 Kita-Plätze? Die Günther-Regierung hat kein Geld. Warum werden die Schulen nicht saniert? Die Günther-Regierung hat kein Geld. Warum gibt es zu wenig bezahlbaren Wohnraum? Die Günther-Regierung hat kein Geld.
Aber was sind denn die Folgen dieser Haushaltspolitik: Die mehr als 15.000 Kinder, die keinen Kita-Platz haben, werden auch in Zukunft keinen bekommen. Und dabei wissen wir aus Studien,
• dass dies überproportional Kinder von Alleinerziehenden betrifft, • Kinder aus Haushalten mit geringerem Einkommen, • Kinder aus Familien, in denen kein Deutsch gesprochen wird.
Sie sind es übrigens auch, die am meisten darunter leiden, wenn Sie die Standards absenken. Ebenso die Erzieherinnen und Erzieher, die längst an ihrer Belastungsgrenze angekommen sind. Herr Ministerpräsident – das ist Ihre Verantwortung! Dazu bleibt eine Finanzierungslücke im Kita- System bestehen. Und die Gemeinden und Städte werden mit hohen Risiken allein gelassen. Gemeinde und Städte, die ohnehin schon unter starkem Druck stehen. Und die durch diesen Haushalt noch mehr in die Enge getrieben werden. Das gilt auch für die Städtebauförderung. Faktisch kürzen Sie den kommunalen Finanzausgleich. Sie sparen auf Kosten der Solidargemeinschaft der Kommunen.
Was, Herr Günther, passiert eigentlich, wenn diese Städte und Gemein-den durch Ihre Haushaltspolitik immer mehr von dieser Infrastruktur – Kita, Bau, Verkehr, Busse und Bahnen – einschränken müssen? Herr Ministerpräsident – das ist Ihre Verantwortung!

Für die Schulen kommen die Einschläge der Landesregierung von allen Seiten:


2 • In der Oberstufe wollen Sie - wie zuvor schon bei den DaZ-Klassen - die Lerngruppen vergrößern und so Lehrkräfte einsparen – trotz des bundesweit schlechtesten Abi-Schnitts. • In der Sekundarstufe I wollen sie Unterricht reduzieren. Das betrifft besonders die Gemeinschaftsschulen. • Trotz der hohen Bedeutung beruflicher Bildung sollen die Beruflichen Schulen bis 2030 200 Stellen abbauen. • Und über alles kommt dann noch die allgemeine Einsparung: Sie fahren die Unterrichtsversorgung herunter. Tatsächlich wird das an den Schulen zu noch mehr Unterrichtsausfall führen.
Das müssen Sie sich auch klar machen: Schleswig-Holsteins Günther-Regierung setzt auf weniger Unterricht trotz schlechtem Abschneiden in Bildungsstudien. Das ist doch Wahnsinn. Nichts davon wird die Leistungen der Schülerinnen und Schüler verbessern. Herr Ministerpräsident – das ist Ihre Verantwortung!
Der riesige Sanierungsstau bei den Schulen von über 10 Milliarden Euro wird ebenso wenig aufgelöst wie die Unsicherheiten für Krankenhäuser. Es muss ja geradezu als schlechtes Vorzeichen gelten, dass der Ministerpräsident die Imland-Klinik in seiner Heimatstadt nicht gerettet hat. Und auch jetzt zeigt sich einmal mehr das übliche Agieren dieser Landesregierung: Immer schön mit dem Finger nach Berlin zeigen. Die müssen etwas tun. Und was tun Sie?
Frau von der Decken klagt erst gegen die Einmischung des Bundes, aber für die Zukunft der Krankenhäuser ist dann doch wieder Karl Lauterbach allein verantwortlich. Das passt doch nicht zusammen. Stattdessen müsste die Landesregierung längst die Krankenhausplanung vorgelegt haben. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Krankenhäuser nicht auf eine ähnliche Strukturreform gefasst machen müssen, wie die Gerichte. Ohne Ankündigung, per Gutsherrenart verkündet. So etwas tut dem Land nicht gut.
Tatsächlich gibt es weder für den Bestand noch die Weiterentwicklung der Gesundheitsstruktur im Haushalt gute Nachrichten. Mir ist beispielsweise schleierhaft, warum Sie für unsere älteren Menschen nicht endlich konkret etwas tun.
Unser Vorschlag einer Vor-Ort-für-Dich-Kraft kommt im ersten Schritt gerade den über 80Jährigen zu Gute und ist eine Antwort auf zunehmende Einsamkeit. Und sie ist noch nicht einmal teuer.
Alle 80Jährigen würden angesprochen werden, hätten einen Kontakt und Unterstützungsangebot. Das wäre mal eine ganz konkrete Verbesserung.
Und das ist nur ein Vorschlag von vielen, den wir als SPD-Fraktion in den vergangenen Monaten gemacht haben.
Auch die große Herausforderung der Transformation bleibt. Mein Vorgänger als Fraktionsvorsitzender Thomas Losse-Müller pflegte in solchen Situationen zu sagen: Die Lösung

3 muss so groß sein wie das Problem. Das ehrgeizige Ziel dieser Landesregierung ist, 2040 als erstes Bundesland klimaneutral zu sein.
Aber ich sehe in Ihrem Haushaltsentwurf weiterhin nicht, wie Sie dieses Ziel noch erreichen wollen. Klimaschutz darf nicht auf dem Rücken der Menschen gemacht werden. Dafür braucht es rechtzeitige und konkrete Umsetzungsmaßnahmen, die für alle transparent ist. Und ich sehe in Ihrem Haushaltsentwurf nicht, wie Sie die Unsicherheiten und Belastungen in der Bevölkerung und bei den Unternehmen beantworten wollen. Herr Ministerpräsident – das ist Ihre Verantwortung!
So viel zu politischen Unterschieden. Aber was sind denn die eigenen Worte des Ministerpräsidenten wert? Noch im vergangenen Monat haben Sie eine Regierungserklärung gehalten und Ihr Sicherheitspaket vorgestellt. Für uns steht fest: Das Land steht in der Verantwortung, den Menschen Sicherheit zu bieten: äußere Sicherheit, innere Sicherheit und soziale Sicherheit. Wir dürfen diese Sicherheiten nicht gegeneinander ausspielen. Schon gar nicht in der Haushaltspolitik. Das Problem, das sich jetzt bei Ihrem Sicherheitspaket stellt: Es ist finanziell nicht unterlegt. Ein Beispiel: Sie haben eine Intensivierung der Extremismusprävention im Justizvollzug angekündigt. Und das bei einem ohnehin schon überlasteten Personal. Gleiches gilt für die Landespolizei. Die Polizistinnen und Polizisten meldeten Ende 2023 über 500.000 Überstunden. Dringend angebracht wäre eine Entlastung. Und dann sprechen Sie in Ihrem von NRW abgeschriebenen Sicherheitspaket von erweiterten Eingriffs- und Ermittlungsmöglichkeiten der Polizei zur Abwehr verschiedener Gefahren. Mit wem wollen Sie das denn machen, etwa mit den sieben zusätzlichen Stellen für die Bekämpfung von Spionage? Ich fürchte, Sie bekommen das genau so wenig hin wie die Sanierung der maroden Hallenschießanlagen.
Und gleiches gilt für den Bereich Migration: Hamburg investiert mehr in freiwillige Rückkehr von Geflüchteten und hat damit deutliche Erfolge. Die Mittel für die freiwillige Rückkehr und das Rückkehrmanagement sollen in Schleswig-Holstein gekürzt werden. Das ist das krasse Gegenteil von dem, was Sie im Sicherheitspaket angekündigt haben. Erhöhungen sind lediglich für Abschiebungen vorgesehen. Da überrascht mich wiederum, dass die Grünen dieses krasse Ungleichgewicht mittragen. Und wie Ministerin Touré diesen Haushalt mit ihren Ankündigungen auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende zusammenbringen will.
Herr Günther, das ist doch ein Beleg mehr dafür, dass Sie sich haushaltspolitisch komplett verrannt haben.
Herr Günther, da hätte ich mir nach Ihrer Regierungserklärung wirklich mehr erwartet. Sie werden Ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht.
Zumal Sie doch auch ganz genau wissen: Das eine sind die offiziellen Kürzungen im Landeshaushalt. Aber hinzu kommen noch Investitionsmaßnahmen, die nicht verlängert werden. So wie bei den Sportstätten. Institutionen, die dringend mehr Geld benötigen und dieses nicht bekommen, wie die Musikschulen oder auch die Frauenhäuser. Diese Politik gefährdet so viel.

4 Wenn sich Politik so sehr auf einen Sparkurs zurückzieht, muss man sich nicht wundern, wenn sich Menschen enttäuscht abwenden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten halten Ihre Haushaltspolitik für einen kompletten Irrweg.
Nach sieben Jahren steckt Ihre Regierung tief in der Haushaltskrise. Der Haushalt 2024 wird vom Landesverfassungsgericht überprüft. Die Klage von SPD und FDP ist mehr als notwendig. Das Auswechseln der Ministerin im Sommer oder der Nachtragshaushalt gestern zeigen doch: Sie haben keinen Plan!
Der Haushalt 2025 wird Schleswig-Holsteins Zukunft gefährden. Umso wichtiger ist mir zu sagen: Dieser schwarz-grüne Sparhaushalt ist eben nicht alternativlos. Die SPD will mehr investieren und dafür die Schuldenbremse reformieren und gleichzeitig eine Vermögenssteuer einführen. Die SPD will, dass wir großen Krisen gerecht werden und eine mehrjährige Krisenbekämpfung in der Verfassung möglich machen. Die SPD will, dass wir Alltagsprobleme der Menschen lösen und sie entlasten und dafür Millionäre stärker besteuern. Die Günther-Regierung hat sich der Reform der Schuldenbremse in den vergangenen Monaten konsequent verweigert. Die Günther-Regierung hat sich erst im vergangenen Monat einer stärkeren Besteuerung der Super-Reichen verweigert. Dies oder auch andere Pläne hätte eine Regierung priorisieren können. Das hat sie nicht. Sie sind keinen Schritt in diese Richtung gegangen. Noch können Sie umsteuern. Noch ist bundesweit eine Mehrheit für die Reform der Schuldenbremse ohne AfD oder BSW möglich.
Schleswig-Holstein kann voran gehen. Schleswig-Holstein sollte voran gehen. Nein, mit Blick auf Ihren Haushaltsentwurf: Schleswig-Holstein muss vorangehen.
Ich sehe nicht, wie diese Haushaltspolitik allen Menschen ein bezahlbares schönes Zuhause garantiert.
Ich sehe nicht, wie diese Haushaltspolitik allen Familien ausreichend gute Kinderbetreuung ermöglicht.
Ich sehe nicht, wie diese Haushaltspolitik die Schulen modernisieren und die Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler verbessern wird.
Ich sehe nicht, wie diese Haushaltspolitik die Arbeitsbedingungen von Lehrkräften, Polizistinnen und Polizisten, Pflegekräften, Erzieherinnen und Erziehern verbessern wird.
Herr Ministerpräsident – das ist Ihre Verantwortung! Sie haben bis zur zweiten Lesung noch Zeit. Verlassen Sie diesen Irrweg und geben Sie dem Land eine Zukunft!“



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