Sophia Schiebe zu TOP 9: Schwarz-Grün bricht Kita-Versprechen
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 26. September 2024Sophia Schiebe Schwarz-Grün bricht Kita-Versprechen TOP 9: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes (Drs. 20/2496)„Am 22. Mai dieses Jahres haben Sie, liebe Frau Toure, den 10 Punkte Plan für die Kitas vorgestellt. Ziel war es, die Kindertagesbetreuung und die frühkindliche Bildung künftig für Eltern und Kinder verlässlicher zu gestalten. Sie haben ja sogar ihre Tour durch die Kitas danach benannt. Ihr Anliegen war es zudem Qualität zu verbessern, die Fachkräfte zu stärken und für eine faire Finanzierung zwischen Land und Kommunen zu sorgen, ohne dabei die Eltern mit höheren Beiträgen zu belasten. Mit dem uns nun vorliegenden Entwurf der regierungstragenden Fraktionen, welcher maßgeblich ja auf ihre Formulierungshilfe beruht, können wir ja gemeinsam einmal abgleichen, inwieweit das gelungen ist.Es sind auf jeden Fall Punkte zu benennen, bei denen es eine Übereinstimmung gibt. Sie haben Wort gehalten und die Elternbeiträge wurden nicht weiter erhöht. Dies begrüßen wir ausdrücklich. Kita-Beiträge stellen für viele Eltern ein Problem dar, weil sie eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen können. Gerade in Haushalten mit mittlerem oder niedrigem Einkommen fällt es oft schwer, die monatlichen Kosten für die Kinderbetreuung zu stemmen. Die Kita-Beiträge können jedoch dazu führen, dass ein Elternteil – meist die Mutter – gezwungen ist, weniger zu arbeiten oder ganz zu Hause zu bleiben, was langfristig die berufliche und finanzielle Situation der Familie dann wieder negativ beeinflussen kann. Noch besser wäre es allerdings, wenn Sie ihr versprechen aus dem Koalitionsvertrag halten würden und die Beiträge weiter senken würden. Das würde die Familien weiter entlasten.Mit dem Anstellungsschlüssel wollen Sie Frau Ministerin die Familien auch entlasten. Nicht finanziell. Aber dafür Sorge tragen, dass weniger Kitas aufgrund des Fachkräftemangels oder wegen Krankheit geschlossen werden. Die Kitaleitung hat nach Aussagen von Ihnen Frau Ministerin die Möglichkeit das Personal morgens, mittags und abends, so einzusetzen, wie sie es benötigt wird, ohne dabei den Fachkraftkind-Schlüssel abzusenken.Und wie wichtig so eine verlässliche Kinderbetreuung ist, hat die veröffentlichte Studie des Versicherers HDI gerade erst nochmal unterstrichen. Ein fünftel der 3748 Befragten gaben an, dass sie aufgrund der derzeitigen unzureichenden Kinderbetreuung ihren Wunsch allgemein oder den nach einem weiteren Kind zurückgestellt hätten. Unter den aktuell 30 bis 34- jährigen sogar mehr als jede und jeder dritte. 1 Auch die noch 15600 fehlenden Kita-Plätze hier in diesem Land werden einen Einfluss auf die Entscheidung dieser jungen Menschen haben. Es ist teilweise immer noch so, dass es einem Glücksspielgewinn nahe kommt, wenn man einen Kita Platz erhält und folgt man einigen Stimmen aus den Fachkreisen, könnte sich dies Problem verschlimmern, weil durch den Anstellungsschlüssel weitere Fachkräfte abwandern und dadurch dann Gruppen oder gar ganze Kitas geschlossen werden müssten. Ich zitiere mit Erlaubnis der Landtagspräsidentin aus einer Nachricht einer Kita-Leitung an mich:„Diese Flexibilität bedeutet für viele Fachkräfte, dass sie den ganzen Tag mit 20 oder auch mehr Kindern alleine verbringen, wenn ihre Kolleg*innen krank, im Urlaub oder zur Fortbildung sind. Dies ist leider auch jetzt schon gelebte Praxis. Die Gesetzesänderung würde dies vorantreiben und die Situation weiter verschlimmern. Ich habe das Gefühl, dass die Träger sich durch die Gesetzesänderung nicht mehr vor der Wahl sehen, mehr Personal einzuplanen (um Ausfälle auffangen zu können) oder bei Ausfällen die Anzahl der Kinder die betreut werden können, zu reduzieren. Das wäre ein massiver Rückschritt in der Qualität der Kitas und ich fürchte großes Leid bei Kindern und Fachkräfte. Des Weiteren rechne ich mit einem noch schnelleren Abwandern von Fachkräften in andere Branchen.“Das Abwandern weiterer Erzieher*innen können wir uns nicht erlauben und müssen als Land dafür sorge tragen, dass die Arbeitsbedinungen attraktiv bleiben oder eher auch noch werden. Die Forderungen nach mehr Ausfalltagen oder der Erhöhung von mehr Vor- und Nachbereitungszeit sind in dem Gesetzentwurf nicht zu entnehmen. Lediglich der Bürokratieaufwand soll etwas sinken. Ein Anfang sicherlich. Aber wird es dazu führen die Fachkräfte zu halten? Wahrscheinlich weniger.Positiv zu benennen ist, dass es wirklich an einigen Stellen gelungen ist, Bürokratie abzubauen und eine Einigung über das Finanzierungssystem gefunden wurde. Jedoch bringt das beste System nichts, wenn dies nicht mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestaltet ist. Die Finanzierungslücke sollte geschlossen werden und die Kommunen weiter entlastet, so der 10- Punkte Plan. Doch danach sieht es nicht aus.Folgt man den Aussagen der kommunalen Landesverbände so obliegt dem örtlichen Träger der Jugendhilfe künftig ein erhebliches Finanzierungsrisiko, welches nur reduziert werden kann, wenn in den Kindertagesstätten möglichst wenig Personal angestellt ist. Soll das das Ziel sein, liebe Landesregierung? Soll die Rechnung dadurch aufgehen indem man versteckt dafür sorgt, dass weniger Personal vorhanden ist? Also eine Qualitätsminderung durch die Hintertür?Die Finanzierungslücke von 120 Mio. Euro scheint dadurch auf den ersten Blick geschlossen zu werden. Das scheint aber nur für das Land zu gelten und die Kommunen wiederum müssen dafür in tiefer ins Portemonnaie greifen. Gut auch, wenn man seit Mai – folgt man der Presse heute – auch nicht mehr miteinander spricht. Das wird es sicherlich besser machen. 2 Zusammengefasst sehen wir, dass viele Ziele des 10-Punkte Plans nicht erreicht wurden. Ob die Anhörung und daraus resultierenden Änderungen noch Abhilfe schaffen werden, wäre schön. Aber die Erfahrung zeigt, dass an dem Gesetzentwurf wahrscheinlich nichts mehr geändert wird und so wenig Hoffnung besteht.“ 3