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25.09.24
10:59 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 1: Gutes Regieren schafft Sicherheit

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 25. September 2024
Serpil Midyatli Gutes Regieren schafft Sicherheit TOP 1: Regierungserklärung ,,Maßnahmenpaket in den Bereichen Sicherheit, Migration und Prävention" (Drs. 20/2506)
„Das Sicherheitsempfinden vieler Menschen ist nach den schrecklichen Attentaten in Brokstedt, Mannheim oder Solingen erschüttert. Das lässt niemanden kalt.
Herr Ministerpräsident Günther, wir, die SPD-Fraktion, teilen die Auffassung, dass diese neuen Gefährdungslagen zeitgemäße Antworten brauchen. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, aus diesen Verbrechen Konsequenzen zu ziehen. Es ist unsere Verantwortung alles daran zu setzen, damit sich eine solche Tat nicht wiederholt. Bei den Aufgaben, vor denen wir jetzt stehen, sind alle staatlichen Ebenen gefragt.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat schnell reagiert. Die Bundesregierung hat sich bereits Anfang September auf weitreichende Maßnahmen verständigt und ein entsprechendes Sicherheitspaket geschnürt. - Das Waffengesetz wird deutlich verschärft, um Gewalttaten mit Messern zu verhindern - Befugnisse für Behörden sollen erweitert werden, um mögliche Täter frühzeitig zu erkennen - Eine Task Force wird eingesetzt, um insbesondere die islamistische Radikalisierung von jungen Menschen zu verhindern.
Hier müssen wir deutlich besser werden. Die Extremisten/Islamisten nutzen die Plattformen, nicht nur um Hass und Hetze zu verbreiten, nein: Sie nutzen sie auch, um gezielt junge Menschen in extrem kurzer Zeit zu radikalisieren.
Für die SPD-Fraktion sage ich deutlich: Wer Schutz sucht und sich dann nicht an unsere Spieleregeln des Rechtstaats hält und somit das gesellschaftliche Zusammenleben gefährdet oder gar straffällig wird, muss bestraft und dann abgeschoben werden. Das dient auch dem Schutz derjenigen, die genau vor diesen Islamisten und Extremisten selbst aus ihrem Land geflohen sind und hier bei uns Schutz suchen. Damit das alles greift, muss nun die Landesregierung diese Maßnahmen auf Landesebene auch umsetzen. Schnell und konsequent.
Herr Ministerpräsident, es ist gut, dass auch Sie in Schleswig-Holstein Schlussfolgerungen ziehen wollen. Sie haben hohe Erwartungen an die gemeinsame Kabinettssitzung von Schleswig- Holstein und Nordrhein-Westfahlen geweckt. Ich hoffe, dass Ihre Enttäuschung nicht allzu groß

1 gewesen ist, als Merz in Ihre schönen Bilder mit seiner Kanzlerkandidatur platzte. Denn: Ein hochkarätiger Tagungsort - nicht weniger als die Weltwirtschaft – und große Ankündigungen sollten es ja werden.
Und was ist konkret daraus geworden? Die Günther-Regierung hat ein Maßnahmenpaket der Wüst-Regierung mehr oder weniger abgeschrieben. Der Beschluss besteht in erster Linie aus einer Sammlung von Allgemeinplätzen und Überlegungen. Mein Kollege Jochen Ott in Nordrhein- Westfalen hat von einem Brainstorming-Ergebnis des Wüst-Kabinetts gesprochen. Tatsächlich wirkt es etwa so.
Es sind auch aus unserer Sicht 26 mögliche Maßnahmen. Aber eine Regierung ist ja nicht dazu da, 26 Ideen aufzuschreiben. Eine Regierung ist dazu da, 26 Maßnahmen umzusetzen. Handeln Sie endlich! Nicht lang schnacken – machen!
Ich zitiere Kanzler a.D.: „Entscheidend ist, was hinten herauskommt.“ Helmut Kohl. Insofern nehmen wir Sie jetzt beim Wort und erwarten ebenfalls wie im Bund eine schnelle Umsetzung. Wir erwarten konkretes Regierungs-handeln.
Viele Ihrer Maßnahmen, Herr Ministerpräsident, werfen offene Fragen auf. Wenn wir über die Ausweitung von Befugnissen der Polizei sprechen, erwarten wir von Ihnen verfassungsgemäße Regelungen. Das ist nicht nur wichtig, sondern meist auch komplex. Das gilt insbesondere bei den Maßnahmen, wo es um den Einsatz von KI geht. Es geht immerhin auch um unsere Freiheit, um unsere Bürgerrechte.
Sicherlich haben Ihre Häuser bereits entsprechende Überlegungen durchgeführt, dass ist zumindest unsere Erwartung Wir wollen wissen, wie Sie dieses gelöst haben. Denn es braucht konkrete Antworten, mit denen Sie nicht nur uns, sondern auch die Gerichte überzeugen müssen. Gerade jetzt müssen unsere Maßnahmen sitzen, damit die Demokratiefeinde die ganze Härte des Gesetzes spüren. Das ist unser aller Anspruch.
Ich möchte ausdrücklich anerkennen, dass im Bereich der Migration, anders als im Bund, nicht nur Maßnahmen zu ihrer Begrenzung enthalten sind, sondern die Arbeitsmarktintegration explizit aufgeführt wird. Hier werden richtige Ziele formuliert.
Arbeit ist von großer Bedeutung für gelingende Integration. Sie können hier ausdrücklich auf die Unterstützung durch die SPD-Fraktion zählen. Ich freue mich, dass hier der Jobmotor von Hubertus Heil zum Einsatz kommt. Sie verlassen sich hierbei aber vollkommen auf den Bund. Anders kann ich mir nicht erklären, wie Sie zu den Kürzungen in Ihrem Haushaltsentwurf kommen. Schöne Worte eben, aber harte Kürzungen im Haushalt - das passt nicht zusammen.
Mir ist auch vollkommen schleierhaft, wie Sie andere Ziele erreichen wollen: Sie wollen beispielsweise die vollständige Ausnutzung der vorgesehenen Haftplätze in Glückstadt gewährleisten.

2 Reden wir über die gleiche Einrichtung? Die Einrichtung, deren Betrieb von vielerlei Seite kritisiert wurde? Die oftmals in der Kritik von Akteuren steht, in kritischer Berichterstattung? Die Einrichtung, die mit Personalmangel, ausbleibender Sozialberatung, Suizidversuchen, Bränden und Hungerstreiks geplagt ist? Wie soll da ein Ausbau gelingen? Diese Pläne sind Sie uns schuldig. Ein anderes Beispiel ist die Zentralisierung des Rückkehrmanagements. Dazu haben die FDP und wir bereits im März einen Antrag in den Landtag eingebracht. CDU und Grüne haben das abgelehnt. Und jetzt auf einmal zaghafte Schritte dahin. Aber jetzt haben wir ein halbes Jahr verloren. Warum übernehmen Sie nicht endlich Verantwortung? Warum drücken Sie sich vor konsequentem Regierungshandeln?
Herr Ministerpräsident, gerade bei so wichtigen Themen ist es nicht verboten, auch einmal auf die Opposition zuzugehen.
Das bringt mich aber zu einem anderen offenen Punkt: Eine ernsthafte Umsetzung der 26 Ideen wird wohl nur dann möglich sein, wenn sie auch finanziell unterfüttert ist. Und da reicht es eben nicht, aus dem NRW-Papier nur die Überschriften abzuschreiben, Herr Ministerpräsident!
Ein Beispiel: Beide Länder wollen die Extremismusprävention in den Justizvollzugsanstalten stärken. Im NRW-Papier steht - ich zitiere: „Mehr Personal zur Radikalisierungsprävention im Justizvollzug“. Klar und verständlich.
Und in Ihrem Papier? Ich zitiere: „Daher müssen bestehende Programme zur Prävention und Bekämpfung politisch und religiös motivierter extremistischer Bestrebungen von Gefangenen intensiviert werden.“
Da gefällt mir die Klarheit aus NRW deutlich besser. Wir erwarten bei dieser und den vielen anderen Maßnahmen, dass Sie sich Haushaltsentwurf wiederfinden.
Herr Ministerpräsident, die konsequente Umsetzung des Pakets wird nur mit erheblichen Mehrausgaben möglich sein. Wir erwarten, dass Sie die Kosten nicht wieder auf dem Rücken der Kommunen abladen. Und die ohnehin schon überlastete Landespolizei und der Justizvollzug können ohne Personalaufwuchs und bessere Ausstattung wohl kaum zusätzliche Aufgaben erhalten. Insofern ist die nächste Aufgabe für konkretes Regierungshandeln – sofern noch nicht geschehen: Das Abbilden dieser 26 Maßnahmen im Haushaltsentwurf. Sie können sicher sein, wir werden das als erstes im Haushaltsentwurf überprüfen. Nur so wird aus einer Idee eine konkrete Maßnahme für mehr Sicherheit in Schleswig-Holstein. Grundsätzlich gilt für die Sozialdemokratie: - Wir müssen uns demokratiefeindlichen und extremistischen Tendenzen früh und entschlossen entgegenstellen. - Dazu braucht es reaktive Maßnahmen und präventive Angebote, die demokratisches Handeln stärken und Radikalisierungsprozesse stoppen. - Dort, wo Gesetze gebrochen werden, reagieren wir entschlossen. - Mit effektiver Kriminalitätsbekämpfung sorgen wir dafür, dass unsere Straßen und Plätze sicher sind.

3 - Für unsere Sicherheit müssen wir den Rechtsstaat stärken. Wir brauchen klare und entschlossene Maßnahmen. - Hass und Hetze, Beleidigungen und Drohungen haben keinen Platz in diesem Land.
Und um es ganz klar zu sagen: Wer Straftaten begeht, hat in unserem Land nichts verloren. Bei der Prävention gehen wir auf Bundesebene gerne gemeinsam voran: 1. Wir brauchen ein Demokratiefördergesetz: Millionen Menschen engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden und Projekten für die Gemeinschaft und ein gutes Miteinander. Für die Stärkung dieser wichtigen Arbeit ist es dringend notwendig, dass Initiativen für Demokratie und gegen Extremismus verlässlich unterstützt werden. Für eine vielfältige Gesellschaft.
2. Hasskriminalität darf nicht ungestraft bleiben, ob im Netz oder anderswo. Betreiber von Plattformen sind in der Pflicht, konsequent gegen die Verbreitung von Desinformation vorzugehen. Dazu gehören auch Sonderdezernate in den Behörden. Kanäle, die ausschließlich zur Verbreitung von Falschinformationen dienen, müssen stillgelegt werden. Und wir müssen dafür sorgen, dass Falschinformationen richtige Informationen aus seriösen Quellen entgegengesetzt werden.
3. Extremistische Netzwerke müssen zerschlagen werden: Mit den Verboten rechtsextremer Vereine („Hammerskins Deutschland“, „Artgemeinschaft“) hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser gezeigt, dass der Staat konsequent gegen extremistische Netzwerke vorgeht. Unser Rechtsstaat muss dieses scharfe Schwert auch in Zukunft zur Verteidigung unserer Demokratie einsetzen.
Das gilt auch für die Verbote der islamistischen Strukturen von „Samidoun Deutschland“ und „Hamas“.
Wir dürfen nicht zulassen, dass Extremisten unsere freiheitlichen Werte untergraben. Bei religiösem Extremismus müssen wir viel stärker die Indoktrination junger Menschen verhindern. Jugendliche werden im digitalen Raum radikalisiert. Wir müssen diese Orte schließen und die dunklen Ecken ausleuchten, in denen Extremisten ihre Pläne schmieden. Erst recht haben Extremisten im Öffentlichen Dienst nichts verloren und finanzielle Unterstützungsquellen müssen konsequent trockengelegt werden. An all dem arbeitet unsere Bundesregierung. Ich finde es gut, dass die Prävention auch unter Ihren Maßnahmen einen Platz hat.
Konkrete Maßnahmen für mehr Sicherheit sind zu begrüßen. Aber Sie müssen im Ton sachlich bleiben. Diese Anforderung richtet sich an Regierungen, aber auch an die jeweilige Opposition: Egal, ob im Bundestag oder im Landtag. Möchten Sie konstruktive Politik mitmachen oder populistische Stimmungsmache betreiben?
Für die SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein stelle ich hier klar: Wir möchten konstruktive Politik machen. Wir sind bereit dazu, unseren Beitrag zu leisten, damit dieses Land sicherer wird.



4 Ich habe mich dafür entschieden, in meiner Rede bewusst insbesondere auf die Gefahrenlage durch Extremisten auf unsere offene und vielfältige Gesellschaft einzugehen. Denn ich finde, dass in dieser Debatte vieles miteinander vermengt wird. Insbesondere die scharfe Wortwahl auch im Deutschen Bundestag schürt Hass und Vorurteile gegenüber Menschen, die hier geboren sind, die hier schon lange leben und die hier Schutz suchen.
Diese soziale, offene und vielfältige Gesellschaft ist ein großer Reichtum für uns alle. Deutschland muss endlich das Einwanderungsland leben.
Herr Günther, ich habe in Ihrer Rede viel gehört, was mir in dieser Hinsicht gefallen hat. Aber auch hier wieder: Warum wollen Sie dann beim Staatsangehörigkeitsrecht zurück in die Vergangenheit? Das passt nicht zusammen.
Alle Demokratinnen und Demokraten sind jetzt gefragt, in ihrer Sprache die Vorurteile nicht weiter zu bedienen und vor allem nicht denjenigen hinterherzulaufen, die für Ausgrenzung und Menschenverachtung stehen. Das schafft keine bisschen Sicherheit. Da sind wir alle gefordert. Gemeinsam.
Bei allen Unterschieden, die wir hier im Hause miteinander kontrovers diskutieren, sind wir uns im Kampf gegen Extremisten und Rassisten einig – das zeichnet unser Schleswig-Holstein aus. Das schafft Sicherheit. Ich danke Ihnen!“



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