Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
19.07.24
10:19 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 13: Wir machen der Landesregierung ein Geschenk!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 19. Juli 2024
Martin Habersaat Wir machen der Landesregierung ein Geschenk! TOP 13: Ein neuer Umgang mit Vertretungslehrkräften und dem Fachkräftemangel an den Schulen (Drs. 20/2233)
"„Wenn sie zum Zahnarzt gehen, wollen Sie doch auch nicht, dass die Sprechstundenhilfe Sie behandelt.“
Das ist ein Satz, den viele Vertretungslehrkräfte aus Telefonaten mit dem Bildungsministerium besonders im Kopf haben. Er zeigt die Haltung diesen Kräften gegenüber. An ihm lässt sich aber auch einfach klarmachen, was bei uns falsch läuft.
Denn: Wir lassen die Sprechstundenhilfe als Zahnarzt arbeiten. Aber nur fünf Jahre lang. Und wenn sie dann fünf Jahre praktische Erfahrungen hat, wird sie ersetzt. Nicht durch einen Zahnarzt, sondern durch eine unerfahrene Sprechstundenhilfe.
Jede zehnte Lehrkraft in Schleswig-Holstein ist gar keine fertig ausgebildete Lehrkraft, an den Grundschulen fast 16 Prozent. Die Not in den Kreisen scheint in Kiel noch nicht angekommen zu sein. Dabei sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Im gesamten Schuljahr 2022/23 waren 4.325 Personen befristet als Vertretungslehrkräfte an den Schulen in Schleswig-Holstein eingestellt. Allein am Stichtag am 1. Oktober 2023 waren es mehr: 4.487 – davon 3.127 ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung. Diese Entwicklung lässt sich auch in meinem Heimatkreis Stormarn beobachten: Waren es im letzten Schuljahr in Stormarn noch 194 Vertretungslehrkräfte ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung, davon 68 an den Grundschulen, stieg ihre Zahl im aktuellen Schuljahr bis zur letzten Zählung auf 309, davon 124 an den Grundschulen.
Ohne Vertretungslehrkräfte geht an unseren Schulen nichts. Und trotzdem nimmt die Landesregierung durch ihr aktuelles Vorgehen in Kauf, dass Studierende in Vollzeit an der Schule arbeiten und uns erst später fertig ausgebildet zur Verfügung stehen. Und die Landesregierung nimmt in Kauf, dass engagierte Menschen mit befristeten Verträgen an unseren Schulen arbeiten und an die Luft gesetzt werden, bevor sie auf Entfristung klagen können. Dann werden sie durch Vertretungslehrkräfte ohne entsprechende Erfahrungen ersetzt. Es ist absurd. Die Vertretungslehrkräfte finden sich unfair behandelt, Eltern und Kinder sind entsetzt, Schulleitungen stehen vor großen Problemen.

1 Wer sind diese Vertretungslehrkräfte? Wie geht es ihnen? Was muss politisch getan werden? Dazu hat die SPD-Landtagsfraktion einen Runden Tisch veranstaltet, an dem über 70 Vertretungslehrkräfte und Schulleitungen teilgenommen haben. Selbstverständlich als interessierte Privatpersonen oder Verbandsvertretungen.
Da trifft man dann auf Fälle wie diese:
Eine studierte Musikpädagogin darf nicht an der Grundschule bleiben, weil sie keine Grundschullehrerin ist. In der Folge gibt es dort keine Musiklehrkraft mehr, aber Hamburg freut sich über eine neue Musiklehrerin - die aus Schleswig-Holstein eine mehrjährige Berufserfahrung mitbringt.
Eine studierte DaZ-Lehrkraft unterrichtet DaZ (Deutsch als Zweitsprache) in einer DaZ-Klasse. Aber vielleicht nicht mehr lange, weil DaZ in Schleswig-Holstein nicht als Fach gilt und als einziges Fach schon mal gar nicht. Zum neuen Schuljahr steigt die Größe der DaZ-Klassen. Vielleicht steigt auch mal die Professionalität im Umgang mit den DaZ-Fachkräften.
Eine Vertretungslehrkraft mit einem Master in Kunstgeschichte und Erziehungswissenschaft unterrichtet mehrere Jahre an einem Förderzentrum in der dortigen Berufsbildungsstufe. Sie macht es gut. Es gibt keine Förderlehrkräfte für die Aufgabe. Man hätte sie gerne behalten, darf aber nicht.
Solch ein Umgang passt nicht in eine Zeit, in der wir viel zu wenige voll ausgebildete Lehrkräfte haben.
Wir schlagen nicht vor, einfach alle Menschen einzustellen. Aber wir schlagen dringend vor, planbare Wege in den Schuldienst für Menschen zu schaffen, die sich bewährt haben. Und wir schlagen vor, Vertretungslehrkräfte vom ersten Tag an für ihre Aufgabe zu qualifizieren.
Momentan ist es so: Die Leute arbeiten an der Schule, dürfen alles tun, auch Klassenlehrkraft sein, und am Ende bekommen sie erzählt, sie dürften sich nicht für die Arbeit qualifizieren, die sie gerade fünf Jahre lang ausgeführt haben. Oder sie müssen mit jenseits der 40, Haus und Kindern noch einmal Studium und Referendariat durchziehen.
Das muss anders gehen.
Die Vertretungslehrkräfte wollen. Die Schulen brauchen. Fachkräfte fehlen. SPD und GEW schlagen einen Weg vor. Wir machen Ihnen mit diesem Antrag ein Geschenk. Nehmen sie es an."



2