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17.07.24
10:45 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 11: Störgefühl in der Primetime

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 17. Juli 2024
Martin Habersaat Störgefühl in der Primetime TOP 11: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Landeshaushaltsordnung Schleswig-Holstein (Drs. 20/2321, ÄndA 20/2347, ÄndA 20/2362)
"Mittwochvormittag, 10 Uhr. Primetime im Landtag. Der bevorzugte Termin für Regierungserklärungen des Ministerpräsidenten. Immer wieder der gesetzte Termin für Flaggschiffthemen der Landesregierung. Aktuell also der Termin für die wichtigsten Vorhaben, mit denen CDU und Grüne die Zukunft des Landes Schleswig-Holstein zum besseren gestalten wollten.
Wofür entscheiden Sie sich? Setzen Sie die Novelle des Schulgesetzes? Nein. Nachdem Sie deutlichste Rückmeldungen zum Demokratieabbau beim Schulleiterwahlausschuss einstecken mussten und, das macht mich noch immer fassungslos, nachdem sich die Grünen in Schleswig-Holstein geweigert haben, die UN-Nachhaltigkeitsziele in die Bildungs- und Erziehungsziele aufzunehmen, entscheiden Sie sich, die zweite Lesung des Schulgesetzes aus Gründen der Peinlichkeitsreduzierung lieber ohne Aussprache stattfinden zu lassen.
Setzen Sie den Bericht zur dramatischen Lage am UKSH, den Antrag zur Rettung der Städtebauförderung und des Wohnungsbaus oder den zur Verbesserung des schäbigen Umgangs mit Vertretungslehrkräften? Nein, denn diese Anträge kommen ja auch allesamt von der Opposition. Sie entscheiden sich, eine Novelle der Landeshaushaltssatzung an TOP 1 zu setzen.
Ich weiß nicht, ob Sie alle den Karnevalsverein Narrekäpp Helau Mildau aus Tholey-Theley im Saarland kennen? Im letzten Jahr änderte dieser Verein sein Karnevalsmotto von einem Titel, der verschiedene Gruppen diskriminierte, in „Bunte Vielfalt“.
Es gab Menschen, denen die Änderung nicht passte und die gerne weiter „Winnetou“, N- und Z- Wörter gelesen hätten. Die Junge Union kritisierte das neue Motto als „Einknicken vor der linken, moralischen 'Gesinnungspolizei'". Junge Union gegen bunte Vielfalt – da sähe es mit den Finanzierungsfragen dann schon spannend aus…
Sie versuchen, in sieben Zeilen Antisemitismus zu definieren. Das kann nur zu kurz greifen.

1 Antisemitismus ist ein Weltbild. Es ist ein strukturelles Phänomen mit vielfältigen Erscheinungsformen. Andere schreiben ganze Bücher darüber, oder – wie der Historiker Wolfgang Benz – ein Handbuch, das acht Bände umfasst.
Der SSW rät dazu, den Versuch, unbestimmte Rechtsbegriffe in einer kurzen Begründung zur Novelle zu definieren, sein zu lassen. Das ist ein kluger Rat. Andererseits könnte der Vorschlag, sich allein auf Grundgesetz und Landesverfassung zu beziehen, auch eine Falle sein. Mit den Worten des Militärstrategen Admiral Akbar: „It’s a trap!“
Denn was würde passieren, wenn die CDU Schleswig-Holstein das nächste Mal „Stabile Mehrheit statt Dänen-Ampel“ plakatiert oder die JU sich noch einmal zulasten der dänischen Mehrheit austobt? Stünden dann wirklich Mittel für die CDU oder ihren strammen Nachwuchs in Frage?
Es ist ein sympathisches Ansinnen, das Geld des Landes künftig nur noch den „Guten“ zukommen zu lassen. Es ist ehrenhaft, sich von allen das „Gut-sein“ schriftlich bescheinigen zu lassen. Aber mal ehrlich: Wer ein hassgetränkter Antisemit ist, schreckt der vor einem falschen Kreuz auf einem Extra-Formblatt zurück?
Und wo ich hier gerade bei den formalen Fragen bin: Sie wollen an §44 der Landeshaushaltsordnung ran. Dort gibt es den Hinweis auf § 23: „(Zuwendungen) dürfen nur veranschlagt werden, wenn das Land (…)ein erhebliches Interesse hat.“ Welches erhebliche Interesse sollte das Land heute an antisemitischen Zwecken haben?
Schauen wir mal nach Berlin: Dort hat sich die Antidiskriminierungsklausel von Kultursenator Joe Chialo genau einen Monat lang gehalten. Die christdemokratische Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg denkt nun ernsthaft darüber nach, den Inlandsgeheimdienst über Fragen der Kunstförderung entscheiden zu lassen.
Im Ministerium von Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger sollen finanzielle Konsequenzen für Hochschulprofessoren geprüft worden sein, die sich für das Recht auf Protest stark gemacht hatten. Dafür steht Stark-Watzinger in der Kritik. Aus meiner Sicht zu Recht.
Müsste in der Kultur mit einem anderen Maß gemessen werden als in der Wissenschaft? Sie lassen diese Möglichkeit offen. Die Gewährung von Zuwendungen „kann“ laut Entwurf unter die genannten Vorbehalte gestellt werden. Warum kann und nicht muss? Bei welchen Fördergegenständen wäre Antisemitismus okay?
Mittwoch-Vormittag, Prime-Time: Lassen Sie mich mit einem zweiten Star Wars – Zitat enden: „I have a bad feeling about this!“"



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