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20.06.24
12:04 Uhr
SPD

Kianusch Stender zu TOP 12: Werkstatttage helfen, die Perspektive zu erweitern

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 20. Juni 2024
Kianusch Stender Werkstatttage helfen, die Perspektive zu erweitern TOP 12: Werkstatttage landesweit zur Verbesserung der Berufsorientierung nutzen (Drs. 20/2143 AltA 20/2266)
„Meine Schwester wusste nach der Zeit auf dem Gymnasium nicht, was sie machen soll. So viele Möglichkeiten, das wenigste davon konnte man mal selber ausprobieren, und am Ende entwickelt sich der Lebensweg ja sowieso ganz anders, als man es sich eigentlich vorgenommen hat. Es ist natürlich toll, dass wir so eine große Auswahl an Möglichkeiten haben. Aber wie soll man sich entscheiden?
Ich war in meiner Familie der erste mit Abitur, deshalb hat sich meine Schwester auch an mich gewendet und nach Tipps gefragt, was man so machen kann. Und dann haben wir uns hingesetzt und geschaut was ihr Spaß macht, worauf sie Lust hat, was zu ihrem Wertekanon passt und sind relativ schnell bei Entwicklungszusammenarbeit gelandet. Und ihre erste Frage war: „Wo kann man das studieren?“. Auf die Idee, eine Ausbildung zu machen, ist sie gar nicht gekommen. Und wer soll ihr das auch verübeln? An den Gymnasien herrscht weiterhin der Spirit, „dass man ja eigentlich studieren muss, warum hat man sonst Abitur gemacht?“. Wir sind in der Verantwortung, diesen Blickwickel noch zu erweitern.
Das Landeskonzept für berufliche Orientierung an den weiterführenden Schulen sieht ja einiges vor, um die Köpfe zu öffnen. Aber selbst, wenn man mal ignoriert, wie schlecht die Schulen bei diesem Konzept mitgenommen wurden. Und auch, wenn man davon absieht, dass nicht mal eine Evaluierung von diesem Konzept vorgesehen ist, dann bleibt trotzdem noch: offensichtlich reicht das Konzept nicht aus, um die unbesetzten Ausbildungsplätze in SH zu füllen.
Mehr als 2.500 unbesetzte Ausbildungsstellen haben wir in Schleswig-Holstein. Ich bin ja froh, dass unsere Betriebe wieder mehr ausbilden als vor ein paar Jahren, aber das Land Schleswig- Holstein muss auch einen Rahmen schaffen, dass diese Anstrengungen von Erfolg gekrönt sind. Jetzt haben sie ja diese Praktikumsprämie eingeführt. Und ich finde das gut, ganz ehrlich. Es ist gut, wenn Schüler*innen ein Praktikum machen und sich einen Eindruck von einem Berufsfeld machen. Durch diese Prämie werden vielleicht sogar junge Menschen motiviert, die vorher einen handwerklichen Beruf gar nicht für sich selbst in Betracht gezogen haben.



1 Aber dann habe ich gesehen, wie viel Geld dafür eingestellt ist: 80.000€. Bei diesem Prämienprogramm bekommt man 240€ für zwei Wochen Praktikum. Das bedeutet, dass von diesem Angebot in ganz Schleswig-Holstein 333 Schüler*innen Gebrauch machen können. Bei 2.500 unbesetzten Stellen. Und wenn man sich mal überlegt, dass wir an den allgemeinbildenden Schulen in Schleswig-Holstein alleine im 9. Jahrgang schon knapp 24.000 Schüler*innen haben, dann können davon 1,5% dieses Praktikum machen. Ein kluger Mann hat mal gesagt: „Die Lösung muss so groß sein wie das Problem“.
Und jetzt haben wir ja gestern darüber gesprochen, dass das Geld überall knapp ist und wir uns da nicht so viele Vorwürfe gegenseitig machen sollen. Deswegen finde ich diesen FDP-Antrag so passend. Die Werkstatttage kosten uns keine Unsummen. Die Handwerkskammer hat mir letzte Woche erst gesagt, dass viele Betriebe sich freuen würden, wenn sie mehr Möglichkeiten bekommen, ihre Berufsfelder jungen Menschen nahezubringen. Deswegen stimmen wir dem gerne zu. Das ist wirksamer und günstiger als das, was Sie jetzt auf den Weg gebracht haben.
Über den Alternativantrag würde ich am liebsten gar nicht reden. Immerhin steht hier was von einer Weiterentwicklung des Landeskonzepts Berufliche Bildung drin. Aber dass sie jetzt eine Evaluation der Berufsfelderprobung in Abstimmung mit Ihrem Programm „PerspektivSchule Kurs 2034“ als Alternative zu dem Vorschlag der Werkstatttage vorschlagen, da musste ich schon ein bisschen schmunzeln. Sagen Sie doch einfach, dass sie dem FDP-Antrag nicht zustimmen, weil er von der Opposition ist, und nicht, weil Sie die geileren Ideen haben.
Naja, zurück zu meiner Schwester. Ich habe ihr vorgeschlagen, eine Tischlerlehre zu machen. Damit kann man irgendwann auch wunderbar in der Entwicklungszusammenarbeit arbeiten. Heute ist sie eine der besten Tischlergesellinnen im Land. Während ich ihr früher gezeigt habe, wie man einen Dübel in die Wand bringt, ist es heute eher umgekehrt. Sie ist glücklich in ihrem Job und ich freue mich, dass ihr beruflicher Weg so gelaufen ist. Aber durch die Schule wurde ihr diese Möglichkeit nicht eröffnet. Durch Werkstatttage wäre sie vielleicht auch früher drauf gekommen.“



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