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19.06.24
11:47 Uhr
SPD

Niclas Dürbrook zu TOP 1: Dieser Kahlschlag ist mit uns nicht zu machen!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 19. Juni 2024
Niclas Dürbrook Dieser Kahlschlag ist mit uns nicht zu machen! TOP 1: Aktuelle Stunde "Streichung von Bahnverbindungen durch die Landesregierung" (Drs. 20/2254)
„Minister Madsen wird nicht müde zu betonen: Schleswig-Holstein hat deutschlandweit das schlechteste Schienennetz und deutschlandweit den schlechtesten Stand bei der Elektrifizierung. Verstehe ich sofort. Was ich nicht verstehe ist, warum man sich jetzt so große Mühe gibt, auch noch die deutschlandweit schlechteste Verkehrspolitik zu machen.
Letzten Monat ging es um drei Verbindungen, jetzt um 18, überall im Land. Die meisten davon am Wochenende und in den Abendstunden, da mögen weniger Menschen unterwegs sein, aber auch da sind Menschen unterwegs – zum Beispiel Pendler im Schichtdienst.
Von der konkreten Betroffenheit einzelner einmal abgesehen: Die Koalition hat offensichtlich komplett verkannt, welches verheerende Zeichen für die Verkehrswende von dieser Entscheidung ausgeht. Während sich alle möglichen Akteure dazu äußern kommt aus einer Ecke nur Schweigen, nämlich den Fraktionen von CDU und Grünen. Keine Pressemitteilung zu den Streichplänen, keine Kommentierung, nichts. Bei so einem relevanten Thema reibt man sich da doch verwundert die Augen – für uns noch ein Grund, dass es heute hier diskutiert gehört – es geht um den Stellenwert, den die Verkehrswende in Schleswig-Holstein hat.
70 Millionen Euro pro Jahr fehlen laut Minister. 20 Millionen Euro davon sollen laut dem CDU- Fraktionsvorsitzenden eingespart werden – da bin ich sehr gespannt. Die bisherige Kürzungen ergeben 6 Millionen, dazu Kürzungen beim Marketing und der Verwaltung der Nah.SH – aber da werden Sie keine 14 Millionen rausholen. Es bleibt eine massive Lücke.
Was nicht eingespart werden kann, soll anders finanziert werden, im Wesentlichen über das Sondervermögen MOIN.SH. Und das verwundert schon sehr. Vergangenen Monat hatte zumindest der grüne Teil der Koalition dazu noch eine ganz andere Auffassung („Wer jetzt MOIN.SH stutzt, um Betrieb zu finanzieren, verspielt unsere Handlungsfähigkeit in der Zukunft und verteuert neue Investitionen.“). Das lässt ja nur zwei Schlüsse zu: Entweder war die Koalition über das wahre Ausmaß der Probleme noch nicht informiert, oder aber die Grünen haben Ihre Position nach wie vor, aber es ist dem Rest der Koalition egal.



1 Die Koalition wird nicht müde, auf den Bund zu verweisen und wenn man das nicht allzu genau liest, klingt es immer so, als hätte der Bund Geld weggenommen. Das hat er aber nicht, sondern er erhöht seine Mittel nur nicht in dem Umfang, in dem die Länder sich das wünschen würden. Und weil die Koalition immer wieder darauf verweist, wieviel Geld Schleswig-Holstein mittlerweile in den ÖPNV selber investiert – in diesem Jahr bei der Landesaufgabe immerhin beinahe 40 Prozent – muss man darauf hinweisen: Nicht der Anteil des Bundes, sondern der Anteil des Landes wird im kommenden Jahr deutlich zurück gehen, weil die verfassungsrechtlich fragwürdigen Notkredite dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Das Problem von Herrn Madsen ist nicht, dass Christian Lindner in Berlin im kommenden Jahr weniger Geld geben würde; das Problem ist, dass Monika Heinold in Kiel genau das im nächsten Jahr tun wird. Wir sind gerne bereit, für mehr Mittel in Berlin zu werben, weil Klimaschutz am Ende eine gesamtstaatliche Verantwortung ist; aber bei niemandem steigt die Bereitschaft dazu, wenn sie im Angesicht der eigenen Probleme und Verantwortlichkeiten weiterhin Woche für Woche versuchen, die Verantwortung alleine auf den Bund abzuschieben.
Grade gestern hat zumindest der grüne Teil der Koalition bei der Vorstellung der Novelle des Klimaschutzgesetzes noch einmal das Ziel 2040 für die Klimaneutralität betont. Das geht nicht ohne den Verkehrsbereich, da gibt es die größte Baustelle. Meine Fraktion hat neben der Reform der Schuldenbremse mit dem Transformationsfond einen zweiten Vorschlag gemacht, wie man den Umbau finanzieren kann; die Begeisterung in diesem Haus hielt sich in Grenzen und man kann das ja alles falsch finden. Aber wir sind damit bislang die Einzigen, die zumindest einen Vorschlag gemacht haben, wie wir in Schleswig-Holstein den Ausbau des ÖPNV mit allen hoch ambitionierten Zielen hinbekommen, ohne am Betrieb zu sparen; also genau das, was jetzt passiert.
Wir stehen zu den Vorschlägen, aber wenn ich das einen Moment ausblende, ist kaum nachzuvollziehen, dass diese Koalition trotz der neuen Situation einfach weitermachen will wie bisher. Ich finde es schwer nachvollziehbar, über Reaktivierungen zu sprechen, wenn man noch nicht mal die Züge bezahlen will, die aktuell schon fahren. Sie lassen den LNVP weiterlaufen, als wäre nichts passiert – Wo ist denn die neue Priorisierung, bei der sie sagen, was noch geht und was nicht? Sie halten fest am Plan einer Mobilitätsgarantie, während Sie Verbindungen rausstreichen, die man genau dafür brächte. Bei all dem kann doch nicht die einzige Antwort der Verweis auf Berlin sein. Wer die ambitioniertesten Klimaziele in Deutschland erreichen will, der darf nicht die unambitionierteste Verkehrspolitik betreiben.
Der Kollege Koch hat sich gestern im Pressegespräch über das Deutschlandticket geäußert: Würden die 100 Millionen Euro statt in das Ticket zu fließen direkt an das Land gehen, müssten keine Einsparungen vorgenommen werden. Da kann ich nur sagen: Der Zug ist abgefahren. Nachdem die Länder über Jahrzehnte an einem nachvollziehbaren und bezahlbaren Tarifsystem gescheitert sind, ist der Ampel mit dem Deutschlandticket der Durchbruch gelungen. Natürlich ist das teuer, aber es ist nach wie vor eine Revolution im ÖPNV – 292 € hat das Monatsticket zwischen Kiel und Lübeck vor dem Deutschlandticket gekostet, für die Bedienung des Fahrkartenautomaten brauchte man eine eigene Fortbildung – in diese Welt will niemand mehr

2 zurück! Und höhere Kosten für das Deutschlandticket sind übrigens nicht der einzige Weg für eine Kostendeckung, mehr Abonnenten würden uns auch voranbringen; die bekommen Sie nicht, wenn Sie Strecken rausstreichen.
Die Abbestellungen betreffen das ganze Land; jede davon macht den ÖPNV ein Stück unattraktiver; jede sendet das Signal: so wichtig sind die Verkehrswende und der Klimaschutz dann doch nicht. Diese Streichungen sind eine Sackgasse, in die Sie reinlaufen und von der Sie keine Ahnung haben, wie Sie wieder raus kommen sollen. Mit uns ist das nicht zu machen!“



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