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19.06.24
10:33 Uhr
CDU

Tobias Koch: TOP 1: Verkehrs- und Finanzpolitik mit Augenmaß

Schienenpersonennahverkehr | 19.06.2024 | Nr. 172/24
Tobias Koch: TOP 1: Verkehrs- und Finanzpolitik mit Augenmaß Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren,
nach der Pressekonferenz des Verkehrs-ministeriums am vergangenen Freitag zu den Abbestellungen im Schienenpersonennahverkehr war die vermeintliche Botschaft schnell gefunden: Das Land setze nicht mehr auf die Verkehrswende. Von „Bankrotterklärung“ und „verkehrspolitischem Scheitern“ war dazu aus den Reihen des Oppositionsfraktionen zu hören.
Doch das ist nicht die Botschaft des letzten Freitags. Die Botschaft ist vielmehr: Eine schwierige Haushaltslage führt unweigerlich zu empfindlichen Einschnitten. Einschnitte, die die Menschen im Land spüren. Das trifft auch auf die jetzt kommunizierten Abbestellungen zu.
Natürlich entspricht das nicht dem, was wir uns als CDU-Landtagsfraktion wünschen würden. Aber mit Wünschen kommt man selten weiter in der Politik. Stattdessen müssen wir den Tatsachen ins Auge schauen.
Was sind das für Tatsachen?
Die erste Tatsache lautet Deutschlandticket. So begrüßenswert es auch ist, Mobilität möglichst günstig zu machen, so haben wir als CDU immer auch davor gewarnt, welche Konsequenzen ein Deutschlandticket in Höhe von 49 Euro für die Mobilität bei uns im Land haben wird.
Ich zitiere dazu den Kollegen Lukas Kilian aus seiner Landtagsrede im Dezember 2022 – also vor über anderthalb Jahren. Schon damals sagte der Kollege Kilian:
„Was bringt uns ein günstiges Ticket, wenn Verkehre abbestellt werden müssen, wenn der Bus oder die Bahn plötzlich nicht mehr fährt, wenn die Infrastruktur nicht mehr ausgebaut wird.“ Zitat Ende Wie wir jetzt sehen, hatte der Kollege Kilian mit dieser Warnung absolut Recht, denn genau diese Situation tritt jetzt ein: Der Landeshaushalt wird durch das Deutschlandticket jährlich mit über 50 Millionen Euro belastet, Tendenz steigend. Die immense Subventionierung des Ticketpreises führt leider zwangsläufig dazu, dass sich nicht dieselbe Dichte und Taktung


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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de aufrechterhalten lässt wie bisher. Und dieses Geld fehlt auch für den dringend benötigen Ausbau und die Ertüchtigung der Schieneninfrastruktur.
Wenn wir also über Tatsachen sprechen, werden wir eher früher als später bundesweit eine Debatte darüber führen müssen, ob ein Preis von 49 Euro noch haltbar ist, oder ob dieser nicht besser auf 59 oder sogar 69 Euro angehoben werden müsste. Dann brauchen wir auch keine Verkehre abbestellen!
Meine Damen und Herren, eine weitere Tatsache lautet Regionalisierungsmittel. Die Berliner Ampel hatte in ihrem Koalitionsvertrag ursprünglich angekündigt, ich zitiere: „Die Regionalisierungsmittel werden ab 2022 erhöht. Wir wollen Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern.“ Zitat Ende.
Dieses Versprechen ist die Bundesregierung bislang schuldig geblieben.
Die seit 2022 gewährten zusätzlichen Regionalisierungsmittel von 1 Milliarden Euro dienen ausschließlich der Finanzierung des Bundes-anteils am Deutschlandticket. Und statt der eigentlich versprochenen Erhöhung steht mittlerweile sogar eine drohende Kürzung von 350 Millionen Euro im Raum.
Herr Kollege Dürbrook, schon die im vergangenen Monat angekündigten Abbestellungen waren deshalb nicht „Teil der Begleitmusik beim Feilschen mit dem Bund“, wie sie damals mutmaßten, sondern sie waren und sind bitterer Ernst, dem jetzt notgedrungen weitere Schritte folgen müssen, weil der Bund seine Versprechen nicht einhält. Würde der Bund die Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro aufstocken – wie von den Ländern seit Jahren gefordert – wären das rund 50 Millionen Euro mehr für Schleswig-Holstein und wir bräuchten heute nicht über Abbestellungen diskutieren. Darauf jetzt noch zu hoffen, ist angesichts des ungelösten Haushaltsstreits der Berliner Ampel aber mehr als gewagt. Genau so wenig wie auf Wünschen lässt sich auch auf dem Prinzip Hoffnung keine seriöse Politik aufbauen.
Meine Damen und Herren, die dritte Tatsache, der wir uns stellen müssen, ist die eigene Haushaltslage des Landes. Ein strukturelles Defizit von 1 Milliarden Euro erfordert ohnehin schon Einsparmaßnahmen in ganz vielen Bereichen und darin sind die bis zum Jahr 2032 fehlenden Regionalisierungsmittel von rund 570 Millionen Euro noch nicht einmal enthalten.
Deshalb sind wir nicht in der Lage, fehlende Bundesmittel mal eben durch zusätzliche Landesmittel zu ersetzen.
570 Millionen Euro Lücke im SPNV in den nächsten acht Jahren bedeutet ein Defizit von rund 70 Millionen Euro jährlich. Und diese Lücke schließen wir zu weniger als 10 Prozent durch Abbestellungen im SPNV. Nämlich gerade einmal im Umfang von rund 6 Millionen Euro oder anders ausgedrückt im Umfang von 1,5% der bestellten Verkehrsleistungen.



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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Zum Schließen der Lücke im SPNV bedarf es deshalb neben den jetzt angekündigten Abbestellungen weiterer Einsparungen, z.B. bei Marketing- und Regiekosten. Außerdem stehen die Rücklagen des Sondervermögens Moin.SH zur Verfügung. Sind diese aber erst einmal aufgebraucht, kommen aus der Finanzierungslücke im SPNV weitere Belastungen auf den Landeshaushalt zu, die es zukünftig in der Finanzplanung zu berücksichtigen gilt und die durch zusätzliche Einsparungen im Gesamthaushalt aufgefangen werden müssen.
Meine Damen und Herren, daran können Sie sehen, dass wir nur den kleinsten Teil der Finanzierungslücke beim SPNV durch Abbestellungen schließen, 90% des Defizits werden dagegen durch andere Maßnahmen ausgeglichen – weil wir als Koalition auch bei schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen so viel öffentlichen Personennahverkehr in Schleswig-Holstein erhalten wollen wie nur möglich.
Für die unvermeidbaren Abbestellungen hat das Verkehrsministerium in Zusammenarbeit mit nah.sh einen gut durchdachten Plan vorgelegt und am Freitag öffentlich kommuniziert, um für Transparenz und Klarheit zu sorgen. Ein Plan, der nicht zulasten einzelner Städte oder Kreise geht, nicht zulasten von Stoßzeiten oder anderer Betroffenheiten.
Trotzdem sind Abbestellung im SPNV nichts, was wir gerne tun. Wir müssen gegenüber den Menschen im Land aber ehrlich sein: Aufgrund der beschriebenen Tatsachen bei Deutschlandticket, fehlenden Regionalisierungsmitteln und der schwierigen Haushaltslage des Landes sind wir in einer Situation, die uns zum Handeln zwingt.
Deshalb wurde ein ausgewogener Vorschlag erarbeitet, der insbesondere die Randzeiten in den Blick nimmt. Verkehre, bei denen die Auslastung schon jetzt nicht sonderlich hoch ist. Ein Plan, der die Betroffenheit für die Menschen im Land so gering wie möglich hält und wie gesagt nur den kleinsten Teil der Finanzierungslücke im SPNV durch die Abbestellungen von Verkehren schließt.
Das ist Verkehrs- und Finanzpolitik mit Augenmaß in schwierigen Zeiten. Herzlichen Dank!



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