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24.05.24
13:38 Uhr
CDU

Tobias Koch: TOP 3+13: Ein guter Kompromiss zwischen Demokraten

Kommunalrecht | 24.05.2024 | Nr. 154/24
Tobias Koch: TOP 3+13: Ein guter Kompromiss zwischen Demokraten Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
worum geht es im Kern bei der Diskussion um Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene?
Es geht um die Frage, wie wir die Elemente von repräsentativer und direkter Demokratie zueinander ausbalancieren. Unser Grundgesetz, dessen 75. Geburtstag wir gestern gefeiert haben, hat unsere Demokratie im Wesentlichen als repräsentative Demokratie konzipiert, in der gewählte Abgeordnete stellvertretend für die Wählerinnen und Wähler Entscheidungen treffen. Elemente der direkten Demokratie kommen ergänzend hinzu.
Wenn eine Gemeindevertretung oder eine Stadtverordnetenversammlung eine Entscheidung trifft, dann ist diese durch mehr als die Hälfte der Wählerinnen und Wähler der letzten Kommunalwahl demokratisch bestmöglich legitimiert. Wird eine solche Mehrheitsentscheidung durch einen erfolgreichen Bürgerentscheid von nur 8 oder 10 Prozent der Wahlberechtigten gekippt, dann steht das in keinem ausgewogenen Verhältnis zueinander und beinhaltet die Gefahr, dass sich Partikularinteressen gegenüber dem Gemeinwohl durchsetzen.
Mit dem CDU-Landtagswahlprogramm haben wir deshalb das Ziel formuliert, das Quorum für einen erfolgreichen Bürgerentscheid auf 30 Prozent anzuheben.
Ein 30-Prozent-Quorum deshalb, weil eine solche Zustimmung aller Wahlberechtigten bei einem Bürgerentscheid auch bei einer Kommunalwahl mit 50 bis 60 Prozent Wahlbeteiligung die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler bedeuten würde und damit beide Entscheidungen, die der kommunalen Vertretung und die des Bürgerentscheides, im gleichen Maße demokratisch legitimiert wären.
Nun wird oft gesagt, beim Thema Bürgerentscheide hätte sich die CDU im Koalitionsvertrag durchgesetzt. Tatsächlich ist es uns aber lediglich gelungen die Quoren um einzelne Prozentpunkte anzuheben, sodass sie je nach Einwohnerzahl nach wie vor zwischen 10 und 20 Prozent aller Wahlberechtigten betragen - und


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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de damit deutlich unter 30 Prozent liegen. Deshalb haben wir in den Koalitionsverhandlungen und bei den Gesetzesberatungen im letzten Jahr nach anderen Mitteln und Wegen gesucht, um den Entscheidungen der Kommunalpolitik mehr Gewicht zu verleihen. Das ist z.B. dadurch gelungen, dass wir Fristen verkürzt haben, sodass kassatorische Bürgerbegehren, die sich direkt gegen eine Entscheidung der Gemeindevertretung richten, nur noch innerhalb von drei Monaten nach Beschlussfassung zulässig sind.
Der Ausschluss von Bürgerbegehren bei Bauleitplanungen diente ebenfalls der Stärkung des kommunalen Ehrenamtes und hat sich als vollkommen verfassungskonforme Regelung erwiesen, die vom Landesverfassungsgericht in keiner Weise beanstandet wurde. Indem Bürgerbegehren nur für solche Bauleitplanungen ausgeschlossen wurden, die von einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der Gemeindevertretung getragen wurden, war die Regelung zudem weit weniger einschneidend als in einem halben Dutzend überwiegend SPD-regierter Bundesländer, in denen Bürgerbegehren gegen Bauleitplanungen generell ausgeschlossen sind.
Die Wirksamkeit der getroffenen Regelung beschränkte sich allerdings im Wesentlichen auf die kleineren Gemeinden mit ein oder zwei Parteien bzw. Wählervereinigungen. In den größeren Gemeinden und Städten dürften hingegen die wenigsten Bauleitplanungen mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden, sodass der Ausschluss von Bürgerbegehren in diesen Fällen keinerlei Wirkung entfalten konnte. Und genau an dieser Stelle, meine Damen und Herren, hat sich das Fenster für einen fairen Kompromiss zwischen allen Beteiligten geöffnet.
Der Volksinitiative war besonders wichtig, dass alle Bauleitplanungen wieder für Bürgerbegehren offen sind, auch dann, wenn sie mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zustande gekommen sind. Um dieses Ziel zu erreichen, war die Volksinitiative bereit, bei den Bauleitplanungen die von uns gewünschten deutlich höheren Quoren von bis zu 30 Prozent je nach Einwohnerzahl zu akzeptieren und zwar unabhängig davon, mit welcher Mehrheit die Bauleitplanung beschlossen wurde.
Diese Regelung legt die Hürde für einen erfolgreichen Bürgerentscheid damit auch in den denjenigen Städten und Gemeinden höher, in denen Bauleitplanungen nicht mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden, wie z.B. in Kiel.
Darüber hinaus bleiben mit dem getroffenen Kompromiss alle übrigen Regelungen des Gesetzes, also die höheren Quoren für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide insgesamt und die verkürzte Frist für kassatorische Bürgerbegehren vollumfänglich bestehen.
Einzige andere Änderung ist das Verschieben der erforderlichen Kostenschätzung vom Zeitpunkt des Bürgerbegehrens auf den Zeitpunkt des Bürgerentscheids. Das erspart der Verwaltung unnötige Arbeit für den Fall, dass die erforderlichen Unterschriften nicht zusammenkommen und stellt dennoch sicher, dass alle Wahlberechtigten zusammen mit der Abstimmungsbenachrichtigung darüber informiert werden, welche Kosten mit ihrer Entscheidung verbunden sind.


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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Meine Damen und Herren, das alles ist ein derartig guter Kompromiss, dass ich bei der Landespressekonferenz gefragt wurde, weshalb wir diese Lösung nicht schon früher gefunden haben. Ein Teil der Antwort dürfte sein, dass erst vor dem Hintergrund des jetzt in Kraft befindlichen Gesetzes und des Urteils des Landesverfassungsgerichts die Bereitschaft vorhanden war, Quoren von bis zu 30 Prozent zu akzeptieren. Hinzu kommt aber, dass sich alle Beteiligten die wie ich finde höchst ehrenwerte Frage gestellt haben, ob wir in Zeiten, in denen unsere Demokratie von Innen und Außen angegriffen wird, tatsächlich einen monatelangen Streit über Bürgerrechte führen wollen und das zwischen uns Demokraten.
Eine Lösung im Konsens ist allemal besser als eine derartige Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang für beide Seiten.
Deshalb lehnen wir zwar das ursprüngliche Anliegen der Volksinitiative, nämlich die vollständige Rückgängigmachung der kommunalrechtlichen Änderungen heute ab, stimmen aber umso freudiger dem gefundenen gemeinsamen Kompromiss zu.
Herzlichen Dank allen Beteiligten!



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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de