Bina Braun zu Angriffen auf Politiker*innen
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 21ff – Keine Toleranz bei Drohungen, Schmähungen Landeshaus und Verunglimpfungen u.a. Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die kommunalpolitische Sprecherin der Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Bina Braun: presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de Nr. 164.24 / 23.05.2024Angriffe gegen Politiker*innen sind ein Angriff auf unsere DemokratieSehr geehrter Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete,„Warum mache ich das eigentlich?“Diese Frage habe ich mir vor drei Jahren gestellt, als ich als Kommunalpolitikerin in einer Gemeinderatssitzung mit einer Gruppe von Menschen konfrontiert war, die sich vorge- nommen hatten, diese Sitzung nach Kräften zu stören und die sich vollkommen dane- benbenahmen. Nicht einmal, dass meine hochschwangere Fraktionskollegin neben mir kreidebleich wurde und sogar kurzzeitig den Saal verließ, hat die Leute abgehalten. Es war eine sehr aggressive und feindliche Atmosphäre.In der Folge habe ich mich viel mit dem Thema Hass und Hetze gegen Kommunalpoliti- ker*innen beschäftigt. Ich bin angetreten für die Landtagswahl, weil ich eine Anlaufstelle für Kommunalpolitiker*innen erreichen wollte, die von Hass und Hetze bedroht werden, eine Beratungsstelle, die unterstützt und vernetzt. Diese Stelle gibt es inzwischen, sie wird gerade aufgestockt und dann nochmal der breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden, damit sie bekannter wird.Die Streitkultur in der Kommunalpolitik hat sich in den letzten Jahren verändert. Kommu- nalpolitiker*innen werden heute zunehmend verantwortlich gemacht für den politischen Kurs ihrer Partei in Berlin oder für persönliche Probleme der Täter*innen. Eine Kreistags- fraktion der Grünen konnte in diesem Frühjahr einmal nur unter Polizeischutz tagen, nachdem sich eine Gruppe über einen Messenger-Dienst verabredet hatte „um den Grü- nen mal richtig die Meinung zu sagen“. Neun ehrenamtliche Kreistagsabgeordnete sahen sich mit ungefähr 200 Leuten konfrontiert, die sie anschrien, sobald sie vor die Tür gingen. Seite 1 von 2 Die Fraktionsvorsitzenden haben dann angeboten, miteinander zu sprechen und zwei Vertreter der Gruppe in ihre Fraktionssitzung eingeladen. Das war sehr gut, denn daraus ergab sich ein Dialog, in dem drei wichtige Punkte klar wurden: Diese Menschen fühlten sich nicht gehört. Sie waren positiv überrascht, dass die Kreistagsabgeordneten ihnen zugehört haben. Die Kritik richtete sich hauptsächlich an die Bundespolitik, das Bewusst- sein, welche Ebene was tut in unserem politischen System, war nicht gegeben.Eine Aussage, von der man mir berichtet hat, hat mich besonders erschüttert. Sie lautete sinngemäß: „Wenn wir dich auf der Straße treffen, vielleicht mit deiner Familie, dann bist du ein Mensch. Wenn du Politik machst, bist du kein Mensch.“ Diese Entmenschlichung ermöglicht erst die Gewalt, von Beleidigungen und Anfeindungen bis hin zu Psychoterror, Morddrohungen und sogar Körperverletzungen. Es gibt einen grünen Kommunalpolitiker in Schleswig-Holstein, der seit Monaten mit Drohbriefen terrorisiert wird und inzwischen sogar Morddrohungen erhalten hat. Und das nicht etwa, weil er queer ist, denn das ist nicht das Problem!Das Problem besteht darin, dass jemand anderes nicht damit klarkommt, dass ein Mensch queer und in Amt und Würden ist und Kommunalpolitik macht! Wir müssen die Ursachen also bei den Täter*innen suchen und sie dort bekämpfen! Denn diese Angriffe sind kein privates Problem der Opfer. Das betrifft uns alle, denn sie sind ein Angriff auf unsere Demokratie!Kommunalpolitik wird im Ehrenamt gemacht, in der Freizeit. Wenn dann noch Anfeindun- gen und Bedrohungen stattfinden, verwundert es nicht, wenn Menschen überlegen auf- zuhören, Kommunalpolitik zu machen. Das ist fatal, denn darunter leiden wir alle. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, ihnen den Rücken zu stärken!Anfang des Jahres haben sehr viele Menschen hier im Land für Demokratie und unser Grundgesetz demonstriert. Eine Möglichkeit, die Demokratie direkt zu unterstützen, ist, sich die Kommunalpolitik vor Ort anzuschauen. Und wenn etwas gut läuft, kann man das auch mal sagen! Positives Feedback hilft bei der Antwort auf die Frage: „Warum mache ich das eigentlich?“Vielen Dank! *** 2