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22.05.24
17:30 Uhr
SPD

Kianush Stender zu TOP 11: Wir dürfen keine Arbeitnehmerrechte beschneiden!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 22. Mai 2024
Kianush Stender Wir dürfen keine Arbeitnehmerrechte beschneiden! TOP 11: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ladenöffnungszeiten (Drs20/2133)
„Seit 1.700 Jahren gilt der Sonntag als Ruhetag. In römischer Zeit gab es einen "dies solis", einen Tag des Sonnengottes, der als erster Tag der Woche definiert war. Kaiser Konstantin hat diesen Tag damals zum Feiertag erklärt.
Aber die Welt dreht sich weiter. Eine tolle Entwicklung der Geschichte ist zum Beispiel die Entstehung von Gewerkschaften. Und es waren eben die Gewerkschaften, die gemeinsam mit Sozialdemokrat*innen die Begrenzung der Wochenarbeitszeit erstritten haben. Erst 48 Stunden, dann immer weniger.
In den 50ern wurde mit der Aktion "Samstags gehört Vati mir" die Kampagne um die Fünftagewoche mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden aufgenommen. Und heute sind wir in einigen Bereichen bei 38, 35, manchmal sogar 30 Stunden. Und das ist ein Erfolg!
Und auch die Ruhephasen sind eine Errungenschaft, hinter der wir nicht zurückbleiben sollten. Die Direktorin des Instituts für Arbeitsmedizin an der Berliner Charité, Susanne Völter- Mahlknecht, stellt zum Beispiel klar, dass Untersuchungen vielfach gezeigt haben, dass einer Phase der Belastung zeitnah eine Erholungsperiode folgen sollte. Und einmal in der Woche auch eine längere Erholungsphase von zwei Tagen. Wenn Erschöpfung nicht relativ schnell ausgeglichen wird, wird das Erholungsdefizit immer größer. Dann muss man mit der Zeit immer mehr Energie aufwenden, um die geforderte Arbeitsleistung doch noch zu erbringen – und das kann oft auch auf ein Burnout hinauslaufen.
All das stelle ich voran, weil es für die Diskussion um den Antrag der FDP sehr wichtig ist. Ich kenne ja ihre Haltung zum Thema Arbeitszeit.
Ihre Bundestagsfraktion hat ja erst vor ein paar Tagen wieder die Abschaffung der Tages- Höchstarbeitszeit ins Spiel gebracht. Und das, verehrte Kolleg*innen, ergibt bei all dem, was ich gerade an wissenschaftlichen Erkenntnissen vorgetragen habe, wirklich wenig Sinn.
Der heute vorliegende Antrag geht aber zum Glück in eine etwas andere Richtung.


1 Heute soll nur die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonntagen ermöglicht werden, die vollautomatisiert laufen. Wir haben mittlerweile fünf dieser Geschäfte in Schleswig-Holstein, sieben weitere werden in kurzer Zeit folgen. Ich finde technologischen Fortschritt gut, und deswegen finde ich diese Läden auch eine gute Sache.
Die Betreiber haben das Problem der Öffnungszeiten übrigens schon mehrfach kommuniziert. Und ich frage mich, warum es eigentlich erst wieder einen Antrag der Opposition braucht, damit sich Minister Madsen mit dieser Frage mal intensiver auseinandersetzt.
In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, in Tensbüttel-Röst in Dithmarschen, gab es nicht mal eine Bäckerei, weil es sich finanziell einfach nicht für die Betreiber gelohnt hat. Mittlerweile gibt es in der Nähe wenigstens eine automatisierte Milchtankstelle. So eine vollautomatisierte Verkaufsstelle wäre für dieses Dorf ein echter Gewinn und für einige auch ein Stück Teilhabe. Gerade für Menschen, die nicht so mobil sind, dass sie schnell mit dem Rad oder dem Auto ins nächste Dorf zum Supermarkt fahren können, verbessert sich das Leben durch solche Verkaufsstellen.
Jetzt ist nur die spannende Frage: sollten diese Läden auch sonntags geöffnet haben? Die Gewerkschaft ver.di glaubt z.B. nicht, dass der Umsatz nennenswert gesteigert werden würde, wenn die Stellen 7 statt 6 Tage geöffnet haben. Auf der anderen Seite bleibt die Frage, warum sollten Süßigkeitenautomaten in der Innenstadt, Zigarettenautomaten am Bahnhof und die Milchtankstelle in Dithmarschen am Sonntag nutzbar sein, so eine vollautomatisierte Verkaufsstelle aber nicht?
Ist es überhaupt möglich, eine so große Verkaufsstelle komplett autonom laufen zu lassen? Was passiert, wenn jemand im Laden ist und wegen eines technischen Defekts nicht mehr rauskommt? Wer garantiert, dass die Befüllung der Regale nicht am Sonntag stattfindet? Werden defekte Kassen oder Kühltruhen am Sonntag sich selbst überlassen oder kommt dann doch mal jemand vorbei?
Es gibt also erkennbar doch einen Unterschied zwischen der Milchtankstelle und so einem vollautomatisierten Supermarkt.
Wir sperren uns gar nicht per se gegen eine Änderung der bestehenden Regelung. Wir wollen aber sicherstellen, dass wir dadurch keine Arbeitnehmer*innenrechte beschneiden. Deshalb freue ich mich, den Antrag im Ausschuss zu diskutieren und in der Anhörung die Sicht der Geschäfte sowie der Arbeitnehmervertretungen anzuhören.
Zum Schluss bedanke ich mich für die freundliche Begrüßung aller Fraktionen sowie der Landesregierung zu meinem Mandatsantritt und freue mich auf die Arbeit hier im Parlament. Vielen Dank!"

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