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22.05.24
11:45 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zu Europa

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 17 – Europadebatte; Schleswig-Holstein muss Mitglied Pressesprecherin in der Nordseekommission bleiben! Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die europapolitische Sprecherin der Düsternbrooker Weg 70 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Eka von Kalben: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 157.24 / 22.05.2024

Demokratie ist ein Dauerlauf
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
am 9. Juni ist Europawahl, man kann es nicht oft genug wiederholen. Und sie wird wichtig, auch wenn ich nicht viel davon halte, Superlative auszurufen. Demokratie ist auch in Eu- ropa ein Dauerlauf. Und unsere fünf Anträge zeigen, dass wir uns hier im Bekenntnis zu Europa einig sind. Alle betonen unterschiedliche Schwerpunkte, auch das ist gut.
Aber wie schaffen wir es, auch außerhalb dieses Hauses die Bedeutung dieser Wahl und der EU zu vermitteln. Ein Bekenntnis ist schön und gut, aber es reicht nicht. Oftmals wird die EU als abstraktes Gebilde wahrgenommen, Institutionen, die keiner versteht. Hand aufs Herz, kennen Sie den Unterschied zwischen dem europäischen Rat und Europarat? Dann sind sie mit Sicherheit die Ausnahme. Und den Ausschuss der Regionen kennt nun wirklich niemand. Ich bin sehr dankbar, dass er in zwei Anträgen extra genannt wird.
Doch wichtiger als die Institutionen in Brüssel zu kennen, ist, dass wir und unsere Mitbür- ger*innen wissen, wo die EU integraler Bestandteil unseres Lebens ist. Leider fällt uns das oft erst auf, wenn die Errungenschaften der EU nicht mehr da sind oder nicht funkti- onieren: Wenn es in Europa wieder Krieg gibt. Wenn in Europa wieder Grenzkontrollen eingeführt werden. Wenn Europa die großen Herausforderungen nicht gemeinsam lösen kann. Wenn die europäischen Werte nicht mehr in allen Ländern der EU komplett geteilt werden. Und wenn die EU es nicht schafft, das Recht durchzusetzen
Dabei bietet die EU so viel: Lieschen Müller kann ohne Visa oder aufwändige Bürokratie in 27 Länder reisen, leben, studieren und arbeiten. Kein Extraführerschein, keine Aus- landsreiseversicherung, kein Reisepass, kein Geld wechseln. Das war nicht immer so. Die Älteren unter uns erinnern sich: Warten an den Grenzen im Norden wie im Süden. Ganz abgesehen von den Reisen in den Osten, die uns vor noch ganz andere Heraus- forderungen gestellt haben und meistens eine Einbahnstraße waren. Seite 1 von 3 Diese Freizügigkeit eröffnet ungeahnte Möglichkeiten, sei es im Berufsleben oder im pri- vaten Bereich. Auch wenn es bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen noch eine Menge zu tun gibt. Vielen Dank, dass sie das in ihrem Antrag so prominent aufgenommen haben.
Frau Müller als Unternehmerin könnte ihre Produkte in ganz Europa ohne Zollbarrieren verkaufen. Dies fördert den Handel und trägt zur wirtschaftlichen und sozialen Stabilität bei. Das ist in der Argumentation so wichtig: Die Gelder, die Deutschland in die EU ein- zahlt, zahlen sich wirtschaftlich aus, und zwar mehrfach. Und dabei geht es nicht nur um Zölle. Es geht auch um Bürokratie. Klar müssen wir da besser werden. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Wobei wir aufpassen müssen, dass wir nicht jede Standardabsen- kung als Bürokratieabbau verharmlosen. Das hängt zwar zusammen, ist aber nicht das- selbe. Denn auch wenn die EU als zu kompliziert angesehen wird, ein Handel mit Dritt- staaten mit anderen gesetzlichen Regeln ist weitaus komplizierter. Das erkennt nun auch Großbritannien.
Die EU setzt hohe Standards für den Verbraucher*innenschutz. Auch das wird oft belä- chelt und auf die gerade oder schiefe Gurke reduziert. Aber ich kann mich darauf verlas- sen, dass Produkte sicher sind, seien es Lebensmittel, sei es Spielzeug oder Elektronik.
Meine Damen und Herren,
in einer immer komplexeren Welt können wir im globalen Wettbewerb nur gemeinsam bestehen. Und dazu gehört auch, unsere jungen Menschen maximal gut auszubilden. Und eben Wissen auszutauschen in Forschung und Bildung. Dass die Menschen sich international und vor allem europäisch vernetzen. Denn in Zeiten größerer globaler Aus- einandersetzungen braucht es europäische Resilienz. Ich glaube daran, dass es für die Menschheit besser wäre, auch im globalen Rahmen besser zusammenzuarbeiten. Denn insbesondere die Maßnahmen zum Schutz des Planeten brauchen einen grenzenlosen Ansatz. Dem Zugvogel nützt es nicht, wenn er nur auf Helgoland Schutz findet.
Durch gemeinsame Richtlinien und Maßnahmen werden Umweltschutzstandards etab- liert, die auch in Schleswig-Holstein wirken. Das ist auch fair gegenüber denen, die diese Standards einhalten müssen, wie beispielsweise die Landwirt*innen. Und ja, liebe SPD, das funktioniert nur im Zusammenhang mit einer gemeinsamen Sozialpolitik. Mit einer echten Sozialunion. Das glaube ich auch. Dass aber der Green Deal in ihrem Antrag nicht einmal erwähnt wird und Klima nur noch im Satz „Klima des Mitmachens“ vorkommt, ent- täuscht mich sehr.
Liebe Kolleg*innen,
unsere Bekenntnisse zur EU sind gut. Alles klingt super und doch zweifeln immer mehr Menschen an den Erfolgen der EU, auch wenn die Zustimmung zur EU in Deutschland noch recht hoch ist. Und das liegt natürlich daran, dass es relativ einfach ist, sich zur Zusammenarbeit zu bekennen und zu vielen guten Werten und Grundsätzen. Aber schwierig wird es, wenn es um die Wurst geht. Die einen stört es, wenn sich die EU auf den Green Deal einigt und sich konsequent für Klimaschutz einsetzen will. Die anderen kritisieren die Einigung zur Migrationsfrage. Und in jedem Fall gilt: Europa ist kein Wohl- fühlprojekt, sondern folgt demokratischen Logiken. Und Kompromisse sind wichtig, aber tun eben auch mal weh. Man muss auch zu Europa stehen, wenn es weh tut. Und dazu braucht es demokratische Spielregeln, mit einem starken Parlament und Mehrheitsent- scheidungen. Ohne die kommen wir nicht weiter. Nicht in einer resilienten Wirtschaft,
2 nicht bei der Sicherheit, nicht bei den ökologischen Krisen und auch nicht auf dem Weg zur Sozialunion.
Und natürlich braucht eine Demokratie, die auf Mehrheitsentscheidungen setzt, genauso auch Minderheitenrechte. Gerade in einem vielfältigen Europa darf nicht nur die Macht der Stärkeren gelten. Dies ist entscheidend, denn die Geschichte hat gezeigt, dass Min- derheiten oft Diskriminierung und Ungerechtigkeit ausgesetzt sind. Ein starkes Europa erkennt den Wert jeder Gemeinschaft an und setzt sich für ihre Rechte ein.
Liebe Kolleg*innen,
in allen vorliegenden Anträgen finden sich Punkte, die wir als Grüne und zum Teil auch als Koalition unterstützen können und andere eher nicht. Zu einem anderen Zeitpunkt, hätte ich dafür geworben, die Anträge zu überweisen und einen gemeinsamen zu formu- lieren. In Kompromissen, die man in einer Demokratie macht und wir in gemeinsamen Fragen oft machen. Heute plädiere ich für ein Abstimmen in der Sache. Denn wir Demo- krat*innen müssen zusammenstehen für Europa, uns in der Sache unterscheiden und das auch deutlich machen. Damit die Menschen am 9. Juni eine Wahl haben.
Europa steht vor zahlreichen Herausforderungen. Es ist entscheidend, dass wir am 9. Juni Abgeordnete wählen, die sich diesen Herausforderungen stellen und nachhaltige Lösungen erarbeiten. Abgeordnete, die an gemeinsamen Lösungen interessiert sind. Ab- geordnete, die für die EU und für die Demokratie einstehen.
Die Entscheidungen, die heute getroffen werden, prägen die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Indem wir wählen gehen, tragen wir dazu bei, eine EU zu gestalten, die auch zukünftigen Generationen Wohlstand, Frieden und Sicherheit bietet. Ein Europa, das nicht nur in den großen Hauptstädten, sondern vor allem auch hier bei uns in Schleswig- Holstein, in den Dörfern und Städten, konkret erlebbar ist.
Vielen Dank! ***



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