Martin Habersaat: Fünf Forderungen zum Startchancenprogramm in Schleswig-Holstein
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
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PRESSEMITTEILUNG #89 - 09.04.2024
Martin Habersaat: Fünf Forderungen zum Startchancenprogramm in Schleswig-Holstein Das Startchancenprogramm 2024-2034 ist ein zentrales Vorhaben der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. Nach langen Verhandlungen haben Bund und Länder sich auf die Modalitäten verständigt. Die Landesregierung hat den Landtag über den Stand der Planungen zur Umsetzung in Schleswig-Holstein informiert. Bundesweit 4000 allgemeinbildende und berufliche Schulen sollen von diesem Programm profitieren. In Schleswig-Holstein werden es 135 Schulen sein mit etwa 10 Prozent der Schülerinnen und Schüler des Landes. Dafür gibt der Bund 33 Millionen Euro, Schleswig-Holstein muss dieselbe Summe kofinanzieren und will dazu bereits vorhandene Mittel aus dem Perspektivschulprogramm umwidmen. Zu den vorhandenen 62 Perspektivschulen kommen 73 Schulen hinzu. Im Mai will die Landesregierung mitteilen, welche das sein sollen. Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, stellt dazu fünf Forderungen an die Landesregierung:
1. Verlässlichkeit Ziel des Startchancenprogramms ist es, bis zum Ende der Programmlaufzeit 2034 die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik verfehlen, zu halbieren. Das ist ein hoch gestecktes Ziel, zumal in den vergangenen Jahren die Einbrüche Schleswig-Holsteins bei den IQB-Bildungstrends dramatischer waren als in anderen Ländern. Außerdem hat die Landesregierung beispielsweise bei der Unterrichtsversorgung und für den DaZ-Bereich Einsparungen angekündigt, die auch die Perspektivschulen treffen. Umso wichtiger ist es, dass die bisherigen Perspektivschulen schnell Klarheit darüber bekommen, mit welchen Mitteln sie planen können. Zunächst war es der erst im März 2024 verabschiedete Haushalt, wegen dem Verträge nicht über das laufende Schuljahr hinaus verlängert werden durften. Jetzt ist unklar, wieviel Geld für die einzelne Schule zur Verfügung steht und ob die Mittel in alter Höhe für die bisherigen Zwecke weiterverwendet werden können. Es ist wichtig, einen verlässlichen Rahmen bis 2034 abzustecken.
2. Nicht weniger Geld für die einzelne Schule Für die ersten 20 Schulen im Rahmen des Perspektivschulprogramms standen seit 2019 jährlich 255.000 Euro zur Verfügung. Das ist deutlich weniger, als Hamburg im Rahmen seines Sozialindexes für Schulen in schwierigen Lagen mobilisiert, aber für Schleswig-Holstein ein nennenswerter Betrag. Teilte man nun die 66 Millionen Euro für 10 Jahre gleichmäßig auf 135 Schulen auf, wären das knapp 50.000 Euro pro Schule und Jahr. Und von diesem Geld flösse dann noch ein Teil in Säule 1 (Investitionsprogramm für eine zeitgemäße und förderliche Lernumgebung), die nach dem Willen der Landesregierung von den Schulträgern kofinanziert werden soll und die bisher nicht Teil des Perspektivschulprogramms war. Der Bund hatte wohl gehofft, durch das Startchancenprogramm auch zusätzliche Landesmittel für die Bildung zu mobilisieren, tatsächlich werden in Schleswig-Holstein vorhandene Mittel umetikettiert. Das sollte aber nicht dazu führen, dass den Perspektivschulen der ersten Stunde Mittel wegbrechen.
1 3. Transparenz Die Landesregierung sollte transparent machen, aufgrund welcher Parameter die Schulen für das Startchancenprogramm ausgewählt werden. Bisher heißt das Auswahlinstrument für das Perspektivschulprogramm zwar „Sozialindex“, tatsächlich ist es aber in großen Teilen ein Leistungsindex. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, dass bestehende Indices zwar weiterverwendet werden können, dass ein neuer Sozialindex aber mindestens die Auswahlmerkmale Armut/SGB-II-Empfang und Migration/Familiensprache abbilden muss. Das ist gut, weil ein Festhalten am schleswig-holsteinischen Weg dazu hätte führen können, dass nicht primär Schulen in schwierigen sozialräumlichen Lagen profitieren, sondern Schulen mit schlechten Ergebnissen. Die sollte die Bildungspolitik zwar auch in den Blick nehmen, aber nicht vor allem durch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel.
4. Alle Schulen aufnehmen Die Vereinbarung von Bund und Ländern sieht vor, dass 60 Prozent der geförderten Schulen Grundschulen sein sollen und 40 Prozent weiterführende Schulen. Auch berufliche Schulen können gefördert werden. Grundsätzlich sollten auch Förderzentren und Gymnasien in die Liste integriert werden. Da Migration und Armut die Gymnasien vergleichsweise weniger stark treffen als die Gemeinschaftsschulen und die beruflichen Schulen, ist allerdings nicht mit vielen Gymnasien unter den ersten 135 Schulen zu rechnen.
5. Bundesmittel nicht zur Simulation von Landespolitik nutzen Die Vereinbarung von Bund und Ländern lässt es zu, auch die Kindertagesstätten, die mit den Startchancenschulen zusammenarbeiten, in das Förderprogramm einzubeziehen, Das ist im Prinzip ein richtiger Gedanke, da die Grundlagen für Bildungsgerechtigkeit bereits hier gelegt werden. Bildungsministerin Prien lobt in Schleswig-Holstein bereits seit vielen Jahren den Hamburger Weg, Kinder im Alter von viereinhalb Jahren einem Sprachscreening zu unterziehen und dann verbindlich zu fördern. Dieses Hamburger Erfolgskonzept für mehr Bildungsgerechtigkeit brauchen wir flächendeckend in Schleswig-Holstein. Es wäre fatal, wenn jetzt unter der Überschrift des Startchancenprogramms 10 Jahre lang nur einzelne Kitas zu „Perspektivkitas“ würden und ein großer Teil der kommenden Jahrgänge weiter durchrutschte.
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