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20.03.24
11:27 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu den TOP's 2+4+22+34+42: Sieben Jahre Schwarz-Grün: Schleswig-Holstein in der Haushaltskrise

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 20. März 2024
Serpil Midyatli Sieben Jahre Schwarz-Grün: Schleswig-Holstein in der Haushaltskrise TOP’s 2+4+22+34+42: Haushaltsberatungen 2024 (Drs. 20/1700, 20/1701, 20/1937, ÄndA 20/2005, ÄndA 20/2015, EntschließungsA 20/2017, 20/1463, 20/1490 (neu), 20/1960, 20/1978(neu), 20/466, 20/1938, 20/1894)
"Heute beraten wir nicht nur den Haushalt 2024. Heute beraten wir das Ergebnis von sieben Jahren schwarz-grüner Finanzpolitik. Schleswig-Holstein steckt in der Haushaltskrise. • Dafür steht der Haushalt 2024. • Dafür stehen die Notkredite. • Dafür steht die mittelfristige Haushaltsplanung.
Die Landesregierung will dieses Jahr mehr als 1,6 Milliarden neue Kredite aufnehmen. Dann will die Landesregierung konsolidieren. Und genau da fangen die Probleme an:
Die Landesregierung will in ihrer Haushaltsplanung bis 2030 eine strukturelle Lücke in Höhe von einer Milliarde Euro füllen. Sie wissen doch aber, dass die künftigen Finanzbedarfe viel höher sind. Die Transformation, der Klimaschutz, Kitas, Schulen und Krankenhäuser, sozialer Wohnungsbau. Sie bieten keine Lösungen an. Thomas Losse-Müller hat es in den vergangenen Monaten mehrmals und ausführlich vorgerechnet.
Und selbst für die von Ihnen angestrebte Milliarde überzeugen die Konsolidierungsmaßnahmen nicht: • Sie greifen in den Versorgungsfonds. Sie wissen aber, dass Sie die Pensionen der Beamtinnen und Beamten trotzdem werden zahlen müssen. Wenn die Boomer in Pension gehen, ist die Kasse leer. • Sie verlassen sich bei der Finanzierung der Kitas auf Dritte, ohne Zusagen zu haben. • Sie sorgen schon bei der Finanzierung der Ganztagsbetreuung mit einem Windhund- Verfahren für Ungerechtigkeiten und bedenken nicht, dass die Kosten für das Land auch langfristig hoch bleiben.
Weitere Konsolidierungsmaßnahmen: Fehlanzeige. Sie wissen aber, dass Sie weit, weit mehr als 1 Milliarde Euro werden aufbringen müssen. Deshalb wäre es nötig gewesen, dass heute vor Beginn der Debatte eine ehrliche Analyse und ein deutliches Eingeständnis des Ministerpräsidenten über die wirkliche Situation des Landes



1 gestanden hätte. Das hätten die Menschen in diesem Land verdient. In Krisenzeiten ist Vertrauen ein besonders wertvolles Gut.
Die finanzielle Lage des Landes ist zu schlecht. Die strukturellen finanziellen Möglichkeiten sind erschöpft.
Die SPD war und ist sich ihrer Verantwortung immer bewusst – auch heute. Wir sind unserer staatspolitischen Verantwortung immer nachgekommen. Schleswig-Holstein hat heute wieder große Herausforderungen zu bewältigen. Ich nenne nur fünf Beispiele:
1. Die frühkindliche Bildung: 15.000 Kita-Plätze, Fachkräftemangel, Gebühren. 2. Bauen: Wohnungsbau kommt zum Erliegen, soziale Wohnungen. 3. Der Zustand der Schulen: Viele Schulgebäude sind marode, die PISA-Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler schlecht und die konkreten Maßnahmen zur Realisierung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung lässt auf sich warten. 4. Die gesundheitliche Infrastruktur: Praxen schließen, Ärztinnen und Ärzte sind gerade in den ländlichen Räumen Mangelware und es gibt keine Standortgarantie für die Krankenhäuser. 5. Die Klimawende: Die Transformation mit all ihren Facetten muss finanziert werden, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen.
Zur Lösung all dieser Probleme stehen wir. Und wir haben Ihnen genau deshalb bereits Ende des vergangenen Jahres einen Schleswig-Holstein-Pakt angeboten. Den haben Sie im Januar ausgeschlagen. Das ist Ihr gutes Recht. CDU und Grüne verfügen über eine komfortable 2/3- Mehrheit in diesem Hause.
Aber genau deshalb erwarten wir Lösungen von Ihnen. Wir stellen heute fest: Dieser Haushalt löst keines dieser Probleme. Im Gegenteil: Diese Finanzpolitik verschlimmert sie noch, weil Sie die strukturellen Fragen nicht angehen. Sie verlagern sie in die Zukunft. Das ist verantwortungslos. Das ist ein sehr ernstes Problem für dieses Land.
Die strukturellen Fragen können nur beantwortet werden, wenn sich gerade die Kolleginnen und Kollegen der CDU endlich ehrlich machen und sich zu einer notwendigen Reform der Schuldenbremse bekennen! Noch im Januar hatten sich die Kollegen Koch und Plambeck gerühmt die Schuldenbremse einzuhalten.
Herr Plambeck hatte noch Anfang Februar angekündigt, künftig ohne neue Kredite auskommen zu wollen. In der Debatte um die Reform der Schuldenbremse im vergangenen Monat haben Sie mehrmals erläutert, wie wichtig es sei, ohne Schulden auszukommen. Sie haben sich hier im Haus erneut gegen eine Reform der Schuldenbremse ausgesprochen.
Die Wahrheit aber ist: Liebe Kollegen, Ihre Haushaltspolitik basiert auf Schulden. 9 Prozent der Ausgaben, die Sie für 2024 planen, wollen Sie über Kredite finanzieren. Notkredite, für die man übrigens auch Zinsen zahlen muss.

2 Sie wollen Ihre Sackgasse bloß nicht offen und transparent eingestehen, sondern weiten die Notkredite ins Uferlose aus. Sie höhlen damit die Schuldenbremse aus, anstatt sich ehrlich zu machen und an einer gemeinsamen Reform mitzuarbeiten. Sie sind eben nicht in der Lage, dieses Problem aufzulösen – so tief haben Sie sich ideologisch eingemauert. Wir haben im Februar einen Antrag zur Reform der Schuldenbremse eingebracht. Ein konkretes Konzept, das sich an den Vorschlägen des Sachverständigenrats der „Wirtschaftsweisen“ orientiert und dringende Zukunftsinvestitionen ermöglicht.
Und tatsächlich: Der Ministerpräsident hat sich in einer Pressekonferenz zwölf Tage später – mündlich - für eine solche Reform ausgesprochen. Aber folgten dem auch Taten?
Am 6. März hätte Daniel Günter bei der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten die Initiative ergreifen können. Es gab ja zumindest mit Herrn Rhein und Herrn Wegner auf Seiten der CDU ähnliche Ankündigungen. Und Daniel Günther? Tut wieder einmal nichts.
Tatsächlich hat die Finanzministerin im Ausschuss zwei Tage nach dem „Bekenntnis“ des Ministerpräsidenten erklärt, dass die Landesregierung nicht vorhabe, eigene Initiativen zu ergreifen. Immer wenn es ernst wird, schicken Sie andere vor. Das sagt mehr über Sie als Ministerpräsidenten aus als über Ihre Kabinettsmitglieder. Nur leere Worte – und Taten bleiben aus.
Wie wollen Sie denn die Haushaltskrise des Landes strukturell auflösen? „Anpacken statt rumschnacken“ war mal Ihr Slogan, Herr Günther! Was ist davon noch übrig? Gilt dieser überhaupt noch?
Ich möchte die heutige Gelegenheit noch einmal nutzen, unsere zwei einfachen Erwartungen an die Landesregierung deutlich zu machen:
Die SPD sieht den dringenden finanziellen Handlungsbedarf für die Zukunft Schleswig-Holsteins.
Wir stehen bereit, wenn es konkret gilt, die Schuldenbremse zu reformieren, um • Krisen besser zu managen, • konjunkturbedinge Entwicklungen auszugleichen und • mehr zu investieren. An uns wird es nicht scheitern. Wir sind die ersten Kämpferinnen und Kämpfer dafür. Auch und sehr gerne mit Ihnen gemeinsam.
Wir könnten unseren Antrag gerne beschließen und uns gemeinsam auf den Weg machen. Aber dafür bräuchte es eben einen Ministerpräsidenten, der seinen Worten auch Taten folgen lässt.
In der Krise sollten wir zusammenstehen. Aber Sie müssen sich jetzt ehrlich machen und sich endlich Zukunft zutrauen.
3 In Krisenzeiten beweist sich die Regierungskompetenz. In Krisenzeiten braucht es den Ministerpräsidenten.
Die vergangenen Wochen und Monate waren ein finanzpolitisches Chaos: • Sie haben eine Haushaltssperre verhängt. • Sie haben eine Haushaltssperre ebenso aufgelöst. • Sie haben einen Spar-Haushalt angekündigt. • Sie haben einen Notkredite-Haushalt vorgelegt. • Sie haben eine Nachschiebeliste mit noch höheren Krediten präsentiert.
In Krisenzeiten wünsche ich mir keinen Ministerpräsidenten, der sich weg duckt, sondern der handelt.
Sie haben eine unsolide Finanzierung aufgestellt. Sie wollen die Haushaltskonsolidierung zu einem erheblichen Teil über den Versorgungsfonds der Beamtinnen und Beamten finanzieren. Das Geld wurde ja nicht ohne Grund zurückgelegt. Monika Heinold wollte es zum Schutz vor dem Zugriff potentiell gieriger Nachfolger sogar mal in der Verfassung festschreiben. Da haben Sie ja Glück gehabt, dass sich die eigene Finanzministerin nicht durchsetzen konnte. Sonst wäre auch diese unseriöse Gegenfinanzierung ohne Verfassungsänderung gar nicht erst möglich gewesen.
Aber es bleibt vor allem die Frage, ob das ein Bild des vorbildlichen Arbeitgebers in Zeiten des Fachkräftemangels ist: Wollen Sie auf diese Weise die Polizistinnen und Polizisten, die vielen Lehrkräfte der Zukunft anwerben? Ich sage Ihnen: Die Fachkräfte des Landes werden Ihnen weglaufen – dorthin, wo man Ihnen mit Respekt begegnet!
Ich komme zum letzten Teil meiner Rede. Ich hätte nie gedacht, dass es notwendig sein würde, einmal solche Erwägungen vorzutragen: Sie wissen, dass wir in den vergangenen Jahren in Krisen auch Haushaltspolitik mit Notkrediten unterstützt haben. An dieser Einstellung hat sich nichts geändert. Und doch können wir dieses Mal nicht zustimmen. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht.
Der Ministerpräsident sprach von einem „Sturm im Wasserglas“, aber wir sehen es anders.
Wir haben ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das es zu beachten gilt. Meine Fraktion hat ernste Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit Ihrer Vorlagen. Wir haben dies vorgetragen. Und nicht nur wir: Eine ganze Reihe von Expertinnen und Experten kommt zu der Auffassung, dass die Notkredite in dem ausgewiesenen Umfang nicht verfassungsgemäß sind. Bis heute haben Sie diesen Zweifel nicht ausgeräumt.
Wir haben in den vergangenen Krisen vieles aus staatspolitischer Verantwortung mitgetragen, was uns nicht immer leichtgefallen ist. Aber gerade diese Verantwortung, die wir auch als

4 Opposition haben, verbietet es uns heute, diesen Weg mit Ihnen zusammen zu gehen. Der Eid auf die Verfassung, den wir alle hier geleistet haben, lässt uns in dieser Situation keine andere Möglichkeit.
Wir haben deshalb in diesem Jahr auf eigene Anträge verzichtet. Es macht keinen Sinn, wenn man an der Verfassungsmäßigkeit zweifelt.
Liebe Kollegen von der CDU, ich habe gelesen, Sie fänden, es wäre eine Katastrophe für dieses Land, wenn es zu einer Verfassungsklage käme. Ich möchte Ihnen sagen: Eine Katastrophe für dieses Land wäre eine Landesregierung, die einen verfassungswidrigen Haushalt vorlegt. Eine Katastrophe für dieses Land wäre eine Landesregierung, die ihre Politik auf einem verfassungswidrigen Haushalt aufbaut.
Die SPD war immer konstruktiv. Wir sahen die Krisen. Wir spürten sie. Wir handelten. Gemeinsam. In der Corona-Pandemie. Angesichts des Kriegs in der Ukraine. Bei der Bewältigung der Flutschäden.
Und dennoch müssen wir fragen, ob diese Haushaltspolitik verfassungsgemäß ist. Gerade angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts.
Und ja, wenn wir Zweifel haben, ist es unsere Pflicht, eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht zu prüfen. Und wenn Sie den Haushalt heute so beschließen, werden wir diese Prüfung vornehmen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Haushalts ist keine Trivialität.
Und wir haben alle gemeinsam ein Interesse an Klarheit. Die Landesregierung selbst hat erklärt, auch in den nächsten Jahren auf weitere Notkredite zu setzen. Aber gerade dann braucht es jetzt Klarheit und Sicherheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und Grünen, es liegt jetzt an Ihnen. Sie haben die notwendige Mehrheit. Sie haben die Verantwortung, ob diese zustande kommt. Teilen Sie die Einschätzung der Landesregierung über die Verfassungsmäßigkeit des Haushaltes, brauchen Sie nichts zu fürchten. Haben Sie Zweifel, sollten Sie nicht zustimmen. Es ist Ihre Verantwortung."



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