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22.11.23
14:11 Uhr
B 90/Grüne

Jasper Balke zur angemessenen Vergütung von medizinischem Fachpersonal

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 16 – Eine angemessene Vergütung des nicht- ärztlichen Personals im ambulanten Bereich sicherstellen Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Landeshaus Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Jasper Balke: Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 340.23 / 22.11.2023


Das Fachpersonal muss die Wertschätzung erhalten, die es verdient
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir sprechen hier im Landtag häufig und richtigerweise über den stationären Bereich. Doch bei all den berechtigten Debatten um die Ausgestaltung und Auswirkungen der Krankenhausstrukturreform, dürfen wir uns der Tatsache nicht verschließen, dass auch der ambulante Bereich unserer Gesundheitsversorgung vor erheblichen Herausforderun- gen steht.
Denn auch dort müssen höhere Energiepreise gezahlt, richtige und wichtige Tariferhö- hungen übernommen und durch den Wegfall von Versorgungsstrukturen mehr Leistun- gen von weniger Schultern getragen werden. Seit Jahren ist bekannt, dass ein Drittel der Hausärzt*innen in Schleswig-Holstein über 60 Jahre alt ist und in absehbarer Zeit in Rente geht und dass wir gerade in ländlichen Regionen einen massiven Mangel an Fach- ärzt*innen gerade in der Kinder- und Jugend- oder der Augenmedizin haben.
Auch bröckelt vielerorts das Fundament an Apotheken gerade in kleineren Ortschaften weg, sodass hier weitere Anlaufstellen im Gesundheitssektor wegfallen. Und das liegt auch daran, dass die Vergütungen aber eben auch die Arbeitsbedingungen leider so sind, dass das Personal überwiegend in anderen Bereichen praktiziert. Viel zu oft kriegt das Personal in den Praxen oder Apotheken die Unzufriedenheit der Bevölkerung über lange Wartezeiten oder fehlende Arzneimittel direkt zu spüren und das, obwohl die Beschäftig- ten ja am aller wenigsten für die teilweise mangelhaften Zustände in unserem Gesund- heitssystem verantwortlich sind.
Und ich finde, dass gerade die Menschen dieser Berufsgruppen im ambulanten Bereich Seite 1 von 3 zurecht kritisieren, dass sie auch von den Verantwortlichen in der Politik zu wenig gese- hen werden. Auch ich spreche im Wesentlichen vom „Ärzt*innenmangel“, dabei läuft keine einzige Hausarztpraxis in Schleswig-Holstein ohne die wichtige Arbeit von Medizi- nischen Fachangestellten. Keine Radiologie-Praxis läuft ohne MTAs und ohne die Arbeit der Gesundheitsfachberufe blieben sämtliche medizinische Erfolge ohne nachhaltige Wirkung. Es ist deshalb für die medizinische Versorgung in Schleswig-Holstein unerläss- lich, auch diese Berufe attraktiver zu machen und vor allem die Vergütungen zwischen ambulantem und stationärem Sektor zu harmonisieren – ein Anfang, bzw. die Grundlage stellt dafür die Entbudgetierung im niedergelassenen Bereich dar, weshalb wir diese Än- derungsvorschläge gern in unseren Antrag aufgenommen haben.
Auch hilft die Einführung von neuen Berufsgruppen im ambulanten Bereich enorm, denn gerade für junge Menschen ist ein vielfältiges Angebot mit Weiterbildungs- und auch Auf- stiegschancen sehr attraktiv. Und deshalb ist es auch so gut, dass wir in Schleswig-Hol- stein in diesem Jahr die ersten Absolvent*innen des neu geschaffenen Studiengangs Physician Assistant, den PAs, begrüßen dürfen, auf die ein vielversprechendes und er- füllendes Berufsleben warten kann.
Um diesen aber nicht ausschließlich den stationären Sektor als Arbeitsort anbieten zu können, muss die Vergütung gerade für den ambulanten Bereich geregelt werden und dies wollen wir mit unserem Antrag gerne anstoßen.
Der PA bietet ganz vielfältige Einsatzmöglichkeiten – vor einem Monat waren einige von uns ja bei den Herbstgesprächen der Landessuchtstellen und dort kam ein gutes Beispiel, wo es aktuell in der Substitutionsmedizin Schwierigkeiten gibt. Denn dort wird aktuell noch bislang nicht vorhandenes ärztliches Personal für eine erfolgreiche Abrechnung mit den Krankenkassen gebraucht, wo in Zukunft gerade der PA zum Einsatz kommen könnte.
Die Einsatzmöglichkeiten und Handlungsfelder der PAs sind dabei wirklich vielfältig. Ich möchte allerdings gerade zum letzten genannten Beispiel noch etwas Allgemeineres an- sprechen: In unserem aktuellen Gesundheitssystem gibt es viele Tätigkeiten, die nur von approbierten Ärzt*innen ausgeführt werden dürfen. Das ist in vielen Situationen ja auch genau richtig so, denn gerade für komplexe medizinische Diagnosen braucht es ohne Zweifel Erfahrung und ein hohes Verständnis von medizinischen Zusammenhängen, für die es eine langjährige Ausbildung braucht.
Jedoch können ihnen die anderen Berufsgruppen des Gesundheitssystems ein Lied da- von singen, wie viele Tätigkeiten aktuell noch unter Ärzt*innenvorbehalt stehen, für die es eigentlich gar keine approbierten Ärzt*innen bräuchte. Da geht es dann um bestimmte Vorgänge bei der Geburtshilfe, wozu wir ja hier im Mai auch schon einen Antrag beschlos- sen haben, der Medikamentengabe im Pflege- oder bestimmte Diagnosemöglichkeiten im Heilerbringungsbereich - Stichwort „Öffnung der Primärversorgung“. Diese können da- mit einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels auch im ärztlichen Bereich beitragen, politisch muss für vieles jedoch noch die rechtliche Grundlage ge- schaffen werden. Hier sind wir noch am Anfang und wären gut beraten, in einem ähnli- chen Tempo voranzugehen, wie wir es in Schleswig-Holstein mit der Ausbildung der PAs machen.
Ich denke, wir müssen insgesamt den Grundsatz ambulant, beziehungsweise digital vor ambulant vor stationär im politischen Handeln im Hinblick auf unser Gesundheitssystem stärker berücksichtigen. Ja, der Scheinwerfer liegt aktuell auf dem stationären Bereich bei der Krankenhausstrukturreform, doch wir sollten immer im Hinterkopf behalten, dass
2 auch die Strukturreform den stationären Bereich eigentlich nicht ausweiten, sondern auf die wesentlichen spezifischen und spitzenmedizinischen Eingriffe beschränken soll, also auf das, was wirklich nur stationär durchgeführt werden kann.
Alles andere sollte in Zukunft entweder digital oder ambulant durchgeführt werden. Das spart nicht nur Geld, sondern steigert auch die Qualität. Dies geht aber nur, wenn der ambulante Bereich und vor allem das Fachpersonal, das wie in anderen Ländern aus einem vielfältigen Strauß an Berufsfeldern bestehen muss, endlich die Wertschätzung erhält, die es verdient und dafür sind wir mit diesem Antrag auf einem guten Weg. Ich bitte um Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit!

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