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18.08.23
15:07 Uhr
SPD

Thomas Losse-Müller: Bezahlbare Wärme in Schleswig-Holstein - Worauf es jetzt ankommt

Bezahlbare Wärme in Schleswig-Holstein: Worauf es jetzt ankommt Die Klimaziele sind klar. Im Jahr 2040 soll Schleswig-Holstein klimaneutral sein. Das bedeutet in weniger als zwei Jahrzehnten die Umstellung von mehr als 500.000 Öl- und Gasheizungen im Land auf andere Technologien. Als SPD-Fraktion sehen wir den Ausbau von Wärmenetzen dafür in den meisten Fällen als die beste Lösung, weil es in der Regel die günstigste und effizienteste Möglichkeit der Wärmeversorgung ist. Durch den Bau von Wärmenetzen wird der klimaneutrale Umbau gemeinschaftlich organisiert. Die Verantwortung wird nicht auf die einzelnen Bürgerinnen oder Bürger abgewälzt. Die Menschen im Land müssen nicht alleine die hohen Investitionen stemmen und sich verschulden. Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung geht es uns um Ermöglichen statt Verpflichten. Aktuell fehlt es aber an Tempo und Entschlossenheit, um die ehrgeizigen Klimaziele im Wärmebereich zu erreichen. Für Planung und Umsetzung der Wärmewende sind die Gemeinden die entscheidenden Akteure. Sie müssen durch das Land in die Lage versetzt werden, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Daraus ergeben sich für die SPD-Landtagsfraktion sechs Forderungen:
Für den schnellen Ausbau von Wärmenetzen braucht es Bürgschaften und Eigenkapital Unsere Annahme ist, dass für rund 320.000 Gebäude in Schleswig-Holstein ein Wärmenetz die günstigste und beste Form der Wärmeversorgung sein wird. Bei Anschlusskosten von rund 30.000 Euro pro Gebäude ergeben sich daraus Kosten von etwa 9,6 Milliarden Euro. Ein Teil der Investitionen wird absehbar durch den Bund aufgebracht werden. Ein anderer Teil kann langfristig über Nutzungsentgelte finanziert werden. Es bleiben aber Kosten von rund vier Milliarden Euro. Deshalb müssen die von der Landesregierung zugesagten zwei Milliarden Euro an Bürgschaften für den Ausbau von Wärmenetzen direkt nach der Sommerpause in einem Nachtragshaushalt umgesetzt werden. Das reicht aber nicht. Aktuell betragen die Eigenkapitalanforderungen beim Bau von Wärmenetzen rund 30 bis 50 Prozent. Es braucht also auch zusätzliches Eigenkapital Die Stadtwerke sind mit Blick auf die weiteren Transformationsaufgaben wie den Ausbau von Stromverteilnetzen und den Erhalt der bestehenden Infrastrukturen bilanziell nicht in der Lage, die großen Investitionen in neue Wärmenetze in kurzer Zeit zu realisieren. Die Gemeinden oder Genossenschaften verfügen in der Regel über noch weniger Eigenmittel. Deshalb wollen wir zum Bau von Wärmenetzen zusätzliches Eigenkapital im Umfang von zwei Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Die Mittel dafür können durch einen Transformationsfonds mobilisiert werden.



17.08.2023 1 Die Wärmewende muss landesweit koordiniert werden Es ist ein Fehler, die Verantwortung für die Wärmeplanung allein an die Kommunen zu übertragen. Viele Daten zum Gebäudebestand und den Heiztechnologien liegen bereits zentral vor. Sie könnten direkt durch das Land verarbeitet werden. So kann das Land auch Kriterien als Grundlage für die Entscheidung über die Wärmelösung definieren. Zudem braucht es für die Hebung von Synergien und Skaleneffekten eine überörtliche Planung, die nur durch das Land übernommen werden kann. Es ist viel effizienter, wenn Städte auch ihr Umland über Wärmeleitungen an ihre großen Wärmequellen anschließen. Diese größeren Systeme sind durch Sektorenkopplung auch viel besser in der Lage, den Stromverbrauch und die Nutzung der Netze im Land zu optimieren und können so in Zukunft Geisterstrom vermeiden. Es ist aber unwahrscheinlich, dass diese Chancen genutzt werden, wenn jede Kommune nur auf die eigene Situation schaut. Der Prozess der Wärmeplanung muss deshalb durch das Land moderiert werden. Die Zeit drängt, weil die Potentiale für Synergien immer kleiner werden, wenn einzelne Gemeinden beginnen, ihre eigenständig entwickelten Insellösungen umzusetzen.
Das Land muss eine Landesinfrastrukturgesellschaft für die Wärmwende gründen Viele ehrenamtlich geführte Gemeinden sind mit der Wärmeplanung und dem Bau großer neuer Infrastrukturen überfordert. Die Kapazitäten bei spezialisierten Beratungsunternehmen und Architekturbüros sind teuer und auf Jahre ausgelastet. Deshalb muss das Land in Form einer neuen Infrastrukturgesellschaft in die Verantwortung gehen. Als "Stadtwerk des Landes" hilft sie dort, wo es keine ausreichenden kommunalen, genossenschaftlichen oder privaten Strukturen zum Ausbau von Wärmenetzen gibt. Diese Infrastrukturgesellschaft unterstützt die Kommunen und strukturiert den landesweiten Ausbau der nachhaltigen Wärmeinfrastruktur. Je nach den örtlichen Gegebenheiten übernimmt sie unterschiedliche Aufgaben. Dazu gehört die Beratung von Gemeinden und Genossenschaften, die Finanzierung von Wärmenetzen, die operative Umsetzungsbegleitung und in Ausnahmefällen auch der Bau in eigener Trägerschaft.
Wärmenetze müssen durch die Bundesnetzagentur reguliert werden Bei einem Wärmenetz handelt es sich um ein natürliches Monopol. Die Kundinnen und Kunden sind in langfristigen Verträgen gebunden. Es gibt keine Konkurrenz innerhalb des Netzes und ein Wechsel des Wärmeanbieters ist in der Regel nicht möglich. In Dänemark unterliegen Wärmenetze deshalb dem Gemeinnützigkeitsgebot. Denselben Anspruch haben wir an die Wärmenetze in Deutschland. Das können wir mittels einer Regulierung der Bundesnetzagentur erreichen. Sie muss folgende Aufgaben übernehmen: 1. Die Kalkulationsgrundlage des Wärmepreises transparent machen und kontrollieren, dass keine überzogenen Preise gefordert werden, 2. Die Struktur und Verlässlichkeit der Dekarbonisierungspläne der Wärmeanbieter prüfen und fortlaufend kontrollieren, 3. Die Verpflichtung zum effizienten Betrieb des Netzes und der Wärmeproduktion durchsetzen. Diese umfangreichen Transparenzanforderungen müssen gesetzlich festgeschrieben und die Bundesnetzagentur zu ihrer Durchsetzung ermächtigt werden.
17.08.2023 2 Die Finanzierungsbedingungen für Wärmenetze müssen im Dialog mit der Kreditwirtschaft verbessert werden Aktuell drohen Wärmenetze trotz funktionierendem Geschäftsmodell an der Finanzierung zu scheitern. Das Geschäftsfeld ist in vielen Regionen neu und es fehlt an Modellen zur Risikoabschätzung. Banken bieten deshalb Finanzierungen für zu kurze Zeiträume an, das verbaute Netz selbst wird nicht als Sicherheit anerkannt und die Eigenkapitalanforderungen sind mit bis zu 50 Prozent enorm hoch. Es braucht einen strukturierten Dialog der Landesregierung mit den Sparkassen sowie den genossenschaftlich organisierten und privaten Banken, um die Voraussetzungen für bessere Finanzierungsbedingungen zu ermitteln und umzusetzen. Denkbar wäre die Schaffung von Kompetenzzentren für die Finanzierung von Wärmenetzen. Unser Ziel ist die Wertschöpfung im Land zu halten.
Die Wärmewende muss im Quartier gedacht und organisiert werden Die Kapazitäten im Handwerk sind ein entscheidender limitierender Faktor für das Tempo bei der Wärmewende. Auf dem bisherigen Pfad ist es mit den vorhandenen Betrieben unmöglich, die Klimaziele im Wärmebereich bis 2045 oder gar 2040 zu erreichen. Die Geschwindigkeit der Sanierung ist zu gering. Die Logik der Förderung muss deshalb grundsätzlich geändert werden. Es ist ein Fehler, einzelne Häuser energetisch besonders gut zu optimieren und dafür hohe Ressourcen aufzuwenden. Viel sinnvoller ist es, in einem Quartier diejenigen Maßnahmen zu identifizieren, die mit dem geringsten Einsatz an Kapital und Arbeitszeit die größte Einsparung an Energieverbrauch ermöglichen. Hierfür muss das Land ein Bündnis mit dem Handwerk und den Gemeinden schließen. Gemeinsam müssen die jeweiligen örtlichen Strukturen analysiert und auf dieser Grundlage gemeinsame Investitions- und Sanierungspläne verabredet werden.

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