Martin Habersaat: Lücken bei Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit für Lehrkräfte
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 1 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de PRESSEMITTEILUNG #624–19.07.2023Martin Habersaat Lücken bei Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit für Lehrkräfte Im Jahr 2019 legte eine Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion Schwachstellen in den Bereichen Ar- beitsmedizin und Arbeitssicherheit auch an den Schulen in Schleswig-Holstein offen. Damals wies auch der Hauptpersonalrat (HPR) auf dringende Handlungsnotwendigkeiten und lange bekannte Versor- gungslücken hin. Passiert ist allerdings wenig, wie Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, jetzt mit zwei Kleinen Anfragen an das Bildungsministerium aufdeckte. Er sagt dazu:„Die Große Anfrage und die HPR-Stellungnahme 2019 waren ein Weckruf, der leider vollkommen ver- hallt ist. Damals beklagte der HPR Versorgungslücken, fehlende Schulungen und Schwierigkeiten, Kon- takt zur Betriebsärztin aufzunehmen. Es wurde berichtet, dass Gefährdungsbeurteilungen zum Teil voll- ständig fehlten, es Schulleitungen an notwendiger Unterstützung mangelte und neben langen Wartezei- ten für Beratung oder Termine zusätzlich unklare Zuständigkeiten zwischen Arbeitgeber (Land) und Schulträger (Kommunen) vorlägen. Die Chance, Schwachstellen zu beseitigen und den Pflichten eines Arbeitgebers nachzukommen, der glaubhaft für Prävention und Gesundheitsschutz der Lehrkräfte ein- tritt, hat das Land leider verstreichen lassen. Weder eine systematische Evaluation, noch eine Überprü- fung oder Dokumentation des damaligen Status Quo fanden statt. Vor dem Hintergrund der stetig stei- genden Herausforderungen, vor denen die Lehrkräfte in Schleswig Holstein stehen, ist das schlicht zu wenig.Für rund 28.000 Beschäftigte an knapp 800 Schulen sind Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Die Zuständigkeit für die Arbeitssicherheit sieht das Land, obwohl Arbeitgeber, allein bei den Schulträgern. Für die Arbeitsmedizinische Betreuung der Schulen stehen im Jahr 2023 456.000 Euro zu Verfügung, laut Erläuterung im Haushalt allerdings nicht nur für die arbeitsmedizinische Betreuung der an den öffentlichen Schulen tätigen Lehrkräfte, sondern auch für weitere Sachkosten, z.B. für Bild- schirmarbeitsplatzbrillen, Sicherheitsschuhe, Impfungen und ähnliches. Ob das reicht, ist ebenso zwei- felhaft, wie die Frage, ob die vorgesehenen 4.700 Stunden arbeitsmedizinischer Betreuung für die ge- samte arbeitsmedizinische Versorgung der 28.000 Lehrkräfte an über 800 Schulen des Landes ausrei- chen. Die Vorschriften der DGUV verlangen mindestens 0,2 Stunden im Jahr pro Beschäftigtem – allein in der Grundbetreuung. Die besonderen Anforderungen an den Beruf der Lehrkräfte, Umstellungen im Schulalltag, Digitalisierung, Inklusion und Integration sowie Personalmangel etc. sind darin also noch gar nicht abgebildet – denn hierfür gibt es die betriebsspezifische Betreuung.Die Verantwortung schiebt die Landesregierung den einzelnen Schulleitungen zu, ohne die notwendi- gen zeitlichen und finanziellen Ressourcen mitzuliefern. Die Schulleitungen tragen laut Ministerium als DienststellenleiterInnen die Verantwortung für die Umsetzung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschrif- ten. Ob für diese wichtige Aufgabe ausreichend finanzielle und zeitliche Ressourcen sowie die notwen- digen Handlungsspielräume zur Verfügung gestellt werden und ob die an den Schulen tätigen Kollegen diese Aufgaben überhaupt erfüllen (können), dazu schweigt das Ministerium. Offenbar will es dies auch gar nicht so genau wissen – denn im Gegensatz zu jedem privatwirtschaftlichen Arbeitgeber, der zu jedem Zeitpunkt auskunftsfähig sein muss, dem Dokumentations- und Kontrollpflichten unter Andro- hung hoher Strafen auferlegt werden, erwartet das Ministerium, dass die eigenen Mitarbeiter durch die staatliche Arbeitsschutzbehörde kontrolliert werden – ob und wann das jemals geschehen ist, darüber kann das Ministerium keine Auskünfte treffen. Es ist ein bisschen so, als warte man darauf, dass die Polizei einen schon irgendwann auf die abgelaufene TÜV-Plakette am eigenen Auto hinweisen wird… 1 Für Land und Ministerium müssen dieselben Regeln gelten, wie für jeden anderen Unternehmer auch – die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer*innen zu schützen und zu bewahren, ist eine der wich- tigsten Pflichten eines Arbeitgebers – und die Art, wie dies umgesetzt wird, sagt viel über die Wert- schätzung aus, die den Arbeitnehmer*innen und ihrer wichtigen Aufgabe, der Bildung unserer Kinder und Jugend, entgegengebracht werden.“Material: Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/01700/drucksache-19-01756.pdfStellungnahme des HPR https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/umdrucke/04100/umdruck-19-04153.pdfKleine Anfragen 20/1094 und 20/1095 2