Marc Timmer zu TOP 13: Eine Entlastung im Strafvollzugsdienst tut bitter Not
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 16. Juni 2023Marc Timmer: Eine Entlastung im Strafvollzugsdienst tut bitter Not TOP 13: Stärkere Einbindung der Gerichtshilfe und freier Träger bei Ersatzfreiheitsstrafen (Drs. 20/946)„Ersatzfreiheitsstrafe durch aufsuchende Beratung zu verhindern könnte einen kleinen, aber nicht ausreichenden Beitrag zur Entlastung der Beschäftigten im Justizvollzug leisten. Wenn ich Schwarzfahrer wäre, dann wäre ich es nicht aus Freude am Schwarzfahren. Dann hätte ich finanzielle Nöte. In vielen Fällen können mehrfach erwischte Schwarzfahrer aufgrund ihrer ohnehin schon prekären Situation ihre Geldstrafe nicht ableisten. Und wenn die Geldstrafe nicht abgeleistet werden kann, geht’s in den Knast.Die Bundesregierung hat diese Systematik richtigerweise unterbrochen. Wenn Ersatzfreiheitsstrafe ansteht, so wird ihre Dauer im Vergleich zu früher halbiert. Und - die Ersatzfreiheitsstrafe kann durch soziale Arbeit abgelöst werden. Dies ist - zugegeben - nicht der ganz große Wurf. Es geht aber in die richtige Richtung.Der Antrag setzt hieran an. Vor der Anordnung der Ersatzfreiheitsstrafe sollen Mitarbeitende der Gerichtshilfe oder der Träger der Straffälligenhilfe die Betroffenen aufsuchen und beraten. Dies finde ich gut. Dies verstärkt die positiven Effekte der bundesgesetzlichen Regelung.Effekt 1: Vielleicht kann in einigen Fällen die Ersatzfreiheitsstrafe tatsächlich vermieden werden. Gut für die Betroffenen, denn auch das Gericht hatte eine Haftstrafe für nicht tat- und schuldangemessen gehalten.Effekt 2: Der Justizvollzug könnte in begrenztem – aber längst nicht ausreichendem - Umfang entlastet werden. Eine Entlastung im Strafvollzugsdienst tut bitter Not. Die Arbeitsbelastungen steigen. Die Bediensteten sind Gefangenen ausgesetzt, die vermehrt unter psychischen Erkrankungen leiden, gewaltbereiter sind. Bei der Belegschaft gibt es einen hohen Krankenstand. Das Personal ist knapp, Nachwuchs nur schwierig zu finden. Die Ausstattung im 1 Justizvollzug ist in Teilen ungenügend und die Weiterbildung stockt. Aus einer kleinen Anfrage meines Kollegen Niclas Dürbrook und mir ergibt sich: In der JVA Kiel darf weniger als die Hälfte der Vollzugsbeamten eine Waffe tragen, weil es Engpässe beim Schiesstraining gibt. Nur noch 12% der Beschäftigten in der JVA Neumünster können eine Fortbildung zum Umgang mit Pfefferspray belegen. Und bei der gesetzlich vorgesehenen Vollzugsplanung für Strafgefangene hängen die Anstalten hinterher. Die „soziale Sicherheit“ in den Justizvollzugsanstalten ist nicht mehr in ausreichendem Maße gegeben.Darüber hinaus wünschen sich viele Bediensteten im Justizvollzug angesichts steigender Belastungen eine höhere Besoldung. Auch eine 41 Stunden Woche scheint angesichts einer Diskussion über die vier-Tage-Woche nicht mehr zeitgemäß.Die Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen kann hier nur einen kleinen Beitrag leisten. Die Entlastung auf der einen Seite bedeutet aber in jedem Fall Aufwand auf der anderen Seite. Die Gerichtshilfe sowie Träger der Straffälligenhilfe müssen in die Lage versetzt werden, die aufsuchende Beratung auch tatsächlich erfüllen zu können. Es ist nicht immer leicht, die Betroffenen anzutreffen, es muss gesprochen, auch dokumentiert werden.Wer A sagt, muss also auch B wie Budget sagen. Wurde der zusätzliche Aufwand berechnet? Ende 2021 verbüßten immerhin 10% der Gefangenen in Schleswig-Holstein eine Ersatzfreiheitsstrafe. Hier ist die Landesregierung in der Pflicht, den zusätzlichen Aufwand in ihrer Haushaltsplanung durch entsprechende Zuschüsse und Personalmaßnahmen zu berücksichtigen. Darauf werden wir achten. Dem Antrag stimmen wir zu. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“ 2