Birte Pauls zu TOP 15,28,43+44: Unsere Minderheiten bereichern unser gesellschaftliches Zusammenleben
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 14. Juni 2023Birte Pauls: Unsere Minderheiten bereichern unser gesellschaftliches Zusammenleben TOP 15,28,43+44: Stärkung der Wissensvermittlung zu den vier nationalen Minderheiten und der Sprecher:innengruppe Niederdeutsch, Schutz und Förderung der autochthonen Minderheiten sowie Berichte zur Förderung der Nachbarsprache Dänisch und zur Einrichtung von 20 Partnerschaften zwischen deutschen und dänischen Oberstufenschulen (Drs. 20/991(neu), 20/1068(neu), 20/260 (neu), 20/730, 20/230)„Im März 2018 hat der Landtag auf Initiative des SSW und der SPD einstimmig eine Bundesratsinitiative beschlossen, die die Aufnahme der nationalen Minderheiten in das Grundgesetz zum Ziel hatte. Nach eingehenden Beratungen und Anhörungen in den Fachausschüssen hat die Landesregierung zusammen mit den Ländern Sachsen und Brandenburg einen Antrag auf Entschließung in den Bundesrat eingebracht. Der Antrag ist seit dem 11.10.2019 von der Tagesordnung des Bundesrates abgesetzt und nicht abschließend entschieden.Wir Sozialdemokraten finden, dass es jetzt endlich an der Zeit ist, diesen Antrag zu einem positiven Beschluss zu führen und fordern die Landesregierung erneut dazu auf, sich aktiv dafür einzusetzen. Ziel ist es, dass die Identität der autochthonen Minderheiten und Volksgruppen vom Staat geachtet und gewahrt werden soll. Es reicht allerdings nicht, das Grundgesetz dahingehend zu ändern, sondern es muss auch mit Leben erfüllt werden.Fragt man einen Bayern nach der dänischen Minderheit, erntet man höchstwahrscheinlich Schulterzucken. Die einzige in Bayern lebende nationale Minderheit sind die Sinti und Roma. Aber ich bezweifle, dass das Wissen um diese Minderheit in der breiten Bevölkerung groß ist. Wir in Schleswig-Holstein sind in einer besonders schönen Situation. Wir sind das einzige Bundesland, in dem gleich 3 autochthone Minderheiten und Volksgruppen zu Hause sind. Die dänische Minderheit, die deutschen Sinti und Roma und die friesische Volksgruppe. Die deutsche Minderheit in Dänemark denken wir gleich mit. Das ist ein kultureller Reichtum und eine Einzigartigkeit, auf die wir sehr stolz sind. Dieser Reichtum muss aber auch gepflegt werden. Die Minderheiten haben zwar eine ganz besondere Geschichte, aber sie sind auch 1 Gegenwart. Ihr Leben bereichert unser gesellschaftliches Zusammenleben. Umso wichtiger ist es doch, dass wir um das Leben der Minderheiten und ihre Geschichte wissen. Das passiert bestenfalls in der Schule und genau dazu hat Deutschland sich mit der Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen verpflichtet.Allerdings wurde während der Bund-Länder-Konferenzen zur Umsetzung des Rahmenübereinkommens und der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen (13.04.21 und 29.11.22.) allzu deutlich, dass wir weiterhin ein erhebliches Implementierungsdefizit haben was die Wissensvermittlung angeht.Laut Aussage der Länder wird maximal das Wissen über die in dem jeweiligen Land lebenden Minderheiten und Sprechergruppen z.B. Niederdeutsch vermittelt. Aber die Themen „Autochthone Minderheiten“ bzw. „Minderheiten- und Regionalsprachen“ werden in den allgemeinbildenden Schulen nicht behandelt. Auch hier bei uns gibt es erhebliche Lücken. Ich habe einige Lehrkräfte im Land gefragt. Im nördlichen Landesteil ist die dänische Minderheit natürlich überall präsent und auch die Friesische Volksgruppe ist erkennbar. Aber ist ihre Geschichte Teil des hier stattfinden Unterrichts an den deutschen Schulen? Nein. Und je südlicher wir kommen, desto weniger weiß man um unsere Minderheiten und die Volksgruppe der Friesen. Auch mit der Geschichte der Sinti und Roma kommen Schülerinnen und Schüler nur per Zufall an außerschulischen Lernorten wie Ausstellungen oder Gedenkstätten in Kontakt. Aber Teil des Unterrichtes ist diese Wissensvermittlung nicht.Das bestätigt auch die Antwort der Landesregierung auf meine kleine Anfrage (Drucksachennummer 20/714). Antwort: Handreichungen und/oder Curricula liegen in diesem Zusammenhang noch nicht vor. Der Bericht zur Nachbarsprache Dänisch zeigt Handlungsbedarf auf: die Zahl der Dänisch lernenden Schülerinnen und Schüler nimmt ab. Das wird auch in dem aktuellen Handlungsplan der Landesregierung thematisiert.Da verwundert die Aussage von Minister Madsen, der anscheinend dringend Nachhilfeunterricht in Sachen Minderheitenschutz benötigt. Er meinte in Bezug auf den Fachkräftemangel, die Institutionen der dänischen Minderheit mit Kopenhagener Hotelrezeptionen vergleichen zu können, und dass es egal sei, in welcher Sprache Mathematik unterrichtet wird. Diese Form der Assimilation wäre der schleichende Tod der Minderheitensprachen. Die Sprache ist das Herz der Minderheiten. Sie zu pflegen ist Aufgabe der Minderheiten. Sie zu fördern ist unsere politische Aufgabe. Und auch da sehen wir noch Luft nach oben.“ 2