Martin Habersaat: Übergang von der Kita zur Grundschule: Der Umfang der Erkenntnisse entspricht nicht der Zahl der zuständigen Ministeri(nn)en
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 1 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de PRESSEMITTEILUNG #596–08.06.2023Martin Habersaat: Übergang von der Kita zur Grundschule: Der Umfang der Erkenntnisse entspricht nicht der Zahl der zuständigen Ministeri(nn)en Auf Antrag von SPD und SSW hat die Landesregierung einen schriftlichen Bericht zum Übergang von der Kita in die Grundschule vorgelegt. Die beiden Fraktionen hatten zahlreiche Fragen gestellt, um die Chancen von Kindern in Schleswig-Holstein in dieser wichtigen Phase besser beurteilen zu können. Martin Habersaat, der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, sieht zu viele blinde Fle- cken trotz dreier zuständiger Ministerien:„Der Übergang von der Kita in die Grundschule ist ein entscheidender Zeitpunkt für die Bildung unserer Kinder. Was hier nicht funktioniert, können viele Grundschüler kaum aufholen. In Schleswig-Holstein liegt vieles im Argen, wie zuletzt zahlreiche Studien zeigten. Zunehmend wird das Fehlen eines Grund- wortschatzes bei einzuschulenden Kindern beobachtet. Andererseits zeigen Länder wie Hamburg, dass ein funktionierender Übergang geeignet ist, dem Ziel der Bildungsgerechtigkeit zumindest näherzu- kommen. Damit die Förderung der Kinder von der frühkindlichen Bildung bis zur Schule durchgängig gelingt, ist neben dem Elternhaus eine enge Verbindung zwischen Kita, Grundschule, Förderzentrum und Jugendhilfeträger wichtig.In Schleswig-Holstein sind für diesen Übergang nicht weniger als drei Ministerien zuständig: Die Kitas und ihr Bildungsauftrag werden vom Sozialministerium verantwortet, für die Schulen ist das Bildungs- ministerium zuständig und für die Schuleingangsuntersuchungen das Ministerium für Justiz und Ge- sundheit zusammen mit den Gesundheitsämtern der Kreise. Weil die Kinder mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen starten, ist es eine wichtige Aufgabe der Grundschulen, sie alle ausgehend von ihrem jeweils unterschiedlichen Entwicklungsstand in den basalen sprachlichen, mathematischen und sozial- emotionalen Kompetenzen individuell zu fördern. Das gelingt umso besser, je besser die Vorarbeit im Kindergarten ist und je besser darauf aufgebaut werden kann.Aber genau hier hakt es an verschiedenen Stellen:• Manche Kinder besuchen gar keine Kindertageseinrichtung. Über Gründe, aus denen Kinder in Schles- wig-Holstein keine Kindertageseinrichtung besuchen, liegen für Schleswig-Holstein keine Daten vor. (S.14)• Grundschulen und Kitas sollen Kooperationsvereinbarungen haben. Weil es im Gesetz steht, geht das Ministerium davon aus, dass diese vorhanden sind. Inhaltliche Vorgaben oder landesweite Qualitätssi- cherung gibt es nicht. Die Inhalte in den vor Ort getroffenen Kooperationsvereinbarungen variieren. Über Art und Umfang des Informationsaustausches zwischen den einzelnen Kitas und Grundschulen liegen keine Informationen vor.• Regelmäßige, gegenseitige Besuche und Hospitationen der Fachkräfte der Kindertageseinrichtungen und der Lehrkräfte sind zulässig, über konkrete Kinder dürfen die pädagogischen Fachkräfte dabei lei- der nicht sprechen. (S.11). Für die Form des Informationsaustauschs stehen keine landesweiten Stan- dardsetzungen zur Verfügung. 1 • Die Förderzentren sind für vorschulische Prävention zuständig. Dafür stehen 49 Vollzeitstellen zur Verfügung. Wie viele Kinder fördern diese in welchen Schwerpunkten? Das weiß leider keines der drei beteiligten Ministerien. Eine statistische Erhebung, wie viele Kinder vorschulisch gefördert worden sind und wie sich die Lehrerwochenstunden inhaltlich auf die einzelnen möglichen Förderbedarfe beziehen, liegt nicht vor.• Eines der Hamburger Erfolgsrezepte ist die Sprachstandserhebung bei 4 1/2jährigen. Die Sprachstand- serhebung in den Kitas in Schleswig-Holstein erfolgt „einrichtungsspezifisch“ - als je nach Kita und Träger unterschiedlich. Es gibt kein festgelegtes Diagnoseverfahren. Und so schwankt dann auch je nach Kreis oder kreisfreier Stadt die Zahl der Kinder in Sprachförderkursen im Schuljahr 2021/22 heftig: zwischen 2 (Lübeck) oder 12 (Kiel) bis zu 347 (Rendsburg-Eckernförde) oder 361 (Pinneberg). (S.S10).• Aktuelle Daten zur Schuleingangsuntersuchung für den Untersuchungsjahrgang 2021/22 liegen noch nicht vor. Erst Ende 2023 soll ein Bericht erscheinen. 2019/20 und 2020/21 haben die Schuleingangsun- tersuchungen nicht flächendeckend stattgefunden.• Die ersten zwei Jahrgangsstufen legen die Basis für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Viele Schulen organisieren eine jahrgangsübergreifende Eingangsphase (JÜL), um den unterschiedlichen Vorausset- zungen gerecht zu werden. Während das in Nordfriesland und Flensburg beispielsweise die Regel ist, kommt es in Stormarn und dem Kreis Herzogtum Lauenburg praktisch nicht vor. (S.24). Warum?An zu vielen Stellen lautet die Antwort: Wir wissen es nicht. Wer allerdings Lösungen entwickeln und die Chancen von Kindern verbessern will, muss erst hinsehen und dann handeln. Schleswig-Holstein leistet sich allzu viele statistische und konzeptionelle Lücken, die geschlossen werden müssen. Wir haben Kitas und Schulen, die Großartiges leisten und die in landesweite Konzepte eingebunden werden soll- ten. Es reicht, punktuell um Perspektivschulen herum zu testen. Datenschutz muss dem Wohl der Kin- der dienen und darf diesem nicht im Wege stehen. Klar ist auch: Wer 4 1/2jährige zu Fördermaßnahmen in der Kita verpflichtet, wird diese kostenlos anbieten müssen. Schleswig-Holstein hat viel zu tun!“Material:Bericht der Landesregierung zum Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule (Druck- sache 20/931, auf Antrag von SPD und SSW):https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/drucks/00900/drucksache-20-00931.pdfLeitfaden „Den Übergang gestalten“:https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien- behoer- den/VIII/Service/Broschueren/Broschueren_VIII/Kita/UebergangGestaltenKitaSchule.pdf?__blob=publi cationFile&v=2 2