Nelly Waldeck zu Innenstädten
PresseinformationEs gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 40 – Wie unsere Innenstädte zu Zentren zum Arbeiten, Wohnen und Erleben werden Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt die Abgeordnete der Landeshaus Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Nelly Waldeck: Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de Nr. 160.23 / 12.05.2023Die Zukunft unserer Innenstädte ist grünSehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,ein Einzelhandelsgeschäft mitten in der Innenstadt, das war vor wenigen Jahren noch eine Premiumlage. Heute stehen viele Geschäfte in der Kieler Holstenstraße leer. Und nicht nur dort. Überall im Land verwaisen unsere Innenstädte sichtbar. Ich freue mich deswegen, dass wir das Thema Innenstädte so kurz vor der Kommunalwahl diskutieren. Denn es sind gerade die Kommunen, die diesen Strukturwandel bewältigen müssen.Der digitale Wandel fordert den stationären Einzelhandel bereits seit Jahren heraus. Längst hat sich das Einkaufsverhalten vieler durch das Onlineshopping massiv verändert. Mal eben in die Stadt, um dies oder das zu erledigen, das geht heute online oft einfach und effizient. Gerade der Bedeutungsverlust großer Multifunktionszentren wie Karstadt bestätigt diese Entwicklung.Diesen Wandel zu akzeptieren, ist nicht leicht und er tut vielen weh. Das verstehe ich. Doch wir können und wollen diesen Wandel nicht aufhalten. Die Anforderungen an un- sere Zentren haben sich verändert und wir müssen Wege finden, um den Bedürfnissen der Bürger*innen gerecht zu werden. Viele Unternehmer*innen haben das bereits ver- standen und reagieren mit neuen Konzepten.Innenstädte sollen Erlebnisse bieten und der Naherholung dienen. Wie dies Realität wer- den kann, darauf müssen wir jetzt Antworten finden. Der Runde Tisch Einzelhandel aber auch Beteiligungsprozesse auf kommunaler Ebene zur Entwicklung der Ortszentren sind hier von entscheidender Bedeutung.Wollen wir mehr Büros in der Stadt? Mehr Orte für Veranstaltungen zum Erleben von Kultur? Mehr Gesundheitsversorgung oder Bildungsorte? Mehr Gastronomie oder Seite 1 von 2 Hotelgewerbe? Das sind nur einige der Fragen, mit denen wir umgehen müssen.Große Städte wie Barcelona, Amsterdam oder Kopenhagen zeigen, dass es auf die rich- tige Mischung ankommt: Kieze, in denen gearbeitet, gelebt, eingekauft, Sorgearbeit erle- digt und Freizeit sowie Kultur erlebt werden kann, blühen auf. Diese Städte können Vor- bilder für uns sein, und das selbst für die kleinsten unserer Innenstädte.Was möglich ist, können wir aber auch direkt vor unserer Tür beobachten. Die Umgestal- tung des Holstenfleet oder das Wohnen am Ufer der Hörn in Gaarden, der „Beach Club“ auf dem Marktplatz in Heiligenhafen oder PopUp-Stores und CoWorking-Spaces in Heide – viele Kommunen im Land sind mutig und experimentieren. Genau diese Einstellung braucht es.Doch die Mischnutzung der Zentren hat noch mehr Vorteile: Die 15 Minuten Stadt ist das Stichwort. Wenn die Belange des alltäglichen Lebens an einem Ort gebündelt sind, muss weniger Zeit für Mobilität aufgebracht werden. Das steigert nicht nur die Zeit im Kiez und damit die Belebung der Innenstadt, sondern auch die Lebensqualität und die Luftqualität in den Zentren. Dafür braucht es aber Verkehrsberuhigung und nicht - wie die FDP aktuell wieder fordert - die autogerechte Ausgestaltung unserer Innenstädte und das Anlocken mit kostenfreien Parkplätzen.Unsere Städte müssen heute Alleskönner sein. Stadtplanerische Grundsätze, die einst galten, sind längst überholt. Und das bringt auch seine Herausforderungen mit sich. Woh- nen und Arbeit wurde planerisch über Jahre getrennt. Diesen Grundsatz zu ändern und in Mischnutzung zu verwandeln, ist aufwändig.Das Städtebauförderprogramm kann hier wichtige Arbeit leisten. Jedoch nur dann, wenn es gezielt eingesetzt wird und einem integrativen Ansatz folgt. Und auch das Innenstadt- programm nach Corona war dafür ein wichtiger Schritt. Die aufgezählten Beispiele bele- gen das.Doch die Mischnutzung bringt auch Konflikte mit sich, die politisch begleitet werden müs- sen. Orte der Begegnung sind selten geräuschlos. Zu lebendigen Innenstädten gehören auch belebte Bars, Draußenveranstaltungen und natürlich Clubs. Gerade nach der Corona-Pandemie stehen viele lebendige Orte in der Kritik, weil ihre Lautstärke nicht mehr geduldet wird. Die Konsequenz darf nicht das Sterben der Clubs in den Innenstäd- ten sein. Verschiedene Interessen innerhalb des Stadtgeschehens gilt es deshalb auch bei dem Thema Lärmschutz in Einklang zu bringen. Deswegen muss die „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ modernisiert werden. Hier wollen wir gemeinsam mit dem Bund vorangehen.Nicht zuletzt müssen wir insbesondere auch die Belange der klimaangepassten Städte in den Zentren mitdenken. Die heißen Sommer und Hitzewellen der vergangenen Jahre haben uns vor Augen geführt, wie wichtig Frischluftschneisen und die Begrünung unserer Zentren sind.Gerade dies muss auch bei der Neugestaltung von Plätzen mitgedacht werden. Die Zu- kunft unserer Innenstädte ist grün. Nur so können wir Innenstädte zu Zentren verwandeln, in denen wir gern leben, arbeiten, einkaufen und Kultur erleben.Vielen Dank. *** 2