Marc Timmer zu TOP 15: Auch ich habe wahrscheinlich PFAS im Körper
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 10. Mai 2023Marc Timmer: Auch ich habe wahrscheinlich PFAS im Körper TOP 15: Gesundheit schützen - nationaler Aktions- und Handlungsplan gegen PFAS (Drs. 20/803, AltA 20/997) „Vorgestern habe ich neue Schuhe für meinen Sohn gekauft. Der Verkäufer fragte mich, ob ich die Schuhe imprägnieren möchte. Als ich Kind war wurde im Schuhgeschäft gesprüht, später draußen vor der Tür. Inzwischen ist es ein Vorgang in einer abgeschlossenen Box und kostet fast 5 EUR. An mehr als 1500 Orten lassen sich in Deutschland per- und polyfluorierte Chemikalien – kurz PFAS - nachweisen, in Schleswig-Holstein sind es fast 60 Orte – bislang. PFAS wird auch Ewigkeitschemikalie genannt. Wenn ich mich untersuchen ließe, wäre ein wahrscheinliches Ergebnis: Auch ich habe PFAS im Körper. Sie vielleicht auch.PFAS wird industriell hergestellt. Bei Konsumgütern kommt es beispielsweise in Farben, Leder- und Textilbeschichtungen, (Outdoor-)Kleidung, Teppichen, Verpackungen, Pfannen, Boden- und Autopflegemitteln, Klebeetiketten oder Fast-Food-Verpackungen zur Anwendung. In der Industrie werden PFAS in einer Reihe von Spezialanwendungen eingesetzt. PFAS sind langlebig, klein und wandern. Die Beständigkeit der Verbindung zwischen Kohlenstoff und Fluor ist Stärke und Herausforderung zugleich. Sie stellt ein ernstes Problem für die Umwelt dar: Selbst in Polarregionen und in der Tiefsee wurden sie nachgewiesen. Sie finden sich weltweit in Fischen, Wildtieren, Milch und zahlreichen anderen Lebensmittel. Auch im Blut oder der Muttermilch wurde es nachgewiesen. Die Anreicherung erfolgt nicht im Gewebe, sondern in Organen wie der Leber. Bestimmte PFAS schädigen Studien zufolge das Hormon- und Immunsystem, stören den Fettstoffwechsel, verringern die Fruchtbarkeit oder können Krebs erzeugen. Das ist alarmierend.Der Mensch nimmt PFAS über Lebensmittel oder die Luft auf. Ich denke wieder an meine Kindertage und einige Schuhkäufe mit meiner Mutter. Als Verbraucherschützer stellt sich die Frage nach der Kennzeichnungspflicht. Diese gibt es für die meisten Produkte mit PFAS derzeit noch nicht. Es gibt jedoch Hersteller, die mit PFAS-freien Produkten werben. Doch auch hier ist 1 Vorsicht geboten. Das bedeutet oft nur, dass bestimmte Einzelstoffe von 10.000 PFAS nicht enthalten sind.Was sind also erforderliche politische Maßnahmen? Was tut die Bundesregierung? Was passiert auch EU-Ebene? Deutschland setzt sich gemeinsam mit Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden für eine Beschränkung von 10.000 PFAS ein. Sie haben im Februar ein Beschränkungsverfahren bei der Europäischen Chemikalienagentur eingeleitet. Dies ist richtig und gut.Wie geht das EU-Verfahren weiter? Ab Veröffentlichung kann jeder innerhalb von 6 Monaten eine Stellungnahme abgeben. Der ECHA-Ausschuss zur Risikobeurteilung legt seine Position nach 9 Monaten dar, der ECHA-Ausschuss für sozioökonomische Analysen nach 12 Monaten. Danach ergeht ein Vorschlag der Europäischen Kommission Die endgültige Entscheidung wird unter Einbeziehung der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments gefällt. Derartige Fälle sind also klar auf EU Ebene geregelt. Kluge Köpfe sind eingebunden. Auch die Auswirkungen von Einschränkungen auf die Industrie werden mitgedacht. Gestern war Europatag. Ich finde, dies ist ein gutes Beispiel Europäischer Politik. Politischen Druck bedarf es aber natürlich trotzdem weiterhin. Dieser wächst, auch auf die Chemieindustrie. Nicht nur durch die Initiative der Bundesregierung, auch weltweit: 47 Fondsmanager, die zusammen für ein verwaltetes Vermögen von acht Billionen Dollar stehen, fordern die großen Chemie- Konzerne der Welt zur Transparenz auf.Klagen in den USA gegen den Einsatz von PFAS mehren sich. Chemieunternehmen stehen vor der Aufgabe, schnell auf PFAS-freie Verfahren umzustellen. Ersatzstoffe werden benötigt und müssen schnell entwickelt werden. Dies wird zu notwendigen erheblichen Investitionen in Produktentwicklung, den Aufbau neuer Produktionskapazitäten und Lieferketten sowie eventuell auch Kosten für Folgeschadenbeseitigungen (Polluter Pays Principle) führen. Der Innovationsdruck ist hoch. Vor diesem Hintergrund hat auch Schleswig-Holstein eigene Hausaufgaben. Es gilt, Einträge bei uns zu dokumentieren und diese – soweit möglich - zu beseitigen. Dies muss geplant und umgesetzt werden. Die Kostenfrage hierfür steht im Raum. Klar ist für uns als sozialdemokratische Partei, dass die Kommunen mit den PFAS Einträgen nicht alleine gelassen werden dürfen. Inwiefern ist die Industrie bei uns im Land betroffen? Was muss hier getan werden? Dieses Arbeitspaket richtet sich an den Wirtschaftsminister. Sie sehen, es gibt viel zu tun. Wir möchten einen Projektplan. 2 Übrigens, selbst der Sieger eines Tests von Imprägniersprays von Okö-Test wies kurzkettige PFC-Verbindungen auf. Ich werde als Verbraucher in Zukunft genauer darauf achten, ob PFAS in Produkten sind. Wie sieht es bei Ihnen aus?“ 3