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24.03.23
12:19 Uhr
SPD

Kai Dolgner zu TOP 6: Bei der Digitalisierung brauchen wir mehr Mut und weniger PR

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 24. März 2023
Kai Dolgner: Bei der Digitalisierung brauchen wir mehr Mut und weniger PR TOP 6: Gesetz zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes (Drs. 20/685)
„Die Digitalisierung Deutschlands kommt nur sehr schleppend voran. Wenn ich einen entsprechenden DeLorean in der DocBrown Edition oder eine Tardis hätte und mich selbst vor 37 Jahren in der von mir mitgegründeten Informatik-AG meiner alten Schule besuchen würde, dann würde mein Schülerego es vermutlich nicht glauben, dass vier Jahrzehnte später immer noch Papier zu den Behörden schleppen muss, voll mit Informationen, die der Staat bereits hat.
Während es von der Erfindung des Heimcomputers 1976 bis zum ersten grafikfähigen Webbrowser 1993 nur 17 Jahre gedauert hat, haben wir es im doppelten Zeitraum nicht geschafft, selbst einfache Verwaltungsdienstleistungen zu digitalisieren. Aber nun wird ja alles anders: So hat Minister Schrödter im Juli und Oktober Schnellläuferprojekte. Im März sollten die umgesetzt sein. Da habe ich dann mal nachgefragt. Ok dachte ich mir, fragst Du fünf Monate später einmal nach. Ihr Vorgänger, Minister Albrecht, neigte auch dazu Erfolge zu verkünden. Diese Erfolge schrumpften dann im Realitätscheck auf den elektronischen Angelschein. Tatsächlich wurde mir meine kleine Anfrage hin stolz verkündet, dass alle Schnellläuferprojekte im März abgeschlossen seien.
Nun hatte ich – misstrauisch wie ich bin - auch gefragt, was denn „umgesetzt“ nach Auffassung der Regierung so bedeutet. Und dann bekam ich Erstaunliches zu lesen. Von den 16 Schnellläuferprojekten seien 11 sogenannte Vorprojekte, die gar nicht direkt nutzbar seien, sondern die grundsätzliche Machbarkeit analysiert hätten. Ups, das hatte Minister Schrödter wohl vergessen bei seiner Öffentlichkeitsarbeit zu erwähnen. Das ist ungefähr genauso, als wenn meinen Sohn auf meine Frage ob er denn sein Zimmer aufgeräumt hat, antworten würde, dass er die grundsätzliche Machbarkeit des Aufräumens überprüft hätte. Ganze Ausredenwelten öffnen sich mit dieser brillanten Definition. Chapeauchen, Herr Minister. Verblieben noch fünf Umsetzungsprojekte. Vielleicht ist da etwas Brauchbares für Bürgerinnen und Bürger dabei? Vier der fünf Umsetzungsprojekte richteten

1 sich ausschließlich an Beschäftigte des Landesdienstes. Es gibt aber eine Ausnahme. Nein diesmal ist es nicht der Angelschein. Und leider auch nicht der digitale Führerscheintausch sondern etwas worauf sicher alle Bürgerinnen und Bürger des Landes und auch Sie dringend gewartet haben: Den online-Zugriff der Korrekturdaten des Satellitenpositionierungsdienst SAPOS der Vermessungsverwaltungen der Bundesländer!
Lieber Herr Minister Schrödter, liebe Koalition, so kommen wir doch nicht mit der Digitalisierung voran. Ich mache Sie doch gar nicht allein verantwortlich für die Misere. Sie sind aber sehr wohl verantwortlich für das laute Getöse mit denen sie ihre zukünftigen Erfolge ankündigen. Meinen Kindern sage ich immer, sie sollen mich erst holen, wenn sie tatsächlich aufgeräumt haben und von Ihnen wünsche ich mir, dass Sie erst Jubelpressekonferenzen machen, wenn Sie wirklich etwas vorzuweisen haben!
Drei Dinge brauchen Sie für eine erfolgreiche Digitalisierung: Geld, Personal und den richtigen gesetzlichen Rahmen. Mehr Geld haben Sie in diesen Haushalt gestellt. Mehr Personal haben Sie gestern wieder abgelehnt. Nun erhalten Sie die Gelegenheit für eine ambitioniertere Gesetzgebung. Im Kern beinhaltet er nur zwei Dinge. Die Abschaffung der Schriftformerfordernis und dass auch die unteren Landesbehörden ihre Akten zukünftig elektronisch führen. Ich habe das vor einem Jahr schon einmal beantragt. Heute habe ich aber mehr Hoffnung, weil der derzeitige Digitalisierungsminister im Gegensatz zu seinem Vorgänger auch inzwischen selbst fordert. Ok ganz im Stil der Landesregierung natürlich zunächst vom Bund.
Lieber Minister Schrödter, liebe Koalition: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es, wusste schon Erich Kästner. Geben Sie sich in den Ausschussberatungen einen Ruck und beseitigen Sie endlich auch im Landesgesetz ein wichtiges Digitalisierungshemmnis. Sie hätten es schon vor einem Jahr haben können.
Es kostet sie nichts, außer vielleicht die Überwindung einem Oppositionsgesetzentwurf zuzustimmen. Und hören Sie auf, dauernd irgendwelche PR Kulissen vor das Desaster zu schieben.
Ich finde es nämlich ein wenig ermüdend und unproduktiv die Kulissen immer wieder wegzuschieben. Lassen Sie uns gemeinsam endlich das tun, von dem alle eigentlich wissen, dass es getan werden muss, auch wenn es unbequem und anstrengend ist. Das ist das Aufräumen des Zimmers auch.“



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