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22.02.23
15:56 Uhr
B 90/Grüne

Malte Krüger zur Experimentierklausel für Schulen

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 36 – Gestaltungsräume für Schulen durch Experimen- Pressesprecherin tierklausel vergrößern Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der schulpolitische Sprecher 24105 Kiel der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Malte Krüger: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 053.23 / 22.02.2023
Gestaltungsräume schaffen für die Schule der Zukunft Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
Was ist eigentlich ein Treibhausgas? Wo liegt Hallig Hooge? Und wozu brauchen wir eigentlich die Bundesversammlung?
Das Wissen, das Unmengen von Schüler*innen früher vor allem in der Schule gelernt haben, trage ich heute in meiner Hosentasche mit mir herum. Meine Herausforderung ist immer seltener, die eine richtige Antwort auf eine Frage parat zu haben, sondern aus der unüberschaubaren Vielzahl der Antworten, die mir geboten werden – im Internet, wie anderswo – die richtige auszuwählen. Diejenige, die mir bei der Bearbeitung meines Problems hilft und bei der dann auch noch die Quelle seriös und verlässlich ist. Das muss Schule heute leisten. Sie soll neben Wissen auch Fähigkeiten – Zukunftskompetenzen – vermitteln und ein Ort sein, an dem junge Menschen Werte und Haltungen ausprägen.
Und auch die Probleme und Herausforderungen, vor denen ich, Sie, unsere Schüler*in- nen als Bürger*innen von morgen stehen, werden immer komplexer und passen oft nicht mehr in ein einzelnes Schulfach. Und die Probleme sind da: Klimawandel, der Verlust an Biodiversität, die Globalisierung, Kriege in Europa, eine immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich sind nur eine Auswahl an Themen, mit denen sich auch junge Menschen auseinandersetzen müssen. Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, braucht es einen aufgeklärten Umgang, kri- tisches Denken, die Einnahme verschiedener Perspektiven und vor allem eins: Das Zu- sammenführen ganz unterschiedlicher Fachhintergründe. Kurz gesagt: Interdisziplinäres Wissen wird immer wichtiger.
Das muss Schule heute leisten. Sie soll Lernende dazu befähigen, sich mit fächerüber- greifenden Themen befassen, sich selbstständig informieren und letztlich in gesellschaft- liche Entscheidungsprozesse einbringen zu können. Und damit Schulen dies leisten kön- nen, brauchen sie mehr Freiräume. Sie brauchen noch mehr Möglichkeiten,
Seite 1 von 2 Stundentafeln nach eigenen Bedürfnissen anzupassen, fächerübergreifend zu arbeiten und für neue Lernformen auch neue Möglichkeiten der Leistungsbewertung zu erproben. Diese Freiräume wollen wir Schulen in Schleswig-Holstein mit einer Experimentierklausel geben.
Dabei sollen möglichst viele Stimmen und Erfahrungen von all denen eingesammelt wer- den, die schon mit spannenden Ideen vorangehen oder die sich Gedanken machen zur Zukunft der Schule. Zuallererst sind dies die Schüler*innen selbst, die unser Schulsystem jeden Tag ganz direkt betrifft. Sie haben oft eigene Ideen und Wünsche, für die sie Räume und Möglichkeiten brauchen.
Auch Lehrkräfte, Elternvertretungen, Schulleitungen werden beteiligt, ebenso Vertretun- gen aus Wissenschaft und Politik. Letztlich wird so deutlich, dass wir die Bildung der Zukunft ebenso gesamtgesellschaftlich prägen wollen, wie auch die Bildung unsere Ge- sellschaft prägt. Wir wollen von guten Konzepten lernen und diese als Best-Practice-Bei- spiele festhalten, damit auch andere von ihnen lernen können.
Und auch Vereine, Musikschulen, Jugendverbände und offene Jugendarbeit haben Spannendes zu bieten, was noch viel enger in den Schulalltag eingebunden werden kann. Ich glaube, wenn wir in Richtung erfolgreich arbeitender Ganztagsschulen schauen und wie diese mit außerschulischen Akteur*innen zusammenarbeiten, werden wir auch viel für die Experimentierklausel lernen können. Lassen Sie uns diese Synergieeffekte nutzen!
Ich verstehe die Regionalkonferenzen so, dass dort all diese Stimmen gehört werden sollen, damit die Experimentierklausel besser werden kann. Für uns gehört dazu, dass wir offene Lernformen, mehr Möglichkeiten für fächerübergreifenden Unterricht und un- serer grünen Auffassung nach auch jahrgangsübergreifenden Unterricht ermöglichen. Teamteaching und auch Projektunterricht können dann in Ergänzung das Unterrichten abwechslungsreicher und so für die Schüler*innen spannender machen.
Auch in anderen Bundesländern gibt es ähnliche Bestrebungen mit unterschiedlichen Namen: In Berlin etwa „Modellvorhaben zur Verbesserung der Lernbedingungen”, in Brandenburg „Schulversuche zum individualisierten Lernen”, in Bayern das „Pilotprojekt Individualisierung”. Für mich hört sich das ehrlich gesagt so an, als ob jedes Bundesland sein eigenes Rad erfinden will. Ich würde mir wünschen, dass wir in einen Modus kom- men, in dem die Bundesländer auch bei diesem Thema voneinander lernen und sich ge- meinsam weiterentwickeln.
Eine Experimentierklausel allein macht natürlich noch lange keinen guten Unterricht. Wis- senschaft wie Schüler*innen sind sich einig: Der bedeutendste Faktor für guten Unterricht sind und bleiben motivierte und gut ausgebildete Lehrkräfte, die Begeisterung wecken, weil sie selbst begeistert sind von ihrem Job. Deshalb arbeiten wir selbstverständlich auch weiterhin daran, neue Lehrkräfte zu gewinnen, ihnen in Aus- und Fortbildung das nötige Handwerkszeug zu vermitteln und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern.
In diesem Bestreben ist die Experimentierklausel ein wichtiger Schritt, denn sie wird von den Lehrenden selbst mitgestaltet und bietet ihnen schließlich mehr Freiheit in dem, was sie am liebsten tun: unterrichten!

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