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25.01.23
17:53 Uhr
SPD

Thomas Losse-Müller zu TOP 11: Handel hat das Potential, eine positive wirtschaftliche und politische Kraft zu sein

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 25. Januar 2023
Thomas Losse-Müller: Handel hat das Potential, eine positive wirtschaftliche und politische Kraft zu sein TOP 11: Freier Handel stärkt Frieden, Fortschritt und Wohlstand (Drs. 20/503, 20/533(neu), 20/538) „Alle heute vorliegenden Anträge bekennen sich zum Prinzip des Freihandels. Und das aus gutem Grund: Die Öffnung unserer Märkte und der Abbau von Zöllen haben uns in Deutschland und Schleswig-Holstein nicht nur mehr Wohlstand gebracht, sie sind der Motor für den Erfolg der Europäischen Einigung und Garant für die Zukunft Europas. Handel hat das Potential, eine positive wirtschaftliche und politische Kraft zu sein. Aber es wäre falsch zu behaupten, dass mehr Handel immer und überall zu mehr Wohlstand und Frieden führt.
Es muss uns zu denken geben, dass die beiden Länder, die in den letzten hundert Jahren die größten Verfechter eines globalen Freihandels waren - Großbritannien und die USA - heute mit Brexit und America First die Vorreiter einer Abkehr vom Freihandel sind. Beide Beispiele zeigen, dass die Akzeptanz der Globalisierung untergraben wird, wenn die Früchte des Freihandels nicht gerecht verteilt werden - ökonomisch und sozial. Das gilt auch für Deutschland. Eine breite Mehrheit der Menschen in Deutschland hat die Öffnung der Märkte nach Europa und in Welt mitgetragen, weil wir ihnen das Versprechen gegeben haben, dass dadurch alle zu mehr Wohlstand kommen. Dieses Versprechen müssen wir halten. Das passiert nicht automatisch! Die Verteilung der Wohlstandsgewinne des Freihandels ist ungleich. Das liegt in der Natur der Sache. Wer hat bisher profitiert? Unternehmen, die ihr Kapital global investieren konnten und die günstigeren Lohnkosten in China oder Osteuropa genutzt haben. Menschen, die studieren, viele Sprachen sprechen und von der Spezialisierung Deutschlands als Wissensökonomie profitieren. Arbeitnehmer*innen in Branchen mit einer hohen Spezialisierung, wie Maschinenbau der Automobilwirtschaft, in denen Deutschland einen Wettbewerbsvorteil hat bzw. hatte. Wer hat bisher verloren? Menschen, die ihr Einkommen - oft genug als ungelernte Arbeitskräfte - in der Produktion von industriellen Massen- und Konsumgütern hatten. Menschen, die ihr Geld mit der Kraft und Ausdauer ihrer Hände verdienen und nicht am Schreibtisch.


1 Ein Handelsabkommen ist keine Silberkugel, die uns von den industriepolitischen Hausaufgaben befreit. Das müssen wir schon selber tun. Die Globalisierung wurde längst durch ein Paradigma neuer Systemkonkurrenz ersetzt. Handelsverträge können darauf eine Antwort sein. Wir sollten aber nicht naiv vorgehen. Internationale Wirtschaftsbeziehungen sind von Interessen geprägt. Den Inflation Reduction Act werden die USA nicht absagen, weil wir nochmal über ein Freihandelsabkommen sprechen wollen. Zur Erinnerung: TTIP wurde von den USA gestoppt! Es ist trotzdem richtig, immer wieder Versuche für Kooperationen zu machen, um Handel weiter zu ermöglichen. Der von Bundes-kanzler Olaf Scholz im Kreis des G7 initiierte Klima-Club ist dafür ein gutes Beispiel.
Wenn ich grünen Stahl produziere oder Flugzeuge mit E-Fuels fliegen lasse, wird das zunächst teurer sein. Diese Veränderungen müssen deshalb mit den anderen Industrienationen abgestimmt werden. Und natürlich müssen wir unsere Märkte davor schützen, dass klimaneutrale Produkte preislich mit Co2-intensiv hergestellten Produkten konkurrieren.
Freihandel mit Konkurrenten, die selber keinen Freihandel gewährleisten ist naiv. Freihandel, dessen Wohlstandsgewinne nicht gerecht verteilt werden, ist ungerecht. Freihandel, von dem nur die Besitzer von Kapital und die Wissenselite profitieren, spaltet Gesellschaft. Freihandel, der unsere Handlungsfähigkeit beim Schutz unserer privaten Daten oder in der Klimapolitik beschränkt, ist undemokratisch. Es reicht nicht nur zu sagen: Freihandel ist gut. Das hängt von seinen Bedingungen ab. Das ist heute vielleicht sogar mehr wahr als es das bisher war.“



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