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15.12.22
11:35 Uhr
SSW

Sybilla Nitsch: Keine einseitige Abhängigkeit von China

Presseinformation
Kiel, den 15.12.2022


Es gilt das gesprochene Wort



Sybilla Nitsch TOP 18 Neujustierung und gezielte Weiterentwicklung der
Beziehungen des Landes Schleswig-Holstein zu China
Drs. 20/411

„Eine einseitige Abhängigkeit; und mit der haben wir es letztlich durch Chinas
Exportstärke zu tun, ist immer gefährlich. Von einem Kunden abhängig zu sein,
ist meist das Ende eines lebendigen Betriebes. Genau das gleiche gilt für
Nationalwirtschaften, wie uns die Abhängigkeit von russischem Gas in diesem
Jahr sehr deutlich vor Augen führte.“

Die aktuelle Statistik hat im Sommer noch einmal bestätigt, dass China das mit Abstand
wichtigste Herkunftsland für Schleswig-Holstein ist, wenn es um Importe geht: Chinesische Waren hatten ein Handelsvolumen von rund 4,4 Mrd. Euro. Weit dahinter liegt Dänemark als zweitwichtigster Importpartner mit etwas mehr als der Hälfte, nämlich mit einem Volumen von
2,4 Mrd. Euro. In jedem Haushalt findet sich also mittlerweile ein Produkt made in China. Mit jedem Euro unterstützen die Kundinnen und Kunden ein System, das zunehmend repressiver wird. Noch vor etwas mehr als 20 Jahren machte das Geschäft mit China weniger als ein Prozent des
deutschen Handelsvolumens aus. Das hat sich rasant verändert: 2022 kommt mehr als ein Zehntel aller deutschen Importe aus China. Diese schleichende Entwicklung müssen wir im Auge behalten.



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Von daher begrüße ich ausdrücklich den Antrag der Kollegen von der FDP-Fraktion, denn er rückt ins Bewusstsein, dass es im Außenhandel eben nicht nur um wirtschaftlichen Austausch geht. Eine einseitige Abhängigkeit; und mit der haben wir es letztlich durch Chinas Exportstärke zu tun, ist
immer gefährlich. Von einem Kunden abhängig zu sein, ist meist das Ende eines lebendigen Betriebes. Genau das gleiche gilt für Nationalwirtschaften, wie uns die Abhängigkeit von russischem Gas in diesem Jahr sehr deutlich vor Augen führte. Von daher erwarte ich auch von der
Landesregierung deutliche Impulse. Wir sollten nicht länger tatenlos dabei zusehen, wie die Wirtschaft in eine ungesunde Abhängigkeit von China hineinschlittert. Ich empfinde die Abhängigkeit von chinesischen Importen besonders bei der Produktion von Solar- und
Batterietechnik als gefährlich, weil damit die Maßnahmen zum Umbau der schleswig- holsteinischer Wirtschaft zu mehr Klimafreundlichkeit steht und fällt. Wir müssen als Abnehmerland auf die Produktionsbedingungen im Herkunftsland achten. Es muss
eine Rolle spielen, wie Waren hergestellt werden. Soziale Standards wie Mindestlohn und gute Arbeitszeiten sollten ebenso beachtet werden wie die Umweltfaktoren. Im Falle Chinas kommen die politischen Faktoren dazu. Im letzten Jahrhundert konnte man sich noch nicht so umfassend
informieren wie das heute der Fall ist. Viele Nichtregierungsorganisationen haben aber inzwischen die Strukturen in chinesischen Fabriken offen gelegt. Das betrifft vor allem die Zustände in der autonomen Provinz Xinjiang, wo Uiguren systematisch unterdrückt werden und in so genannten
Umerziehungslagern ausgebeutet werden. Diese Befunde müssen Konsequenzen haben. Waren, die in Zwangslagern produziert worden, wie sich nicht zuletzt VW vorwerfen lassen muss, sollten
meines Erachtens genauer angeschaut werden und gegebenenfalls nicht mehr importiert werden. Umgekehrt heißt das aber auch, dass Pauschalierungen uns überhaupt nicht weiterbringen. Wir müssen im Rahmen der Wirtschaftsbeziehungen genau hinschauen und kontrollieren. Dieses Augenmaß erwarte ich von einer modernen Wirtschaftspolitik.
Das gilt insbesondere für die bereits seit vielen Jahrzehnten bestehenden Kontakte in die Partnerregion Zhejiang ; einer Region mit immerhin fast 60 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern. Gegenseitige Besuche und Stipendiatenprogramme sind meines Erachtens der
richtige Weg, die beiden Wirtschaftsregionen gut miteinander zu vernetzen. Miteinander zu reden ist in der Wirtschaftspolitik besser, als übereinander zu reden; und verheißt auch mehr Erfolge. In dieser Kooperation kann Schleswig-Holstein wirklich etwas bewirken.
Letztlich muss aber die EU ihre Einflüsse gelten machen, um die Zustände in China zu verbessern. Wir sollten deshalb entsprechend klare Signale auch nach Brüssel senden. 3

Das Gesagte gilt aber nicht nur für die Importe. Die chinesische Seidenstraßen-Politik ist eine aggressive Kolonialisierungsstrategie, die darauf ausgerichtet ist, Entscheidungen aus europäischer Verantwortung in chinesische zu überführen. Kritische Infrastruktur muss daher
effektiv vor chinesischer Kontrolle geschützt werden. Doch, was kritische Infrastruktur ist, darin besteht kein Konsens im Landtag. Wir sollten darum im Ausschuss unter anderem diesen Punkt ausgiebig und vertiefend beraten, gerne auch mit Unterstützung von Expertinnen und Experten,
bevor wir die wirtschaftliche Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und China neu justieren.

Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/