Jasper Balke zum Ankauf von Praxen und Medizinischen Versorgungszentren
Presseinformation Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-HolsteinTOP 45 – Fortlaufenden Ankauf von Praxen und Pressesprecherin Claudia Jacob Medizinischen Versorgungszentren stoppen Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der gesundheitspolitische Sprecher 24105 Kiel der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Jasper Balke: Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de Nr. 220.22 / 30.09.2022Der Mensch, das Individuum und seine Gesundheit sollten im Mittelpunkt stehenSehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,unser Gesundheitssystem befindet sich in vielerlei Hinsicht im Wandel. Um nur ein Bei- spiel herauszustellen: immer weniger ausgebildete Ärzt*innen sind länger bereit, hohe Wochenarbeitsstunden, eine enorme Verantwortung und die leider immer noch viel zu bürokratischen Erfordernisse weiter zu leisten. Dort braucht es politisch angepasste, fle- xible Rahmenbedingungen und kluge Konzepte, um die Gesundheitsversorgung langfris- tig sicherzustellen.Doch wenn wir uns den Trend im ambulanten Bereich ansehen, dann fällt auf, dass dort zwar immer mehr Kapital ins System fließt, jedoch - und das ist das Problem - nicht etwa, um primär neue Versorgungsstrukturen zu schaffen, Versorgungslücken zu schließen oder gar eine bessere Behandlungsqualität zu schaffen, nein. Sondern teilweise allein zu dem Zwecke, Profite zu erwirtschaften und hohe Renditen an einige Wenige auszuschüt- ten.Diesen Mechanismus, also den Aufkauf von Praxen oder Medizinischen Versorgungs- zentren, erleben wir dabei vor allem in ausgewählten Versorgungszweigen, besonders betroffen ist beispielsweise die Augenmedizin.Da werden dann vermehrt individuelle Gesundheitsleistungen (sog. IGeL) beworben, die eine höhere Vergütung, verbunden mit hohen Eigenanteilen der Patient*innen bedeuten. Außerdem verdrängen dann wirtschaftlich lukrative Leistungen die weniger gut vergüte- ten, meist konservativen Leistungen, wodurch die Versorgungsqualität und das Seite 1 von 2 Patient*innenwohl langfristig gefährdet sind.Wir sind deshalb klar in der Verantwortung, solchen Vorgängen einen Riegel vorzuschie- ben. Es braucht Transparenz, es braucht klare gesetzliche Regelungen der Bundes- ebene, und diese fordern wir als Koalition heute ein, diese müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden.Aber, liebe Kolleg*innen, wenn wir mal ehrlich sind, dann folgt der ambulante Bereich damit ja nur den Entwicklungen, die wir gerade nach Einführung der DRGs, der soge- nannten Fallpauschalen, im stationären Sektor längst kennen. Ich denke da an Zielver- einbarungen in Richtung 100 Kniegelenks oder Hüft-Ops pro Jahr, Upcoding, die Entlas- sung von Personal zur Reduktion laufender Kosten oder die Konzentrierung des Leis- tungsangebots auf wenige Bereiche und lukrative Behandlungen.Dies führt immer häufiger dazu, dass qualifiziertes Fachpersonal den Beruf aufgibt, weil der Anspruch an die eigene Arbeit eben nicht länger mit den auf Gewinnmaximierung beruhenden Interessen der Geschäftsführung übereinstimmt. Eine Entwicklung also, die auch ein Grund für den ohnehin schon bestehenden Fachkräftemangel ist.Doch, liebe Kolleg*innen, auch hier muss man differenzieren. Natürlich braucht es ziel- gerichtete Investitionen, Kapital, das zum Beispiel die Forschung oder Medikamenten- entwicklung fördert. Denn es ist doch klar, dass Spitzenmedizin Geld kostet. Und es ist auch klar, dass nicht unendlich Geld im System ist, und dass deshalb auch nicht jeder mögliche Eingriff durchgeführt werden kann.Ich spreche deshalb auch nicht von dem kommunal getragenen Krankenhaus, das wirt- schaftlich arbeiten muss, um die Betriebskosten zu decken und eine ausreichende Ver- sorgung der Bevölkerung sicherstellen zu können. Ich spreche auch nicht von der freibe- ruflichen Ärztin, die nach langer Ausbildung mit ihrer Arbeit gut verdienen möchte.Sondern ich spreche von den Großkonzernen, die die Systematik unseres Vergütungs- systems im ambulanten wie stationären Bereich genau kennen und zum Zwecke der ma- ximalen Rendite-Ausschüttung Leistungen entweder kürzen oder anpreisen und somit den wichtigsten Grundsatz unseres Gesundheitssystems eigentlich infrage stellen: Der Mensch, das Individuum und seine Gesundheit sollten im Mittelpunkt stehen.Dort, liebe Kolleginnen und Kollegen, wo solche Systematiken weiterhin toleriert werden, da ist unsere Gesundheitsversorgung, wie wir sie uns vorstellen, langfristig gefährdet und das kann deshalb nicht länger unser Anspruch sein.Unser Antrag setzt daher genau dort an und bewertet diese Entwicklungen für den am- bulanten Bereich als kritisch. Kritisch für die Versorgung, kritisch für die Menschen. Ich bedanke mich daher bei der Landesregierung, dass sie diesbezüglich schon tätig gewor- den ist, und würde mich freuen, wenn wir hier als Parlament auch ein klares Zeichen setzen würden und bitte Sie darum, unserem Antrag heute zuzustimmen und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. *** 2