Beate Raudies zu TOP 20: Reform der Umsatzsteuer ist überfällig
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 29. September 2022Beate Raudies: Reform der Umsatzsteuer ist überfällig TOP 20 Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Arzneimittel (Drs. 20/227, AltA 20/306)„In diesen Tagen wird viel über die Entlastung von BürgerInnen gesprochen, und immer wieder kommen dabei die Steuern auf die Tagesordnung. Gestern haben wir über den Einkommensteuertarif debattiert, heute geht es nun um die Umsatzsteuer, die Mehrwertsteuer, wie sie gerne genannt wird. Die Einkommensteuer verursacht unter allen Steuerarten immer besonders große Schmerzen. Nicht nur, weil sie gefühlt viel höher ist als das tatsächlich der Fall ist, sondern vor allem, weil sie jeden Monat direkt vom hart verdienten Geld abgezogen wird. Aber da ist ja auch noch die Mehrwertsteuer. Vor allem sie führt dazu, dass die BezieherInnen niedrigerer Einkommen eine im Verhältnis sehr hohe Belastung tragen. Der Vorstellung von einem gerechten Steuersystem, das starken Schultern mehr zumutet als schwachen, entspricht das sicher nicht.Insofern legt die FDP den Finger auf den richtigen Punkt: Eine Senkung des Steuersatzes entlastet direkt und wirksam die niedrigen Einkommen. Bei einer Ermäßigung der Steuersätze auf Arzneimittel würden allerdings zunächst die Krankenkassen, Apotheken und durch reduzierten Beihilfeaufwand auch die öffentlichen Haushalte profitieren. Die BürgerInnen selbst würden davon zunächst wenig merken. Einen Automatismus, nachdem die Preise mit der Umsatzsteuer sinken, gibt es nicht. Das kennen wir von den letzten Senkungen für Hotelübernachtungen und die Gastronomie. Ich erinnere hier auch gerne an die Debatte über die Steuersätze auf Menstruationsprodukte. Den Anbietern steht es frei, die Senkung weiter zu geben. Ein sicheres Mittel zur Entlastung der VerbraucherInnen ist eine Ermäßigung also nicht. Das gilt insbesondere für die preisgebundenen Arzneimittel, bei denen die ApothekerInnen die Preise gerade nicht selbst festlegen können. Da ist der Alternativantrag der Koalition schon konsequenter.Trotzdem ist der Ansatz eine Überlegung und Unterstützung wert. Nach unserer Meinung muss er einfließen in die Diskussion über eine wirklich überfällige Reform der Umsatzsteuer. Wir müssen eine neue Bewertung der Waren und Dienstleistungen vornehmen, die einem 1 ermäßigten Steuersatz unterliegen. Denn wirklich gut findet es doch niemand, dass Wachteleier, Froschschenkel und Trüffel zu den Grundnahrungsmitteln gehören und damit dem ermäßigten Steuersatz von 7% unterliegen, während der Verkauf von Sojamilch oder Babynahrung mit 19% besteuert wird. Da ist was aus dem Gleichgewicht geraten, da müssen wir dringend nachbessern. Im Augenblick basteln wir immer wieder an einzelnen Bausteinen, ermäßigen zum Beispiel die Steuersätze für Gas wegen der Energiekrise und für die Gastronomie wegen der Corona-Krise. Umgekehrt können über die Steuersätze natürlich auch Waren und Dienstleistungen verteuert werden. Nicht umsonst fordern Umweltverbände immer wieder, Fleisch und Milchprodukte nicht mehr mit dem ermäßigten Satz zu besteuern und damit zu verteuern. Auch der Vorschlag, besonders fett- oder zuckerhaltige Lebensmittel höher zu besteuern, ist schon öfter gefallen.Die Mehrwertsteuerrichtlinie der EU erlaubt den Mitgliedsländern, auf eine bestimmte Gruppe von Waren und Dienstleistungen einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Sie erlaubt sogar zwei ermäßigte Steuersätze. Diese Möglichkeit nutzen wir bisher nicht. Sie würde nach unserer Auffassung eine sehr viel differenziertere Besteuerung ermöglichen. Wir sehen: Die Debatte ist viel komplexer, als es der FDP- Antrag suggeriert. . Was die Umsatzsteuer angeht, hilft doktern am System uns nicht mehr weiter. Wir brauchen endlich eine breite, grundlegendere Debatte.“ 2