Christian Dirschauer: Es geht um die verlässliche Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Land!
PresseinformationKiel, den 29.09.2022Es gilt das gesprochene Wort.Christian Dirschauer TOP 45 Fortlaufenden Ankauf von Praxen und Medizinischen Versorgungszentren stoppen Drs. 20/262„Wir als SSW sagen schon immer: Daseinsvorsorge gehört in die öffentlicheHand. Und Gesundheitsversorgung ist Daseinsvorsorge. Ein von der öffentlichenHand getragenes und aus Steuergeldern finanziertes Gesundheitssystem ist derbeste Schutz vor unlauterem Gewinnstreben.“Gesundheit ist ein hohes Gut. In weiten Teilen auch eines, das wir mit Geld nicht kaufen können. Leider müssen wir aber feststellen, dass internationale Investorengruppen von dem Geld, das sich mit unserer Gesundheitsversorgung verdienen lässt, sehr wohl eine Menge kaufen können. Wirwissen, dass viele der Private-Equity Investoren, die sich mittlerweile im deutschen Gesundheitswesen tummeln, ihre Unternehmenssitze in verschiedenen Steueroasen haben. Von dem hier verdienten Geld sehen wir in Deutschland also nicht mehr viel. Das an sich ist schonunerhört. Noch unerhörter ist aber, dass Gesundheit auf diesem Weg zu einer Ware wird. Und dass das ärztliche Handeln Marktmechanismen unterworfen wird. Nun ist das grundsätzlich nicht neu. Auch die meisten Krankenhäuser sind heute Wirtschaftsunternehmen, die ihr Handeln danach Düsternbrooker Weg 70 Norderstr. 74 24105 Kiel 24939 Flensburg/Flensborg +49 (0)431 - 988 13 80 +49 (0)461 - 144 08 300 ( ( 2ausrichten, wie und womit sich Geld verdienen lässt. Das haben wir in der jüngsten Vergangenheit oft genug gesehen. Wirft etwa die Geburtshilfe nicht genug ab, wird sie eben geschlossen.Im Jahr 2004 hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, medizinische Versorgungszentren zu gründen, in denen die Ärzte entweder als Vertragsärzte tätig werden oder angestellt sind. Vielen, insbesondere jüngeren Ärzten, kommt dieses Konzept entgegen. An sich sind MVZ auch keinschlechtes Instrument. Gerade im ländlichen Raum, wo der Ärztemangel immer größer wird, sind sie eine gute Alternative zur Einzelpraxis. Weil sie für die Ärzte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern und weil sie gerade junge Ärzte nicht auf Jahrzehnte an einen Ort binden. Damitverbunden war seinerzeit auch die Hoffnung, so den Ärztemangel in der Fläche bekämpfen zu können. Das allerdings hat nur bedingt funktioniert. Ein Großteil der medizinischen Versorgungszentren liegt in den großen Ballungsräumen, wo die Arztdichte ohnehin hoch ist.Diese zumeist großen MVZ sind es, die in den letzten Jahren für internationale Finanzspekulanten immer interessanter geworden sind. Insbesondere in der Augenheilkunde und der Radiologie lässt sich hier offensichtlich gutes Geld verdienen. Nur treten diese Investoren eben auch in Konkurrenzzu Ärzten, die ein Interesse daran haben, einen Arztsitz zu übernehmen, weil sie die Kosten in die Höhe treiben. Und es fehlt jede Transparenz: für wen arbeitet der Arzt, der mich behandelt? Ist er von seinem Berufsethos geleitet oder von einem Investor, der gute Bilanzen sehen will? Dasschafft auch Unsicherheit bei den Patienten.Wir als SSW sagen schon immer: Daseinsvorsorge gehört in die öffentliche Hand. Und Gesundheitsversorgung ist Daseinsvorsorge. Ein von der öffentlichen Hand getragenes und aus Steuergeldern finanziertes Gesundheitssystem ist der beste Schutz vor unlauterem Gewinnstreben. Nun ist der Weg dahin aber ein Weiter, das löst das aktuelle Problem der MVZnicht. Ich stimme dem Antrag der CDU und der Grünen daher zu: der Gesetzgeber muss hier tätig werden, um einen weiteren Ausverkauf des Gesundheitswesens zu verhindern. Es braucht Transparenz, damit die Patienten sehen können, wem die Praxis, der sie sich anvertrauen, gehört.Darüber hinaus sollte es bei freiwerdenden Arztsitzen ein Zugriffsrecht für niederlassungswillige Ärzte geben, bevor diese an ein investorenfinanziertes MVZ veräußert werden dürfen. Es braucht aber auch auskömmliche Finanzierungsstrukturen von Seiten der Krankenkassen und es braucht,vor allem da, wo teure Erstinvestitionen in Geräte zu stemmen sind, eine attraktive Förderung für junge Ärzte, die den Schritt in die Freiberuflichkeit wagen. 3Und ein Stück weit braucht es vielleicht auch einen moralischen Appell an diejenigen Ärzte, die ihren Kassensitz zu einem Phantasiepreis an einen internationalen Finanzinvestor verkaufen, statt zu einem fairen Preis an einen Fachkollegen. Dem Gewinnstreben einzelner kommt man an dieserStelle nur schwer per Gesetz bei.Aber da wo die Finanzinvestoren ein gutes Geschäft wittern, muss die Politik regulierendeingreifen. Es geht um nicht weniger als die verlässliche Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Land!Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/