Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
28.09.22
17:26 Uhr
SPD

Marc Timmer zu TOP 11,13+25: Der Schwung für Erneuerbare Energien kommt derzeit von der Bundesregierung

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 28. September 2022
Marc Timmer: Der Schwung für Erneuerbare Energien kommt derzeit von der Bundesregierung TOP 11,13+25: Bericht zur Gasmangellage sowie Anträge zu mehr Solaranlagen auf den Dächern der landeseigenen Gebäude und Stromversorgung sicherstellen (Drs. 20/167, 20/204, 20/233) „Erst einmal vielen Dank für den Bericht zur Gasmangellage, Herr Minister. Diese Debatte zeigt, in was für einer unsicheren und schwierigen Situation wir derzeit sind. Ich bin optimistisch, dass wir eine Gasmangellage abwenden können. Doch die hohen Preise, die bereits fast alle Bereiche unseres täglichen Lebens erreicht haben, machen uns große Sorgen. Wie können wir die entlasten, die es am dringendsten brauchen? Da kann ich nur ergänzend sagen: Die Gaspreisbremse muss schnell kommen. Sie muss aber eine hohe Bremswirkung bei unteren und mittleren Einkommensgruppen, im Mittelstand und bei Unternehmen, auch kleinen Unternehmen, haben. Doch das sind die kurzfristigen Herausforderungen. Wir wollen heute auch darüber sprechen, wie wir Schleswig-Holstein im Bereich Energie zukunftsfester – und damit preisstabiler - machen können.
Die FDP fordert in ihrem Antrag den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Speicherkapazitäten für elektrische Energie. Das ist löblich, wurde dies doch in der letzten Legislaturperiode sträflich vernachlässigt. Auch jetzt sehe ich in vielen Bereichen nicht, dass die Landesregierung ausreichend Fahrt aufnimmt. Über das Thema Atomenergie müssen wir nicht nochmal reden. Gemäß Stresstest geht es allenfalls um den Streckbetrieb. Ich bleibe dabei: Atomkraft – nein, Danke! Teuer, veraltet, risikobehaftet und die Endlagersuche ist ein riesen Problem für nachfolgende Generationen. Also ungerecht.
Der Schwung für Erneuerbare Energien kommt derzeit von der Bundesregierung. Herr Koch hatte in seiner Rede heute Vormittag der Bundesregierung (fast) sämtliche Kompetenz abgesprochen und die Landesregierung als konzeptionelles Wunderkind über den Klee gelobt. Nun ja. Mit Blick auf die Rahmensetzung im Bereich der Erneuerbaren Energien wird genau umgekehrt ein Schuh draus. Nach Oster- und Sommerpaket steht nun das Erneuerbare- Energien-Booster-Paket an:



1 PV • 1,5 GW Ausschreibung für PV Anlagen im Januar 2023 setzt ein klares Zeichen. • Die 70-Prozent Kappungsgrenze für kleinere PV Anlagen soll aufgehoben werden. Richtig. • Die Änderung des § 38b Absatz 2 EEG ermöglicht erstmals den Ersatz von Modulen an bestehenden Standorten, ohne dass es zu einem technischen Defekt, einer Beschädigung oder einem Diebstahl gekommen sein muss (sogenanntes Repowering). Dies bewirkt kurzfristig eine Erhöhung der Einspeisung von Strom aus Solarenergie, denn bei Photovoltaikmodulen tritt über die Nutzungsdauer ein Leistungsverlust ein (Degradation). Richtig.
NETZE • Im Netzbereich: § 3 Netzausbaubeschleunigungsgesetz stellt klar, dass bei Erhöhungen von Masten um bis zu 20% kein aufwendiges Planungsverfahren mehr erforderlich ist. • 19 StromNEV öffnet den Raum für die Einbindung industrieller Lastflexibilität im Sinne des Demand Side Management.
WIND • Mit Blick auf das BauGB wird die Möglichkeit der isolierten Postivplanung gefasst. Die Regelung stellt klar, dass die Abwägung bei der isolierten Positivplanung auf die von den neu auszuweisenden Flächen berührten Belange beschränkt werden kann und die Planung nicht an das bisherige Planungskonzept gebunden ist. Dies ist eine große Erleichterung für die in SH neu auszuweisenden Plangebiete. • § 16b Abs. 7 BImSchG-Entwurf stellt klar, dass für die Änderung am/des Anlagentyps (Wind an Land) keine Neugenehmigung (iSd. § 10 bzw. § 19 BImSchG) erforderlich ist, sondern, dass die Änderungen im Rahmen einer Änderungsgenehmigung (§ 16 BImSchG) zugelassen werden sollen. Auch dies ist ein Planungsbeschleuniger.
BIOGAS • Gemäß § 246d BauGB können bestehende Bioenergieanlagen ohne bauliche Änderungen kurzfristig ihre Gasproduktion erhöhen und so dazu beitragen, russische Erdgasimporte zu ersetzen. Der Biogasdeckel wird aufgeboben – gut so; Zudem werden die Anforderungen an die Herkunft der Biomasse gelockert. • Sonderregelung für die EEG-Förderung von Biogasanlagen • Mit der Ergänzung von § 100 Absatz 17 EEG 2021 wird für die Jahre 2022 bis 2024 eine befristete Flexibilisierung des Güllebonus geregelt. Richtig und gut.



2 • Das sind starke bundespolitische Vorgaben, die Schleswig-Holstein nutzen muss. Herr Koch, sie sagten doch, dass der Bund sinngemäß Chaos im Rahmen der Entlastungsversuche verursachen würde. Das Gegenteil scheint der Fall.
Kurz zur Erinnerung aus dem Osterpaket: Als neues Ziel sollen bereits im Jahr 2030 80 % des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen stammen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze wird beschleunigt, indem Hemmnisse abgebaut und Planungs- und Genehmigungsverfahren verschlankt werden. Der Bundesbedarfsplan für den Ausbau der Übertragungsnetze wird aktualisiert und erweitert. Mit der Abschaffung der EEG-Umlage werden zugleich die Regelungen für den Eigenverbrauch und die Privilegierung der Industrie enorm vereinfacht und ein großer Beitrag zur Entbürokratisierung des Energierechts geleistet. Die Nutzung der erneuerbaren Energien wird zu einem überragenden öffentlichen Interesse qualifiziert. Ein wichtiger Aspekt zur Beschleunigung der Planungsverfahren. Mit dem Sommerpaket wurden Maßnahmen mit positiven Auswirkungen auf den beschleunigten Ausbau der Infrastruktur sowie für raumordnungsrechtliche Verfahren insgesamt auf den Weg gebracht. Das sind allesamt und im Zusammenspiel gute und kluge Rahmenbedingungen für einen schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien hier vor Ort. Das ist alles andere als Chaos, Herr Koch. Ich habe vielmehr die Sorge, dass wir in Schleswig-Holstein zu langsam, zu mutlos, zu unentschlossen sind. Wenn selbst die FDP in ihrem Antrag zum beschleunigten Ausbau aufruft, dann will das was heißen.
Was fehlt? Windkraft an Land: Ist die Task Force zur Planung der Windeignungsflächen schon in Arbeit? Die Rotor-out Regelung sowie höhere Anlagentypen muss bei der Aufstellung der Regionalpläne berücksichtigt werden. Bei einer Rotor-in Regelung mit aktuell größeren Anlagentypen gegenüber den Planvorgaben in den Regionalplänen sehe ich nicht, wie die Ziele von 10 oder 15 GW erreicht werden sollen - ohne, dass viele neue Flächen dazu kommen müssen. Was muss neu als Eignungsfläche ausgewiesen werden? Der Bund hilft hier. Denn durch die Qualifizierung der erneuerbaren Energien als überragendes öffentliches Interesse können Standorte, die bisher rausgefallen sind, unter nun neuen Kriterien abgewogen werden. Wärmebereich: Hier sehe ich die größeren Versäumnisse in den letzten Jahren. Was braucht ein modernes Wärmesystem wie beispielsweise in Dänemark oder den Niederlanden? Netze, regenerative Wärmequellen, saisonale Wärmespeicher, Großwärmepumpen. Das Potential ist da. Es muss nur koordiniert angegangen werden. Und ich bin mir sicher, dass die Schleswig- Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner mitziehen würden. Wir sprechen aber nicht über Wärmeversorgungssysteme. Stattdessen. Zack ein Förderprogramm für Wärmepumpen. Gut gemeint. Aber ein Förderprogramm für Wärmepumpen macht nur nach der Systementscheidung Sinn, davor kann es sogar schaden. Denn wenn ich Wärmenetze brauche, dann sollte ich alle möglichen Abnehmer ans Netz bringen und nicht die, die es sich leisten


3 können, durch den geförderten Kauf einer Wärmepumpe aus der erforderlichen Netz- Solidarität entlassen. Wärmepumpen machen Sinn, wo das Netz nicht wirtschaftlich ist. Oder eben als Großwärmepumpen im Rahmen der Wärmenetze. Wir müssen endlich mal ein klares Bild an die Wand malen. Ich bin davon überzeugt, dass die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner ein modernes Wärmenetz haben möchten, an dem die Erzeugungseinheiten regenerativ sind. Ein Wärmenetz, das Preisstabilität auf einem angemessenen Niveau sichert. Der derzeit abgeregelte Windstrom muss einbezogen werden, ebenso wie lokale Besonderheiten und ein Miteinander von Kommunen. Lassen Sie es uns doch endlich angehen! Wir werden es niemals flächendeckend umsetzen, wenn wir uns auf die unterschiedlichen Wärmekonzepte der Kommunen beschränken. Damit übertragen wir Kommunen Aufgaben, die sie überwiegend nicht leisten können. Das muss auf der übergeordneten Regelungsebene, der Landesebene, gemacht werden! Wo ist Ihr Gestaltungswille!
All die Programme und deren Umsetzungsbedarfe, die ich eben angeführt habe, sowie das Ringen um die richtige Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger zeigen auch - leider: Die Landesliegenschaften mit PV auszustatten, so richtig und wichtig es ist, ist gerade nicht die dringliche Herausforderung dieser Tage. Jetzt geht es darum, das verfügbare Geld in die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger zu investieren. Alles andere muss hinten anstehen. Lassen Sie uns den Schwung vom Bund mit Blick auf Strom nutzen und in Landespolitik übertragen, Verteilnetze und Sektorenkoppelung mitdenken, und ein modernes Wärmesystem im Land unter der Verantwortung des Landes aufbauen. Nur dann erhalten wir mittelfristig, was wir uns alle so sehr wünschen: Energieunabhängigkeit und Preisstabilität.“



4