34. Altenparlament fordert: Mehr Unterstützung für Ehrenamt und Pflege
Nr. 94 / 16. September 202234. Altenparlament fordert: Mehr Unterstützung für Ehrenamt und PflegeDie 60 Vertreterinnen und Vertreter aus Sozialverbänden, Seniorenräten und Parteien sind alarmiert über den Nachwuchsmangel in gemeinnützigen Vereinen und fordern, ehrenamtlich engagierte Menschen besserzustellen, etwa mit einer Anpassung von Aufwandspauschalen an die realen Kostenverhältnisse, sowie einer Erhöhung der monatlichen Steuerfreibeträge auf 520 Euro. Und: Helfende im privaten Umfeld, die in der Nachbarschaft Babysitten oder für ältere Menschen einkaufen gehen, sollen aus einem „Ehrenamts-Konto“ in Form von „Hilfe gegen Hilfe“ schöpfen können.Die Delegierten zwischen 60 und 85 Jahren fürchten zudem einen Pflegenotstand. Das Land und die Kommunen sollen deswegen bereits jetzt „Pflegeprognosen“ für die Jahre 2025 bis 2030 aufstellen, um für den wachsenden Bedarf gewappnet zu sein. Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser dürften nicht profitorientiert betrieben werden, lautet eine weitere Anregung. Sie müssten in die kommunale Hand übergehen.Pflegende Angehörige sollen eine Lohnersatzleistung bekommen, vor Pflegeheimen tagsüber grundsätzlich Tempo 30 gelten und die Prüfergebnisse des „Pflege-TÜV“ müssten veröffentlicht werden. Dies sei zwar bereits gesetzlich vorgeschrieben, werde aber oft nicht eingehalten, monieren die Altenparlamentarier. Ein weiterer Schwerpunkt war die Migrationspolitik: Migrationsberatungsstellen müssten unbedingt erhalten bleiben und dafür erforderliche finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Die rund 30 Beschlüsse des Altenparlaments werden nun den Fraktionen im Landtag, der Landesregierung und den schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten zugeleitet.Mit dem Altenparlament fließe der Erfahrungsschatz der älteren Generation „fruchtbar in die Arbeit des Landtages ein“, sagte Parlamentspräsidentin Kristina Herbst zu Begrüßung: „Wenn das Plenum ein ‚Schaufenster des Parlaments‘ ist, dann ist das Altenparlament heute ein Schaufenster der Generation, die unser Land über Jahrzehnte hinweg durch ihre Arbeitsleistung, ihren Einsatz und ihre Ideen geprägt hat.“ Dass ein Schwerpunkt der diesjährigen Beratungen auf der 2ehrenamtlichen Arbeit liege, gebe die Dringlichkeit des Themas wieder. Das Land brauche Menschen, die für andere Menschen, die Umwelt, im sozialen und kulturellen Bereich oder im Sport engagierten, sagte die Präsidentin. „Diese freiwillige und unentgeltliche Arbeit ist unentbehrlich. Es ist deshalb wichtig, dass das Ehrenamt wertgeschätzt und, wenn es nötig ist, auch steuerlich anders betrachtet wird.“ Ein besonders hervorzuhebendes Handlungsfeld sei der Bereich der Pflege, hob Herbst hervor.Den diesjährigen Fachvortrag hielt Dierk Hansen, Landesbeauftragter des technischen Hilfswerks THW für Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Er betonte die „Kraft des Ehrenamtes“ im Zivil- und Katastrophenschutz und rief dazu auf, bei der Gefahrenabwehr „langfristiger zu denken“. Die „Blaulichtorganisationen“ bräuchten eine angemessene Ausstattung und das Thema müsse in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen werden, so Hansen. BeschlüsseMigrationsberatungsstellenDer Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung Schleswig-Holsteins werden aufgefordert, sich dafür einsetzen, dass die Kreise und Kommunen auskömmliche Gelder für den Erhalt der Migrationsberatungsstellen erhalten.Austausch zwischen Migranten und den hier länger Ansässigen verbessernDie Landesregierung wird aufgefordert, die Kommunen und Vereine beim Aufbau neuer Austauschformen mit Migranten zu unterstützen.Ehrenamt für Flüchtlinge öffnenDie Landesregierung wird aufgefordert, die Kommunen und Vereine bei der kurz- und langfristigen Integration von Flüchtlingen stärker zu unterstützen.Rolle des Sports bei der Integration von Flüchtlingen stärkenDer Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung werden aufgefordert, mit umfassenden Maßnahmen und Mitteln die Rolle des Sports bei der Integration von Migrantinnen und Migranten zu stärken. Zielsetzung sollte dabei sein, generationsübergreifend Vorurteile ab-, sowie kommunikative Fähigkeiten und Strukturen aufzubauen und interkulturelle Kompetenzen zu fördern.Wohnraumbeschaffung für Migranten und Flüchtlinge 3Die Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, hinsichtlich der Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten in die Kommunen, sich für die benötigten aktiven und finanziellen Unterstützungen, zur Wohnraumbeschaffung einzusetzen.Reduzierung des Fachkräftemangels unter besonderer Berücksichtigung der Auszubildenden mit MigrationshintergrundDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag mögen sich dafür einsetzen, auch im Sinne der Begegnung des Fachkräftemangels, für Migranten in Berufsausbildung die Möglichkeit zu schaffen, Prüfungsanforderungen im Sinne eines Nachteilsausgleichs im Bereich Sprache zu vereinfachen unter anderem durch: Anwendung von vereinfachter/Leichter Sprache Erweitertes Zeitkontingent Einsatz von Übersetzungshilfen in Prüfungen und bei KlassenarbeitenWertschätzung für ehrenamtliches Engagement fördernDer Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung Schleswig-Holsteins mögen sich dafür einsetzen, dass das Ehrenamt gestärkt und mehr wertgeschätzt wird. Zielsetzung sollte dabei sein, die Kompatibilität ehrenamtlichen Engagements in allen gesellschaftlichen Bereichen an die Anforderungen der aktuellen Arbeitswelt durch konkrete Unterstützungsleistungen zu fördern und durch diese Hervorhebung des Stellenwerts ehrenamtlichen Engagements die Attraktivität des Ehrenamts wieder zu erhöhen.Einrichtung einer ständigen Vertretung der Senioren in allen Kommunen, Städten etc.Die Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, alle Kommunen, Städte, etc. dazu zu verpflichten, wie bei den Jungendbeiräten, ständige Vertretungen der Senioren einzurichten, die bei allen Planungen und Vorhaben i. S. der Gemeindeordnung in den Entscheidungsprozess einzubeziehen sind. Damit sollte in den Ausschüssen und übrigen Gremien der Städte und Kommunen eine bessere Mitwirkung und Berücksichtigung der relevanten Themen der älteren Bürger erfolgen. Der Landesrechnungshof empfiehlt in seinem Bericht 2016/2017 eine feste Einbindung im Gemeindespektrum.Anlaufstellen in den Städten/KommunenDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, sich für eine dauerhafte Einrichtung von offiziellen und verantwortlichen Anlaufstellen in den Städten und Kommunen für (ältere) Bürger und Bürgerinnen zur Unterstützung und Beratung von Themen des täglichen Lebens einzusetzen und zu finanzieren. Dazu gehören z.B. Begleitung zu Behörden, 4Theaterbesuchen, Banken, Ärzten und sonstigen Instituten sowie Hilfe bei Erstellung von Anträgen und Formularen.Einführung eines Ehrenamts-KontosDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, ein Projekt für ein Ehrenamtskonto zu initiieren in Form von Hilfe gegen Hilfe, mit dem Menschen für das Ehrenamt gewonnen werden können.Ehrenamtliche Strukturen angemessen und dauerhaft finanziell fördernDer Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung werden aufgefordert, die ehrenamtlichen Strukturen im Land nachhaltig zu stärken. Zum einen sind die Landes-zuschüsse für die Ehrenamtsarbeit von Vereinen und Verbänden an die aktuelle Preisentwicklung anzupassen. Zum anderen muss mehr in die Gewinnung von hauptamtlichem Personal investiert werden, um die professionelle Begleitung ehrenamtlich tätiger Menschen sicherzustellen.Aufwandsentschädigung und Steuerfreibetrag erhöhenDie Landesregierung wird aufgefordert, sich eigenverantwortlich oder im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass die Ehrenamtspauschale/Aufwandsentschädigung an die tatsächlichen Kostenverhältnisse angepasst wird und der monatliche Steuerfreibetrag auf 520 Euro erhöht wird.Angemessene spontane Würdigung des EhrenamtesDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag mögen sich dafür einsetzen, das Akteure als Ehrenamtler mehr Spontanehrungen vor Ort, erfahren.Pflegeheime sind keine Rendite-AnlageDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, sich für eine Rekommunalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen einzusetzen.Wegfall der Vorrangigkeit zugunsten der privaten Träger bei der Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag gem. § 72 SGB XIDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, sich sowohl im Bundesrat als auch gegenüber der Bundesregierung für die Streichung der Vorrangigkeit bei 5der Zulassung zur Pflege von Pflegebedürftigen zugunsten der privat gewerblich geführten Einrichtungen, wie in § 72 Abs. 3 Satz 2 SGB XI vorgegeben wurde, einzusetzen.Ebenfalls ist in § 72 SGB XI unmissverständlich klarzustellen, dass die Pflege von Menschen mit Pflegebedarf eine vorrangig kommunale Aufgabe darstellt. Der Gesetzgeber muss erklären, dass die gewinnorientierten Investoren in der Pflege keinen Raum der Berufsausübung erhalten.PflegeprognoseformelDer Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung Schleswig-Holsteins werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass das Land eine Pflegeprognoseformel für die wahrscheinliche Pflegesituation in 2025 bis 2030 ausgehend von den Demographiezahlen entwickelt.PflegebedarfsplanDer Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung Schleswig-Holsteins werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die verpflichtende Pflegebedarfsplanung der Kreise auch tatsächlich umgesetzt wird. Außerdem müssen in den Pflegebedarfsplänen konzeptionelle und strukturelle Prozesse mit einer Zeitschiene für deren Umsetzung benannt sein.Personalschlüssel für Pflegeheime anpassenDie Landesregierung Schleswig-Holstein und der Schleswig-Holsteinische Landtag mögen sich dafür einsetzen, dass die Personalschlüssel für Pflegeheime sich nach den Menschen richten, die pflegen und die gepflegt werden.Veröffentlichung von Qualitätsinformationen in PflegeeinrichtungenDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, die gesetzlich vorgesehene Veröffentlichung von Prüfergebnissen zur Qualität in Alten- und Pflegeeinrichtungen umzusetzen.KurzzeitpflegeplätzeDer Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung Schleswig-Holsteins werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Plätze der Kurzzeitpflege nicht zur Eingewöhnungsphase für Stationär zu Pflegende genutzt werden. Es müssen deutlich mehr Kurzzeitpflegeplätze geschaffen werden. 6KurzzeitpflegeplätzeDer Schleswig-Holsteinische Landtag wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Landesregierung- hier das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren - als Aufsichtsbehörde mit den Landesverbänden der Pflegekassen dahingehend Gespräche aufnimmt, um zu bewirken, dass bei Abschluss von Versorgungsverträgen gem. § 72 SGB XI für vollstationäre Einrichtungen mindestens 10 Prozent der Gesamtplatzzahl als Kurzzeitpflegeplätze freigehalten werden.Durch besondere Vergütungskonditionen bei Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit den Trägern der Einrichtung können Anreize geschaffen werden, diese dann nicht mehr „eingestreuten Plätze“ für eine jederzeit mögliche Belegung mit Personen, die die Voraussetzungen einer Kurzzeitpflege erfüllen, belegen zu können.Diese Anreize können sein: Finanzierung einer verminderten Auslastungsquote bei solitären bzw. dauerhaft vorgehaltenen Kurzzeitpflegeplätzen Finanzierung zusätzlicher Personalstellenanteile zur Bewältigung des Mehraufwandes und zur Erreichung der Qualitätsziele Flexibilität im Versorgungsvertrag und Kooperationsmöglichkeiten mit Kliniken, Ärzten und TherapeutenLohnersatzleistung für pflegende AngehörigeDie Landesregierung wird aufgefordert, sich im Bundesrat für eine steuerfinanzierte Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige einzusetzen.Leistungsunterschied zwischen den Erstattungen der Pflegeversicherung für ambulante bzw. stationäre PflegeDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag mögen sich über die Landesvertretung, dem Bundesrat, dafür einsetzen, dass der Leistungsunterschied zwischen den Erstattungen der Pflegeversicherung für ambulante bzw. stationäre Pflege wegfällt.Anerkennung aller versicherungspflichtig angemeldeten DienstleisterDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, die Alltagsförderungverordnung SH dahingehend zu verändern, dass die Durchführung von niedrigschwelligen Angeboten, wie in Abschnitt 5 des Leitfadens zur Nachbarschaftshilfe gem. § 45b Abs 1 Satz 5 SGB XI aufgeführt, von den Zulassungs- voraussetzungen teilweise befreit werden. 7Einrichtung von Bewegungs- und Begegnungsräumen in PflegeeinrichtungenDer Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung werden aufgefordert, sich mit umfassenden Maßnahmen und Mitteln für die Einrichtung von Bewegungs- und Begegnungsräumen in Pflegeeinrichtungen einzusetzen und hinsichtlich der Bedürfnisse der Zielgruppe der Älteren gegenüber den aktuell vorgehaltenen deutlich zu verbessern.Präventive HausbesucheDie Landesregierung Schleswig-Holstein und das Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung werden aufgefordert, Maßnahmen zu initiieren, dass das aufsuchende Angebot für präventive Hausbesuche für alle Seniorinnen und Senioren landesweit auf kommunaler Ebene eingeführt wird.Geschwindigkeitsbegrenzungen vor PflegeeinrichtungenDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden gebeten, sich aus Gründen der Sicherheit für ältere Menschen, vor Alten- und Pflegeeinrichtungen auf allen Straßen (Bund, Land, Städten und Gemeinden) für Geschwindigkeitsbegrenzungen einzusetzen. Zeitraum 7 Uhr bis 19 Uhr mit Richtgeschwindigkeit von 30 km/h. Alternativ wären die Möglichkeiten der Straßenüberquerungen mittels Bedarfsampeln oder Zebrastreifen.Stärkung kleinerer Krankenhäuser in Schleswig-HolsteinDie Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, kleinere Krankenhäuser in der Fläche Schleswig-Holsteins zu stärken.Platt in der PflegeDie Landesregierung möge sich dafür einsetzen, dass bei der schulischen Ausbildung von Pflegefachpersonen im 3. Lehrjahr für die zukünftigen Pflegefachpersonen Module von „Platt in de Pleeg“ angeboten werden.Platt in de PleegDe Sleswig-Holsteensche Landdag un de Landesregeeren ward beden, sik dorför intosetten, dat bi de Pflegefachpersonen in dat 3. Lehrjohr in de School för de tokamen Pflegefachpersonen Module vun „Platt in de Pleeg“ anbeden ward. 8Einführung eines Patientenentschädigungs- und Härtefond (PatEHF)Die Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, sich für eine revisionsrechtliche Prüfung und Einführung eines Patientenentschädigungs- und Härtefallfonds (PatEHF) einzusetzen.