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02.09.22
14:40 Uhr
SPD

Thomas Losse-Müller: Die Lösung muss so groß sein wie das Problem

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 02. September 2022
Thomas Losse-Müller: Die Lösung muss so groß sein wie das Problem TOP 46: Corona-Notkredit an die Steuerentwicklung anpassen (Drs. 20/162, AltA 20/190) „Wir haben in den letzten Tagen hier im Parlament schon sehr oft über Geld gesprochen. Das ist auch richtig so. Die Frage, ob Sie gute und ehrliche Politik machen, entscheidet sich nämlich nicht daran, ob ein Ziel in einem Wahlprogramm, in einem Koalitionsvertrag oder einen Parlamentsantrag geschrieben wird. Gute und ehrliche Politik entscheidet sich an der Frage, ob Sie am Ende die erforderlichen Finanzmittel für die Umsetzung zur Verfügung stellen.
Wer die Backen aufplustert muss auch pfeifen. Und mit Blick auf Ihre schwarz-grüne Rhetorik muss ich ergänzen: Wenn Ihr politisches Ziel 500.000 Euro erfordert, reichen keine 5.000 Euro. Wenn Ihr Ziel 5 Millionen Euro erfordert, reichen keine 50.000 Euro. Und wenn das Ziel 5 Milliarden Euro erfordert, reichen keine 50 Millionen Euro. Auch wenn sich das dann schon nach sehr viel anhört. Die Lösung muss so groß sein wie das Problem. Alles andere ist Regierungs-PR.
Die HSH Nordbank, Corona und die Ukraine-Krise haben gezeigt: Weder der Bund, noch das Land, noch die Kommunen verfügen über ausreichende finanziellen Reserven und Puffer, um auf größere Krisen und Notsituationen aus dem laufenden Haushalt zu reagieren. Unser Landeshaushalt muss Jahr für Jahr wichtige Daueraufgaben stemmen: Schule, Polizei, soziale Wohnungsbauförderung, Kitas, Krankenhäuser, ÖPNV, Gesundheit und den Erhalt der dafür notwendigen Infrastruktur. Schon der Neu- und Umbau von Infrastruktur in diesen Aufgabenbereichen stellt uns vor enorme Herausforderungen.
Machen wir uns nichts vor: Unsere Regelhaushalte sind nicht krisenresilient. Dafür sind sie nicht ausgelegt. Und das ist möglicherweise finanzpolitisch gar nicht sinnvoll. Deshalb sieht die Schuldenbremse vor, dass in Krisen und Notlagen Kredite aufgenommen werden können. Und bei der HSH Nordbank, Corona und Ukraine haben wir genau das hier im Parlament getan. Das war gut und richtig und um es etwas altmodisch zu sagen: alternativlos.



1 Meine Damen und Herren, aber nicht jede Krise ist gleich. Manche müssen in Wochen bekämpft werden. Andere in Monaten oder gar Jahrzehnten. Ich bin überzeugt: Die Klimakatastrophe ist die größte Krise, der wir uns hier in Schleswig-Holstein stellen müssen. Als einen der wenigen konkreten Punkte hat das ja auch der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung herausgearbeitet. Schleswig-Holstein muss klimaneutral werden. Dafür muss man sich bewusst machen: Der Schaden, der unserem Land durch den Klimawandel droht, ist um ein vielfaches größer als die Kosten der HSH Nordbank oder der Corona-Pandemie. Die Nichts- Tun-Kosten belaufen sich allein bezogen auf wirtschaftliche Verluste für Schleswig-Holstein auf 20 bis 30 Milliarden Euro. Das sind Berechnungen von Deloitte und Swiss Re. Enthalten sind dabei noch nicht mal die Klimaanpassungskosten und die zu erwartenden Verluste von Ackerland und Immobilien. Und: Diese Krise ist akut. Die Investitionen in Infrastruktur und technischen Klimaschutz müssen jetzt beginnen, wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen wollen. Das hat uns das Bundesverfassungsgericht noch einmal eindrücklich bestätigt. An dieser Stelle will ich Ihren Einsatz und Ausdauerkraft, liebe Kollegin Backsen, ausdrücklich würdigen. Das war ein historisches Urteil, das die Bundesrepublik verändert hat. Umso bitterer muss es sein, dass Sie Ihre klare Analyse nicht in Taten der Landesregierung übersetzen können, die Sie hier im Landtag unterstützen.
Die KfW, das Instituts für Wirtschaft oder die Agora Energiewende haben Zahlen für den Investitionsbedarf zur Einhaltung unserer Klimaziele vorgelegt. Auf Schleswig-Holstein herunter-gebrochen müssen Land und Kommunen zwischen 5 und10 Milliarden Euro in Wärmenetze, den Ausbau des ÖPNV, Ladeinfrastruktur, Wasserstoffinfrastruktur und so weiter investieren.
Mit dieser Investition könnten wir Klimaschutz so organisieren, dass wir Zusammenhalt garantieren, eine Spaltung des Landes verhindern und Industriearbeitsplätze sichern und sogar noch ausbauen. Und wir würden unseren Beitrag dazu leisten, die 20 bis 30 Milliarden Euro wirtschaftlichen Schaden zu verhindern. Uns allen ist klar, dass wir eine Summe von 5 bis 10 Milliarden Euro in der kurzen verbleibenden Frist nicht aus dem Landeshaushalt finanzieren können.
Sie haben das gerade vorgestern ja nochmal schön anhand der Mittel für Schulen erläutert, Herr Koch: Die Alternative zur Kreditfinanzierung ist nicht Steuerfinanzierung, sondern keine Investition. Das fand ich eine bemerkenswerte Erkenntnis. Umso ratloser machen mich Ihre Sprachlosigkeit und das Handeln Ihrer Regierung. Klimaschutz soll doch Ihre Priorität sein. Wenn es der Regierungskoalition nur um ein technokratisches, regelorientiertes Abwickeln der Corona-Kredite gegangen wäre, dann hätten Sie hier gerade eine andere Rede halten müssen, Herr Petersdotter, und den Punkt auch nicht prominent gesetzt. Sie wollen offensichtlich nicht


2 den Weg gehen, den die Bundesregierung gegangen ist und die Corona-Mittel für Klimaschutzinvestitionen nutzen. Die Mehrheit dafür hätten Sie. Und die verfassungsrechtliche Rechtfertigung hat das Bundesverfassungsgericht Ihnen geliefert.
Drei Erklärungen gibt es für Ihr Verhalten. Erstens: Sie halten es tatsächlich nicht für notwendig, die Investitionen in Klimaschutz zu tätigen? Das hoffe ich wirklich nicht angesichts der starken Grünen in Ihrer Regierung. Das würde die Zukunft und die Existenz unseres Landes gefährden. Zweitens: Sie planen jetzt schon, dass Sie in Zukunft neue Kredite für Klimaschutz aufnehmen werden. Dann hätten Sie das heute sagen müssen. Alles andere wäre Betrug an den Menschen in Schleswig-Holstein Drittens: Sie glauben tatsächlich, dass Sie Klimaschutz aus den laufenden Einnahmen bezahlen können. Damit stellen Sie Klimaschutz dann in Konkurrenz zu sozialem Zusammenhalt. Das würde zumindest Ihren massiven Widerstand gegen die Senkung der Kita-Gebühren und Entlastungen angesichts steigender Preise erklären. Dann spalten Sie aber dieses Land. Dann kann ich Ihnen jetzt schon sagen, dass Ihnen massivste Auseinandersetzungen mit meiner Fraktion bevorstehen.
Kurzum: Alle drei Erklärungen für Ihr Handeln sind schlecht für Schleswig-Holstein. Deshalb lehnen wir hier heute ab.“



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