Oliver Brandt zum Tariftreue- und Vergabegesetz
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 2 – Tariftreue- und Vergabegesetz Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Oliver Brandt: Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de Nr. 174.22 / 02.09.2022Die Tarifbindung ist ein wichtiges Instrument zur Fachkräftebindung und FachkräftegewinnungDie Tarifautonomie von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ist ein hohes Gut. Mit dem Stinnes-Legien-Abkommen wurden vor über 100 Jahren die Grundlagen dieser Tarifpartnerschaft besiegelt, die heute noch Gültigkeit besitzen.Tarifpartnerschaft und Arbeitnehmermitsprache sind heute wichtiger denn je, um in einer sich wandelnden Arbeitswelt Ungleichheiten vorzubeugen und gleichzeitig flexibel rea- gieren zu können. Koordinierte Tarifverhandlungssysteme sind im Vergleich zu Syste- men, in denen die Tarifverhandlungen nur auf Firmenebene stattfinden, mit einer höheren Beschäftigung und niedrigerer Arbeitslosigkeit verbunden. Das hat ein OECD-Bericht im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von 2019 deutlich gemacht.Ein wichtiges Element dieser Tarifpartnerschaft ist die Tarifbindung, denn nur wenn ein möglichst hoher Anteil einer Branche die gemeinsamen Verabredungen mitträgt, können diese auch Wirkung entfalten.Tarifbindung sorgt für angemessene Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen. – und da- mit für eine wichtige Voraussetzung, um Mitarbeitende im Betrieb zu motivieren und Knowhow im Unternehmen zu halten. Dies wird angesichts der demographischen Ent- wicklung immer wichtiger. Tarifbindung ist somit auch ein wichtiges Instrument zur Fach- kräftebindung und Fachkräftegewinnung.Sie ist aber auch ein wichtiges Instrument gegen soziale Ungleichheit. Gegen Altersarmut hilft vor allem eine angemessene Lohnstruktur mit entsprechender Einzahlung der Be- schäftigten in die Sozialversicherung. Das trifft in besonderem Maße auf Frauen mit einer unterbrochenen Erwerbsbiographie zu. Seite 1 von 2 Allerdings erleben wir seit längerem ein Absinken der Tarifbindung, auch in Schleswig- Holstein. Das liegt nicht zuletzt an der Zunahme atypischer und nichtregulärer Beschäfti- gung wie Zeitarbeit, Teilzeit und selbständiger Beschäftigung in Niedriglohnbranchen in den letzten Jahren.Was hat all das nun mit Vergaberecht zu tun? Als bedeutender Auftraggeber hat das Land die Möglichkeit, im Vergaberecht Unternehmen zu bevorzugen, die Tariflöhne zah- len und damit für eine faire Entlohnung ihrer Belegschaft sorgen.Ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich: Lohndumping darf in der öffentlichen Auftrags- vergabe keinen Platz haben.Es ist also kein Geheimnis, dass wir als Grüne eine Tarifbindung im Zusammenhang mit den Vergabekriterien des Landes für eine geeignete Maßnahme halten. Das haben wir in der Vergangenheit immer wieder zum Ausdruck gebracht.Allerdings, und das hat auch die Evaluation des alten Tariftreuegesetzes in Schleswig- Holstein gezeigt: Das beste Gesetz ist nur so gut wie seine Umsetzung. Daher ist eine praxisnahe Ausgestaltung des Kontrollumfangs und der Kontrolltiefe Voraussetzung für ein wirkungsvolles Vergaberecht.Und: Ein wirkungsvolles Vergaberecht dient auch der Unterstützung unseres handwerk- lichen Mittelstands in Schleswig-Holstein, wo in der Regel gute Löhne gezahlt werden. Was wir verhindern wollen ist, dass das regionale Handwerk in der öffentlichen Auftrags- vergebe durch Lohndumping und Billig-Angebote das Nachsehen hat.Daher haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, gemeinsam mit den Sozialpart- nern nach geeigneten Wegen zu suchen, um die Tarifbindung im Vergaberecht stärker zu berücksichtigen. Dafür wollen wir möglichst schlanke, aber gleichzeitig wirksame Lö- sungen finden. Aus meiner Sicht ist dies ein gangbarer Weg, um im Konsens geeignete Maßnahmen für eine stärkere Tarifbindung umzusetzen. Wir sollten dabei die Chancen in den Vordergrund rücken und nicht nur die Risiken betonen.Dazu können die Beratungen im Wirtschaftsausschuss ein erster Auftakt sein. Ich freue mich darauf! *** 2