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31.08.22
15:34 Uhr
SPD

Marc Timmer zu TOP 30: Jede Kilowattstunde zählt – ja, aber beim Ausbau der erneuerbaren Energien!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 31. August 2022
Marc Timmer: Jede Kilowattstunde zählt – ja, aber beim Ausbau der erneuerbaren Energien! TOP 30: Jede Kilowattstunde zählt (Drs. 20/138)
„Als ich die Überschrift des FDP Antrags las, habe ich mich zunächst gefreut. Jede Kilowatt Stunde zählt. Ich dachte: Jede Kilowattstunde aus erneuerbaren Energien, jede Kilowattstunde, die eingespart wird, zählt in dieser Situation, um mittelfristig Preisstabilität zu erreichen. Dann habe ich leider weitergelesen: Die FDP will mal wieder zurück zur Atomenergie. Olle Kamellen! In dem FDP Antrag wird die uneingeschränkte weitere Nutzung der Kernenergie gefordert: Der Ausstieg aus dem Ausstieg also.
Das ist für uns natürlich völlig inakzeptabel. An der Begründung für den Ausstieg hat sich nichts geändert. Atomenergie ist unsicher, die Endlagerfrage ist nach wie vor ungeklärt und Kernenergie ist teuer. Wie unsicher Atomkraft ist, zeigt nicht zuletzt die Situation in Frankreich. Atommeiler können nicht betrieben werden, weil Kühlwasser aus Flüssen fehlt. Dies wird leider kein Einzelfall bleiben. Die drei in Betrieb befindlichen Atommeiler Isar2, Neckarwestheim und Emsland haben seit 13 Jahren keine periodische Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. Das ist auch nicht gut. Die Endlagerfrage ist unklar. Sie wird die nachfolgenden Generationen über Jahrzehnte und Jahrhunderte beschäftigen. Das hat nichts mit Generationengerechtigkeit zu tun. Neue Atomkraftanlagen zeigen wie teuer die Kilowattstunde Atomstrom ist: zwischen 20 und 39 Cent. Solar- und Wind- und Solarstrom dagegen haben Stromgestehungskosten von ca. 3-7 Cent pro Kilowattstunde, ein Bruchteil dessen. Für die Kostenreduktion der erneuerbaren Energien haben besonders die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner in den letzten beiden Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag geleitest. Darauf können wir sehr stolz sein.
Die einzige wirkliche Lösung ist die Energiewende zu vollenden. Wir müssen hier sehr konsequent sein. Leider habe ich diese Konsequenz in der letzten Legislaturperiode völlig vermisst. Wir sind bei Weitem nicht so weit, wie wir sein könnten. Das führt dazu, dass man jetzt den Eindruck hat, dass vieles bei Null startet. Absichten, Planungen, keine Umsetzungsreife. Das finde ich ernüchternd. Die Flächenbereitstellung für Windenergieanlagen: Fehlanzeige. Rotor in – Rotor out: Unklar. Wo ist der Zeitplan? Gibt es schon eine Task Force? Ich höre Absichtserklärungen mit Blick auf die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Aber werden die Voraussetzungen geschaffen? Gibt es ausreichendes Personal hierfür? Wie ist der Personalbedarf? Die Wärmewende. Wärmekonzepte der Kommunen und dann? Wie findet die Koordinierung statt. Wie schaffen wir es, alle Haushalte mitzunehmen? Thomas


1 Losse-Müller hat hierüber heute Morgen gesprochen. Hier braucht es ein kohärentes staatliches Handeln der Landesregierung.
Fernwärme müssen wir attraktiv gestalten. Es ist schlimm, wenn Anschlussnehmer über fehlende Preistransparenz klagen, gerade jetzt. Und apropos Olle Kamellen: Altmaier und Rösler haben für den Einbruch der erneuerbaren Energien gesorgt. Die Strompreisbremse, der sogenannte atmende Deckel. CDU und FDP standen auf der Bremse. Aber gut, liebe FDP. Wir sind im Krisenmodus. Wir haben eine Gasmangellage. Da lohnt sich ein Blick auf die im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke, auf den Streckbetrieb – denn nur darum kann es gehen. Nach meinem Kenntnisstand ist ein Streckbetrieb der Atommeiler Emsland und Neckarwestheim nicht möglich. Die Brennstäbe sind am Jahresende aufgebraucht. Was bei Isar 2 an Strom produziert werden kann, ist wenig und reicht für 2 oder 3 Monate.
Darüber hinaus kann Gas durch Atomstrom nur in geringem Umfang ersetztet werden. Im Wärmebereich gar nicht, im Strombereich nur zu einem geringen Teil. Warum? Erstens produziert die Hälfte der Gaskraftwerke neben Strom auch Wärme. Und die Wärme brauchen wir. Atomstrom kann hier nicht helfen. Zweitens brauchen wir Gasturbinen als Ausgleich für die Spitzenlast. Denn Gaskraftwerke können schnell hoch- und runterfahren und so die fluktuierende Stromnachfrage sowie die Bereitstellung aus Erneuerbaren Energien ausgleichen.
Deshalb fasse ich zusammen:
 Erstens, die FDP ist mit Blick auf die energiepolitische Geschichte kein wirklich verlässlicher Energieberater. Leider bestätigt durch diesen Antrag. Die CDU übrigens auch nicht.
 Zweitens, ein Wiedereinstieg in die Atomenergie wäre ein schlechter Witz. Die Technologie war und ist ein energiepolitischer Irrweg, der glücklicherweise bald beendet ist.
 Drittens, eine Diskussion über den Wiedereinstieg ist eine Scheindebatte.
Lassen Sie uns Schleswig-Holstein gemeinsam klimaneutral machen und den Ausbau der Erneuerbaren Energien inklusive Flexibilisierungstechnologien wie Wasserstoff voranbringen. Das ist die beste Strategie, um unsere Energieversorgung zu sichern, das Klima zu schützen und die Preise mittelfristig in den Griff zu bekommen. Für die Gasmangellage braucht es kurzfristig andere Rezepte. Es gilt nach wie vor: Atomkraft - nein Danke.“



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