Feierstunde im Landeshaus: Landtagspräsidentin Herbst würdigt 60 Jahre Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit
Nr. 67 / 28. Juni 2022Feierstunde im Landeshaus: Landtagspräsidentin Herbst würdigt 60 Jahre Gesellschaft für Christlich-Jüdische ZusammenarbeitParlamentspräsidentin Kristina Herbst hat der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Schleswig-Holstein e.V. (GCJZ-SH) heute (Dienstag) im Rahmen einer Festveranstaltung im Schleswig-Holstein-Saal des Landeshauses zu deren Jubiläum gratuliert. Für das Parlament und den Landesbeauftragten für politische Bildung, gemeinsam mit der GCJZ-SH Ausrichter der Veranstaltung, sei es eine Freude, das 60- jährige Bestehen im Landeshaus zu feiern und damit ein Zeichen zu setzen. Der Umgang mit der jüdischen Minderheit sei ein Gradmesser für eine gelebte, vielfältige Demokratie, sagte Herbst.„Nur, wenn die jüdischen Gemeinden Respekt, Schutz und Förderung erfahren, wird ihr Leben und Überleben im deutschen Kulturkreis möglich sein. Dafür werden wir uns gemeinsam mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in unserem Land auch in den nächsten Jahrzehnten einsetzen“, betonte die Landtagspräsidentin.Die 1962 gegründete Gesellschaft habe es sich zum Ziel gesetzt, die historische Verantwortung für den christlichen Judenhass in der Vergangenheit aufzuarbeiten und den Kampf gegen jede Form des Antisemitismus in der Gegenwart zu führen. Das sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, hob Herbst hervor. „Sie erfordert gleichermaßen politischen Willen, Sensibilität und Handlungs- bereitschaft sowohl seitens der staatlichen Stellen und der Kirchen als auch zivilgesellschaftliches Engagement.“Die GCJZ-SH arbeite darüber hinaus engagiert daran, durch Prävention, Aufklärung und Dialog Vorurteile und Missverständnisse auszuräumen und zu überwinden. Besonders würdigte die Landtagspräsidentin den Einsatz der drei Vorsitzenden der GCJZ-SH im Rahmen des Gedenkjahres „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, Joachim Liß-Walther für die Evangelische Kirche, Bernd Gaertner für die Katholische Kirche und Viktoria Ladyshenski für die 2Jüdische Gemeinschaft Kiel und Region. „Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit war eine treibende Kraft, die mit viel Empathie und Engagement dazu beigetragen hat, dass das Jubiläumsjahr ein Erfolg war.“ Im Rahmen des Gedenkjahres sei es gelungen, das jüdische Leben in Schleswig-Holstein und in Deutschland sichtbar und erlebbar zu machen. „Unser Ziel ist ein selbstverständliches Miteinander von jüdischen und nichtjüdischen Menschen in einer Atmosphäre von Zugehörigkeit und Normalität aller Religionen und Kulturen“, unterstrich Herbst.Der Landesbeauftragte für politische Bildung Christian Meyer-Heidemann betonte: „Ich bin zutiefst dankbar, dass die GCJZ-SH seit nunmehr 60 Jahren wirkungsvoll Räume für Begegnung, Dialog und Zusammenarbeit über Konfessionsgrenzen hinweg schafft. Sie baut so aktiv Vorurteile ab und leistet einen wichtigen Beitrag gegen Antisemitismus, Hass und Ausgrenzung.“ Meyer-Heidemann unterstrich, dass es vor allem auf persönliche Begegnungen ankomme. „Es gibt immer noch zu viele Menschen in Schleswig-Holstein, die noch nie in Berührung mit dem Judentum gekommen sind. Das müssen wir dringend ändern.“ Abschließend dankte der Landesbeauftragte für politische Bildung den drei Vorsitzenden der GCJZ-SH: „Ich schätze unsere vertrauensvolle Zusammenarbeit und freue mich auf zukünftige gemeinsame Projekte!“Der evangelische Vorsitzender der GCJZ-SH Joachim Liß-Walter präsentierte im Rahmen der Festveranstaltung das Buch „Aufbrüche 2 – Zehn Jahre später. Geschichte, Geschichten und Projekte der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Schleswig-Holstein 2012 – 2022“. Den Antisemitismus allein durch Aufklärung bekämpfen zu wollen, sei illusorisch, sagte Liß- Walter. „Der Auftrag zur Aufklärung von Missverständnissen, Vorurteilen, Klischees bleibt weiterhin notwendig. Er erfüllt sich aber vor allem in konkreten Begegnungen. Wir haben heute glücklicherweise, anders als zu der Zeit vor dem Mauerfall, viele Gelegenheiten, lebendige Begegnungen mit Jüdinnen und Juden wahrzunehmen und mit ihnen zu reden statt über sie.“ Im gemeinsamen Austausch könne man viel voneinander lernen. Wichtig seien das Gespräch und das persönliche Miteinander, hob Liß-Walter hervor.Die jüdische Vorsitzende der GCJZ-SH Viktoria Ladyshenski und der katholischer Vorsitzende Bernd Gaertner hatten die Jubiläumsveranstaltung zunächst mit einem Grußwort eröffnet. Den Festvortrag „Von den Herausforderungen des jüdisch-christlichen Dialogs“ hielt Ralf Meister, Landesbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover und Leitender Bischof der Vereinigten evangelisch-lutherischen Kirche in Deutschland.Im Anschluss an die Buchpräsentation durch Joachim Liß-Walter sprachen Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig-Holstein der Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland, Dov-Levy Barsilay, Landesrabbiner der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein K. d. ö. R, Isak Aasvestad, Landesrabbiner des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Schleswig- Holstein und Hans-Werner Tovar, Stadtpräsident der Landeshauptstadt Kiel, über die Wünsche und Erwartungen an die weitere Entwicklung der GCJZ-SH. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Evgeny Kosyakin und Joachim Liß-Walther. 3Hintergrund:Die GCJZ-SH wurde 1962 gegründet. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Vorurteile und Missverständnisse zwischen Angehörigen christlicher Konfession und Juden auszuräumen und zu überwinden, indem sie über das Judentum informiert und das Gespräch zwischen Christen und Juden fördert. Die Gesellschaft engagiert sich gegen Antijudaismus, Antisemitismus und Rassismus in Gesellschaft, Politik und Kirchen – vor allem durch Begegnungen und Gespräche, Vorträge und Diskussionsbeiträge, Stellungnahmen und Ausstellungen, Lesungen und Konzerte. Unter anderem war die GCJZ-SH in den vergangenen 15 Jahren für die Verlegung von Stolpersteinen in Kiel zuständig. Sie arbeitet zusammen mit der Landeshauptstadt Kiel, mit dem Landesbeauftragten für politische Bildung Schleswig-Holstein, mit Kirchengemeinden und weiteren Institutionen und Verbänden, die ähnliche Ziele verfolgen. Die GCJZ-SH wird unterstützt und gefördert durch das Land Schleswig-Holstein sowie durch Mitgliedsbeiträge und Spenden.