Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
28.04.22
15:38 Uhr
B 90/Grüne

Aminata Touré zur Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin TOP 23 – Bericht der Landesregierung zur Situation der Claudia Jacob Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die migrationspolitische Sprecherin der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Aminata Touré: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 114.22 / 28.04.2022
Integration für alle
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
vielen Dank erst einmal für den Bericht, Ministerin Sütterlin-Waack. Was alles möglich ist, wenn es politisch gewollt ist, das zeigt uns die aktuelle Situation im Umgang mit Geflüch- teten aus der Ukraine. Und es sorgt dennoch für gesellschaftlichen Sprengstoff, wenn wir diese Möglichkeiten nicht für alle schaffen, die hierherkommen.
Es ist mir wichtig zu betonen, dass das Unverständnis sich zu keinem Zeitpunkt an die ankommenden Menschen aus der Ukraine richten darf. Es sind, so wie es schon immer war in der Migrationspolitik, politische Entscheidungen, die zu einer Ungleichbehandlung führen. Denn es ist richtig, dass sie von Anfang an arbeiten dürfen, dass sie direkt in die Kommunen verteilt werden, dass ihre Abschlüsse schneller anerkannt werden oder sie schnellen Zugang zu den Bildungsinstitutionen bekommen.
Aber es bedeutet eben auch, dass all jene, die vor Jahrzehnten, einigen Jahren oder Wochen nach Deutschland gekommen sind, die aus anderen Ländern vor Krieg und Zer- störung geflohen sind, sich die Frage stellen: Was haben wir falsch gemacht? Wieso be- kommen wir nicht denselben Zugang?
Jedes Mal, wenn ich eine Flüchtlingsunterkunft besuche oder mich mit Menschen aus- tausche, die hierher geflohen sind, stellen sie mir immer wieder die Fragen: Wieso müs- sen wir in dieser Unterkunft bleiben? Wieso dürfen wir nicht arbeiten? Wieso werden wir so behandelt? Wir sind nicht geflohen, weil wir es wollten, sondern weil wir es mussten. Was wir wollen, ist einen Beitrag zu leisten. Für diese Gesellschaft und für uns und unsere Familien. Und meine Antwort darauf ist jedes Mal: weil es politisch genau so gewollt ist.



Seite 1 von 2 Trotz widrigster Umstände schaffen es Menschen, die Sprache zu erlernen, in schäbigen Kettenduldungsverfahren zu verharren, eine Zukunft für sich und ihre Familie aufzu- bauen.
Ich glaube, die wenigsten machen sich eine Vorstellung davon, was es bedeutet, wenn die eigene Biografie, die der eigenen Eltern, der Familie Brüche erfährt, die das gesamte Leben beeinträchtigen. Chancen, die einem verwehrt werden, Chancen hier anzukom- men, weil man isoliert wird.
Wissen Sie, manchmal habe ich wirklich geglaubt, es geht nun mal nicht anders. Ich habe den Reden und den Aussagen derer geglaubt, die behaupteten, es sei gerechtfertigt, dass meine Eltern, die Eltern meiner Freund*innen, dass wir anders behandelt werden. Dass es schlichtweg nicht anders zu organisieren wäre.
Und es gibt nichts Mutloseres, als Politik, die sich hinter dem selbst gesteckten Rahmen versteckt. Wir haben es als Parlamentarier*innen, als Gesetzgeber*innen, als Regie- rungsmitglieder in der Hand, welche Gesetze wir machen, welche Politik wir gestalten und wie viel Einsatz wir bereit sind einzubringen. Sei es im Land oder im Bund. Und am besten gemeinsam.
Was bedeutet das für uns hier in Schleswig-Holstein? Wir sehen hier vor Ort doch tag- täglich, welche Herausforderung es bedeutet, wenn wir Landessprachkurse anbieten, weil nicht alle an den Bundesintegrationskursen teilnehmen dürfen. Wir sehen hier vor Ort doch, was es bedeutet, wenn Menschen monate- bis jahrelang in den Unterkünften verharren. Wir sehen hier vor Ort doch, wenn uns Unternehmer*innen fragen, wieso zur Hölle eine Arbeitsgenehmigung nicht erteilt wird, obwohl jemand sich gut macht. Wir se- hen hier vor Ort doch, was es bedeutet, wenn Integration nicht funktioniert, weil der Bund uns nicht lässt.
Deshalb, und das sage ich, wohlwissend, dass wir im Bund an der Regierung beteiligt sind, ist es unsere Aufgabe, Richtung Bund zu fordern, dass wir die Integrationsleistun- gen für alle erweitern müssen. Die ersten Schritte werden gegangen, aber ich erwarte vom Bund wesentlich mehr und mindestens das, was im Koalitionsvertrag auf Bundes- ebene Gutes verhandelt wurde.
Bundesintegrationskurse für Alle. Arbeitszugang für Alle. Schnelle Verteilung in die Kom- munen für Alle. Gleiche Anerkennung und Respekt für Alle.
Ich glaube, dass das die zentrale Aufgabe einer nächsten Koalition nach dem 8. Mai sein wird. Wer wir als Gesellschaft sind, entscheidet sich immer daran, wie wir mit denjenigen umgehen, die stärker als andere von politischen Entscheidungen abhängig sind.
Wenn ich eins aus den letzten Wochen im Wahlkampf, aber auch aus den letzten Jahren als Abgeordnete mitgenommen habe, dann, dass wir hier in Schleswig-Holstein eine ge- sellschaftliche Mehrheit für einen solchen integrationspolitischen Kurs haben. Darauf bin ich stolz.
***



2