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27.04.22
17:30 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 12,21+25: Mit der SPD wird es keine Rolle rückwärts in der Bildungspolitik geben

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 27. April 2022
Martin Habersaat: Mit der SPD wird es keine Rolle rückwärts in der Bildungspolitik geben TOP 12,21+25: Bericht zu den PerspektivSchulen sowie Anträge zu Gleichwertigkeit von Abschlüssen an den Schularten und Sofortprogramm zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei psychosozialen Folgen von Pandemie und Krisen (Drs. 19/3706, 19/3812, 19/3817) „Eigentlich sollte der Antrag, den wir zusammen mit dem SSW vorlegen, längst überflüssig sein. Schleswig-Holstein hat sich vor ca. 15 Jahren, bezeichnenderweise unter einer Großen Koalition, auf den Weg gemacht, unser Schulsystem umzubauen, um den fatalen Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft eines jungen Menschen und seinen Bildungs- und Lebenschancen aufzubrechen.
Es gibt bei uns (abgesehen vom zweiten Bildungsweg) drei Pfade zum Abitur: an den Gymnasien, an den Gemeinschaftsschulen und an den beruflichen Gymnasien. Und wenn man es da geschafft hat, dann hat man das Abitur, aber man hat nicht das Abitur (Gym) oder das Abitur (GemS) oder das Abitur (BG); und ebenso wenig gibt es beim Ersten und beim Mittleren Schulabschluss Abschlüsse 1., 2. oder 3. Klasse abhängig davon, an welcher Schule man sie erworben hat. Dass wir das hier betonen, ist auch Erfahrungen aus dem Landtagswahlkampf geschuldet. Da plaudert der FDP-Fraktionsvorsitzende beim Philologenverband so launig über angebliche Qualitätsmängel der Beruflichen Gymnasien, dass es die anwesende VLBS- Vorsitzende nicht auf ihrem Sitz hält. Und da erläutert der CDU-Fraktionsvorsitzende dem staunenden Handwerk, dass die Gemeinschaftsschulen für den nötigen Nachwuchs sorgen werden, während die Gymnasien ja für angehende Akademiker*innen zuständig seien. Meine Damen und Herren, das ist ein Stand in der bildungspolitischen Debatte, den wir seit mindestens 15 Jahren hinter und gelassen haben. Natürlich liegt auch für Gymnasiast*innen eine goldene Zukunft im Handwerk. Klimaschutz wird vom Handwerk gemacht. Und natürlich steht auch Absolvent*innen von Beruflichen Schulen und Gemeinschaftsschulen eine akademische Karriere offen! Ich hatte immer gehofft, dass diese Einsicht mittlerweile unter den demokratischen Parteien Gemeingut geworden ist. Der laufende Wahlkampf beweist leider erneut, dass bei FDP und CDU das Aschenputtel-Prinzip vorherrscht: „Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen!“ Das darf es doch 2022 nicht mehr sein! Und deshalb ist es uns

1 wichtig, uns zu vergewissern, ob wir am Ende dieser Legislaturperiode zu einer gemeinsamen Haltung in dieser entscheidenden Frage kommen, oder ob wir vor einem Roll-Back hin zu sozialer Sortierung und Abschottung in unserem Bildungswesen kommen. Und anstatt mit dem rhetorischen Keil die Schularten in Schleswig-Holstein zu spalten, lassen Sie uns doch darüber nachdenken, wie wir diese ollen Kamellen von unterschiedlich wertvollen Abschlüssen endlich loswerden, beispielsweise durch schulartübergreifende anonyme Zweitkorrekturen.
Nun zu den Perspektivschulen: die Mutter aller Perspektivschulen in Deutschland war ohne Zweifel die Rütli- Schule, eine damalige Hauptschule in Berlin-Neukölln. Keine deutsche Schule hatte jemals so viel mediale Aufmerksamkeit, und über keine Schule ist so viel Unsinn geschrieben worden wie über die Rütli-Schule. Heute ist diese Schule völlig aus den Schlagzeilen verschwunden. Das war möglich, indem sich alle Beteiligten daran gemacht haben, diese Schule weiterzuentwickeln, nicht nur durch die Neukonstituierung von der Hauptschule zur Gemeinschaftsschule, sondern auch durch Investitionen in die Ausstattung und neue pädagogische Konzepte. Man lamentierte nicht länger darüber, dass 80 % der Schüler einen Migrationshintergrund hatten – nach der Neustrukturierung waren es 90 %, sondern man setzte an den sozialen Wurzeln der Probleme an. Wenn wir über Perspektivschulen reden, meinen wir damit nicht, dass nur sie sich weiterentwickeln müssten, während die übrigen das nicht nötig hätten. Jede einzelne Schule muss sich ständig weiterentwickeln, sonst wird sie scheitern.
Aber es gibt Schulen, deren Schüler*innen es schwerer haben als andere, Schulen, die in besonderem Maß Aufgaben wahrzunehmen haben, die im Idealfall von den Familien erledigt werden müssten. Bei der Finanzplanung muss eine Verlängerung und Aufstockung des Programms ab der Mitte der nächsten Legislaturperiode zwingend eingeplant werden. Die derzeitige Fördersumme von 50 Millionen € bis 2024 und die Modalitäten der Beantragung, der Auszahlung und der Umsetzung müssen evaluiert und angepasst werden – Stichwort Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Der Fachkräftemangel, der die Lehrkräfte ebenso betrifft wie die Mitarbeiter*innen in den multiprofessionellen Teams, wird sich in den nächsten Jahren bis 2024 nicht auflösen. Auch hierauf muss die Bildungsverwaltung Antworten finden, und dieses Thema wird uns auch in der 20. Legislaturperiode ständig begleiten. Und es wird nicht reichen, einfach zum Ende der Legislaturperiode ein neues Gremium als Hoffnungsträger für die Zukunft zu präsentieren.“



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