Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
23.02.22
16:03 Uhr
SSW

Lars Harms: Datenschutz ist keine Entschuldigung

Presseinformation Kiel, den 23.02.2022


Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms:
TOP 08 Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Digitalisierung und
Bereitstellung von offenen Daten und zur Ermöglichung des
Einsatzes von datengetriebenen Informationstechnologien in der
Verwaltung
Drs. 19/3635 + 19/3267


„Dänemark unterliegt, wie alle anderen EU-Länder auch, den EU-weiten
Datenschutzregeln und trotzdem hat Dänemark gezeigt wie es geht.“

Die digitale Transformation ist eine der bedeutendsten Aufgaben und Herausforderungen vor der wir stehen, im gesellschaftlichen Zusammenhang, im Arbeitsleben oder wie in diesem Fall, in der
Verwaltung. Die Digitalisierung in der Verwaltung oder das E-Government, sind nicht gerade die Bereiche, in denen Deutschland oder Schleswig-Holstein sich mit einer führenden Position brüsten kann. Im Gegenteil: im EU-weiten Vergleich belegen wir einen der hinteren Plätze. Das kann nicht
der Anspruch sein. Eine öffentliche Verwaltung muss sich als Service für Bürgerinnen und Bürger verstehen, das war immer unser Ansatz. Dies steht auch nicht im Gegensatz zur Digitalisierung, denn: eine moderne
öffentliche Verwaltung muss sich dieser Transformation öffnen. Sie muss sowohl Bürgerinnen und Bürgern, als auch Unternehmen einen unkomplizierten sowie zeitlich unabhängigen Zugang zu den Leistungen des Staates ermöglichen. Der Gang zum Amt und das Bewegen von Papier sollte nur 2

noch in Ausnahmenfällen notwendig sein. Digitale und damit auch schnellere Verfahrensabläufe führen zu mehr Effizienz und sparen zudem Kosten. Doch um Verwaltungsleistungen und Informationen digital zugänglich und abrufbar zu machen, bedarf es entsprechender rechtlicher
Rahmenbedingungen. Wie gesagt, im EU-weiten Vergleich steht Deutschland im hinteren Bereich. Der Konflikt zwischen Digitalisierung und Datenschutz spielt bei der Umsetzung hier bei uns häufig eine Rolle.
Datenschutz ist wichtig, unbestritten. Das war immer die Position des SSW und ich stelle dies auch heute nicht in Abrede. Aber er darf der Digitalisierung eben auch nicht grundsätzlich entgegenstehen. Dass das eine das andere nicht ausschließt, wird am Beispiel Dänemarks deutlich.
Gerade in der Coronazeit wurde klar, welchen Gewinn die Dänen mit ihrer digitalen Gesundheitsstrategie hatten. Dänemark unterliegt, wie alle anderen EU-Länder auch, den EU-weiten Datenschutzregeln und trotzdem haben sie gezeigt, wie hilfreich Digitalisierung im
Gesundheitswesen ist. Per Knopfdruck können die Daten der Bürgerinnen und Bürger abgerufen werden – die Anzahl der Geimpften oder deren Impfstatus. Auch die Betreuung der Bürgerinnen und Bürger durch die Verwaltung hat in der Coronakrise die Vorteile deutlich gemacht. Es gab kein
Windhundverfahren bei der Vergabe der Impftermine, die Termine wurden digital nach den dort festgelegten Kriterien vergeben und auch Terminerinnerungen wurden verschickt. Die öffentliche Verwaltung hat gegenüber der Bevölkerung gezeigt, der Staat kümmert sich um Dich und das
schafft Vertrauen in öffentliche Verwaltung. Sprich; Serviceleistung der öffentlichen Verwaltung. Wie kompliziert es zur Zeit noch bei uns abläuft wird an einem Beispiel deutlich. Wird heute ein Kind
geboren, erfolgt die Anzeige gegenüber dem Standesamt gerne noch per Fax durch das Krankenhaus. Im Standesamt können dann verschiedene Urkunden in Papier abgeholt werden; u. a. zur Beantragung von Elterngeld beim Landesamt für soziale Dienste und Kindergeld bei der Familienkasse. Oftmals kommen noch weitere Stellen dazu, die Eltern dann aufsuchen müssen. Falls
bei Alleinerziehenden ein Elternteil keinen Unterhalt zahlt, die Unterhaltsvorschusskasse oder, wenn das Einkommen generell nicht ausreicht, das Jobcenter oder das Sozialamt zur Beantragung von Grundsicherung. Überall wird massiv Papier bewegt, Zeit aufgewendet und immer wieder die
gleichen Angaben gemacht – teilweise bei der gleichen Behörde. Auch wenn dies nur ein Beispiel von vielen ist, zeigt es doch, wo die Digitalisierung der Verwaltung im Jahr 2022 in Deutschland steht. Die Anhörungen haben deutlich gemacht, dass die Notwendigkeit die Digitalisierung in der
Verwaltung voranzubringen erkannt wird und der Wille zur Umsetzung auch vorhanden ist. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass die Prozesse in den Kommunen noch am Anfang stehen 3

und dass für die Umsetzung der Maßnahmen zusätzliches Personal benötigt wird. Zudem weisen die Kommunalen Spitzenverbände darauf hin, dass bei den Kommunen die zu erwartenden Mehrkosten nicht näher thematisiert werden. Die Aufgaben werden zunächst zu einer Mehrbelastung der
Gemeinden oder Gemeindeverbände führen, so dass dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen sei. Nun mag dies im Zusammenhang mit der Digitalisierung zwar kleinlich klingen und das große Ganze sollte auch nicht nur unter monetären Gesichtspunkten betrachtet werden, jedoch
braucht die kommunale Ebene für die Umsetzung auch die finanzielle Rückendeckung, das ist unbestritten. Hieran darf es nicht scheitern, hier hätten wir vom Gesetzentwurf mehr Klarheit gewünscht.
Mehr Klarheit und Deutlichkeit hätten wir uns auch auf die Konkretisierung der elektronischen Aktenverwaltung und Vorgangsbearbeitung gewünscht. Hier ist der Änderungsantrag der SPD weitergehender, statt der „kann-Bestimmungen“ plädieren auch wir für eine „soll-Bestimmung“,
denn dadurch schaffen wir gerade für die Verwaltung mehr Verbindlichkeit. Aus diesem Grund werden wir uns beim Gesetzentwurf enthalten.


Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/